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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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erklären sollen, wenn er es selbst nicht wusste? Er versuchte es dennoch. » Der Baum. Das ist der Baum. «
    Kannst du nicht spüren, wie er seine Wurzeln durch dein Inneres gräbt? Wie seine Zweige durch dein Fleisch wachsen und deine Haut durchstoßen?
    Â» Der Baum? Du meinst den brennenden Baum von Terajalas? « Verwirrt runzelte sie die Stirn. » Aber er ist verdorrt. «
    Wenn du wüsstest.
    Schritte näherten sich, raue Sohlen schabten über den glatten, ausgetretenen Steinboden. Tahans Herz schlug schneller, als ihnen ein Mönch entgegenkam. Er hatte die Kapuze zurückgeschlagen, während Tahan sein Gesicht weiterhin verborgen hielt. Doch dem Ordensbruder schien nichts aufzufallen. Er grüßte wortlos und ging einfach an ihnen vorbei. Der Gang war an dieser Stelle breit, geradezu bequem. Hell erleuchtet führte er zu verschiedenen Türen und Abzweigungen.
    Â» Wohin jetzt? « , flüsterte Jalimey.
    Â» Was sagt dir dein Gefühl? Müsste dein Herz dich nicht zu deinem Liebsten führen? «
    Zu irgendetwas musste ein Mädchen, das sich nicht einmal küssen ließ, doch nutze sein.
    Unter der Kapuze funkelten ihn zwei dunkle Augen wütend an.
    Na gut, dann nicht. Mussten sie es eben auf die altmodische Art versuchen und überall suchen.
    Der Orden der Vier war nicht besonders groß, aber vielleicht wirkte das auch nur so, weil sich die wenigen Mönche in dem gewaltigen unterirdischen Labyrinth verteilten. Erst nachdem sie eine Weile den Gang hinuntergeschlichen waren, hörten sie wieder Stimmen und sogar Musik, und wenig später lugten sie vorsichtig durch einen Torbogen in ein weiteres Gewölbe. Zu Tahans Überraschung waren hier Frauen versammelt– um zu tanzen! Sie hatten ihre grauen Kutten abgelegt und trugen weite Gewänder in schillernden Farben, während sie sich im Takt der Laute bewegten, die eine ältere Frau mit langem silbernem Haar spielte. Dazu schwenkten sie im Takt bunte Seidentücher. Tahan schaute fasziniert zu, bis Jalimey ihn weiterzog.
    Â» Unter denen wird Noan sich wohl kaum befinden! «
    Â» Ich wollte nur sichergehen. «
    Sie erwiderte sein Lächeln nicht. » Hast du vergessen, wo wir hier sind? «
    Ob er die Gefahr vergessen hatte? Ganz bestimmt nicht. Ihm war die ganze Zeit über bewusst, dass er hier nicht nur sein Leben, sondern auch seine Freiheit riskierte. Daran musste sie ihn bestimmt nicht erinnern.
    Â» Komm weiter « , sagte er schroff.
    Wieder ließen sie sich von den Stimmen leiten. Diesmal war es das sanfte Plätschern von Wasser, das Tahan und Jalimey in ein Gewölbe lockte, wo sich um einen Springbrunnen ein drittes Grüppchen der Ordensanhänger versammelt hatte, um den Vier zu huldigen.
    Â» Die Quelle « , sagte ein hochgewachsener Mönch, der die Kapuze zurückgeschlagen hatte. Sein hageres, kantiges Gesicht mit den brennenden Augen wirkte nicht gerade vertrauenerweckend.
    Â» Die Quelle « , wiederholten die anderen Mönche im Chor. Die meisten waren jung, höchstens dreizehn oder vierzehn, aber es waren auch einige wenige Erwachsene dabei.
    Â» Die Quelle. Sie ist die Mitte. Sie ist der Wirbel. Sie ist zugleich alle Himmelsrichtungen, wie der Wilde. Sie ist die Mitte, wie das Auge der Richterin. Sie ist Geist und Herzauge. Sie ist das weibliche Prinzip der Vier. «
    Â» Die Quelle « , wiederholten die Schüler.
    Auch hier wäre Tahan am liebsten stehen geblieben.
    Just in diesem Moment hob der Lehrer den Kopf und blickte zur Tür. » Ihr seid zu spät « , sagte er mit scharfer Stimme. » Setzt euch. «
    Sie hatten die Wahl– aufzufallen oder zu gehorchen. Tahan zweifelte nicht daran, dass der hagere Mönch mit widerspenstigen Schülern keine Geduld haben würde. Hastig nickte er und zog Jalimey mit zur hintersten Bank, wo er sich neben einen rothaarigen Jungen setzte, der eifrig mitschrieb. Nein, berichtigte Tahan sich, er schrieb nicht, er malte Symbole. Eine Spirale, die wohl den Wirbel darstellen sollte, einen Kreis mit einem Punkt darin und an Wimpern erinnernden Auswüchsen– das Auge der Richterin?
    Â» Gedankenblut « , murmelte der Schüler. » Herzauge. Das sind Geist und Seelenherz. Die Quelle symbolisiert zwei der Vier. Der Wilde und der Sanfte. Alle Himmelsrichtungen und die Mitte. Die Tänzerin und die Richterin. « Er schenkte Tahan einen schrägen Blick. » Das stimmt doch

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