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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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wildschweinähnlichen Kopf ragten. Eine Klaue fuhr Tahan in den Oberschenkel, riss sein Bein auf. Er fiel, die Schwerter glitten ihm aus den Händen, rutschten über das Eis. Krallen bohrten sich ihm durch den Mantelstoff in die Haut und zerrten ihn in die Höhe. Misan schrie und schrie. Aus den Augenwinkeln sah Tahan Wächter und Diener herbeilaufen. Er versuchte sich zu drehen, den Vogel zu packen, bevor dieser ihn über die Burgmauer tragen konnte. Gleich dahinter gähnte die Schlucht, in die der Wasserfall stürzte.
    Tahan schälte sich aus dem Mantel, griff nach oben, bekam ein gläsernes Bein zu fassen. Scharfe Kanten schnitten ihm in die Hand. Der Vogel gab einen schrillen Schrei von sich, der unten von den herbeieilenden Zuschauern erwidert wurde.
    Â» Tahan! « , brüllte Noan. » Da ist schon die Mauer. Lass dich fallen! «
    Er ließ los und landete hart auf der Brüstung, wobei er mit dem Rücken gegen die Steine krachte. Sofort war der Vogel wieder über ihm.
    Etwas Kleines, Unförmiges segelte durch die Luft– ein Eisklumpen?
    Â» Wo ist das Ungeheuer? « , rief Noan. » Ich kann es nicht erkennen! Habe ich es getroffen? «
    Tahan sah die Bestie überdeutlich. Sie flatterte genau über ihm, die Krallen ausgestreckt, den Schnabel zum Schrei geöffnet. Der Kopf und die Hauer eines Ebers, der Leib eines Löwen, die Flügel eines Riesenadlers. Ein Triumphschrei schraubte sich aus der gläsernen Kehle in den Nachthimmel, dann senkte das Tier sein Gewicht auf Tahan. Es reichte, um ihm die Rippen zu brechen. Der Schmerz ging ihm durch und durch, kurz darauf spürte er Blut auf der Zunge.
    Â» Tahan! « Jalimeys Ruf zerriss die Nacht. » Oh nein, Tahan! «
    Der Vogel senkte den Kopf, um dem Prinzen mit dem gebogenen Schnabel das Herz aus der Brust zu hacken.
    Abwehrend streckte er die Hände aus. Seine Rechte flammte auf. Ein Stoß traf den Glasadler, warf ihn mehrere Meter hoch in die Luft. Er kreischte auf, Feuer hüllte ihn ein, dann explodierte er in unzählige Stücke. Brennende Scherben regneten auf die Mauer und den Hof herab.
    Tahan stand auf. Seine Hand brannte immer noch. Ein dritter Vogel rauschte aus der Dunkelheit heran, glühende Funken um sich her. Diesmal ging es ganz leicht. Tahan hob beide Hände, ein feuriger Stoß zerriss die Nacht, und das mordlustige Wesen fiel heulend über die Brüstung und trudelte wie ein Feuerball in die Schlucht. Das Tosen des Wasserfalls übertönte den Aufprall tief unten.
    Noan und Jalimey saßen an seinem Bett. Der Arzt hatte Tahans Rippen gerichtet und ihm einen Verband um den Brustkorb gewickelt. Die tiefen Fleischwunden am Bein hatte er ebenfalls versorgt. Tahan spürte, wie unter der dicken Lage Stoff bereits die Heilung begann, wie das Glas zerschmolz und das dunkle Gesicht zu flüstern begann, nicht herrisch wie ein Gott, sondern verwirrt und sehnsüchtig.
    Â» Korin ist tot. Misan hat mir erzählt, dass ihr plötzlich angegriffen wurdet, von etwas Unsichtbarem. « Noan war immer noch fassungslos. » Was ist da draußen bloß geschehen? «
    Der Arzt hatte Tahan auch die Hand verbinden wollen. Er hatte gemurmelt, der entzündete Splitter müsse doch unvorstellbare Schmerzen verursachen.
    Â» Das ist die Macht des Turms « , sagte Tahan. » Hast du nicht selbst gesagt, dass sie sich bei jedem anders äußert? Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich hatte keinen Zugriff darauf– bis heute. «
    Jalimey musterte ihn besorgt. » Das ist eine fürchterliche Waffe. «
    Â» Überdies ist es ein Beweis dafür, dass die Mönche nicht alles lenken können. Sie haben nie geplant, mir diese Macht zur Verfügung zu stellen. Sie wollten nur, dass ich den Baum wecke. « Obwohl ihm jede Bewegung wehtat, richtete er sich auf. Für das, was er Noan zu sagen hatte, wollte er nicht liegen. » Vieles, was geschieht, kann man nicht vorhersehen. Du warst dir so sicher, dass dein Vater auf meiner Seite stehen würde, trotzdem hat er uns verraten. «
    Â» Das kann nicht sein. « Noan erbleichte.
    Â» Er ist längst in Ghi Naral. Von wem soll Dasnaree erfahren haben, dass ich hier bin, wenn nicht von ihm? Sieh der Wahrheit ins Auge– der heutige Abend ist ein Werk des Verrats. Ich sollte sterben, und um sicherzugehen, hat Dasnaree mir diese Monster auf den Hals gehetzt, geflügelte Bestien, die vor keinem Tor

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