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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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Wie konnte die Macht des Glases ihn am Leben halten und das Glas in seinem Körper willkommen heißen, wenn der Turm eingestürzt war?
    Etwas knirschte in seinen Rippen, als er sich umdrehte. Es war Nacht, doch immer noch war der Mond fast voll. Eine laue Sommernacht voller zirpender Heuschrecken, erfüllt vom köstlichen Geruch nach gebratenem Fisch.
    Dort, wo der Turm hätte sein sollen, war nichts als Leere. Die halbe Festung stand noch, die Anbauten, die kleine Wachstube. Kein Turm.
    Â» Aber wie… « , begann er, dann bemerkte er die dunklen Schatten nahebei.
    Schlanke Säulen, die in den Nachthimmel wuchsen. Es war, als wäre der Wald unmerklich näher gerückt, nur dass diese Stämme keine Kronen hatten. Sterne glänzten auf der geschliffenen Oberfläche. Verdammt, sogar das Lagerfeuer spiegelte sich vielfach in ihnen, und wenn er sich bewegte, huschten tausend Schatten über die finsteren Spiegel.
    Â» Macht ist unzerstörbar « , sagte Ralnir. Er klang nicht einmal triumphierend. » Man kann sie vom Thron stürzen, aber es wird immer eine neue Macht aufstehen. Wer dem Drachen den Kopf abschlägt, dem werden fünf neue Köpfe die Zähne zeigen. Oder sieben. Macht ist schwach– oft hängt nur ein einzelnes Herz daran, ein Mann, den man im Schlaf erstechen oder mit einem Becher seines Lieblingsweins vergiften kann. Im nächsten Moment schon werden sich zehn seiner Kinder um die Krone streiten. Namen sind austauschbar, Macht ist es nicht. Es war ein lobenswertes Unterfangen, den Turm zu zerstören, und trotzdem völlig sinnlos. «
    Tahan stützte die Stirn in seine klebrigen Hände. » Wie viele sind es? «
    Â» Ich weiß nicht. Zurzeit sind es acht, allerdings sprießen ständig neue aus der Erde. Wenn der Baum nicht wäre… vielleicht wäre es Euch tatsächlich gelungen, Prinz Tahan. Aber ein König, der über die Macht des Baumes gebietet, würde nie zulassen, dass irgendetwas in seinem Reich stirbt, das er gerne am Leben halten möchte. «
    Â» Fertig « , verkündete Berias. » Wer hat Hunger? «
    Â» Warum habt Ihr es dann zugelassen? « , fragte Jalimey aufgebracht. » Warum habt Ihr uns nicht gesagt, was passieren wird? «
    Â» Manchmal gehen die Dinge anders aus als erwartet « , sagte Ralnir und ließ den heißen Fisch fallen. Er fluchte eine Weile, pustete auf seine Hand und versuchte dann, seine Mahlzeit von Erde und Asche zu säubern. » Dasnarees gläserne Armee beunruhigt uns zutiefst. Daher haben wir Euch tun lassen, was Ihr vorhattet. Es hätte so oder so ausgehen können. Seit unzähligen Jahren existiert unsere Bruderschaft, aber auch wir kennen nicht alle Antworten. Die Götter sind nicht begreifbar, ihre Macht ist voller Geheimnisse. Wir können die Dinge erklären, die geschehen sind, doch sie vorauszusagen würde heißen, sich über die Vier zu stellen. «
    Â» Sehr hilfreich « , knurrte Noan. Der Duft schien seine Lebensgeister zu wecken. Hoffnungsvoll kroch er näher ans Feuer.
    Zu seinem Leidwesen schickte Jalimey ihn mit scharfen Worten zum Waschen an den Fluss. » Für Euch gilt das genauso, Königliche Hoheit. Man mag Euch gar nicht anschauen. «
    Â» Kein Du mehr? Hast du dich plötzlich besonnen, dass Höflichkeit eine Tugend ist? «
    Dabei wollte er nichts lieber, als sie im Arm zu halten und sie seinen Namen flüstern zu hören. Der Sturz des Turms hatte alles weggerissen, alle Zäune, die er um sein Herz errichtet hatte. In dieser Nacht fühlte er sich zitternd und schwach. Durch ein Wunder war er dem eiskalten Griff des finstersten aller Götter entkommen. Sein geschenktes Leben war wie eine Geburt; wie alle Neugeborenen war er verwirrt, hungrig und sehnte sich nach warmer Haut, an die er sich schmiegen konnte.
    Â» Geht lieber, Hoheit, bevor wir den Fisch ohne Euch aufgegessen haben. «
    Tahan stolperte Noan hinterher ans Ufer des Jakont. Sie tauchten tief ins kalte Wasser, um sich Blut und Glas abzuwaschen, und der Schmerz flutete davon.
    Â» Turm und Quelle und Baum « , sagte Ralnir gerade, als sie zurückkamen. Er pulte sich eine Gräte aus dem Zahnfleisch. » Das sind die drei Säulen, die der König braucht, um sein Königreich in Glück und Wohlstand zu führen. Kann jemand sich vorstellen, was passiert, wenn eine davon fehlt? Der König braucht die Macht, um seine
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