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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Bald schon sogar. Der Plan war noch nicht ganz ausgereift, aber was letztendlich nötig war, hing von Noan ab– Tahan durfte nicht zu viel erwarten. Es gab unzählige Fragen, die er stellen wollte. Wart Ihr am Königshof an Eurem sechzehnten Königstag? Wie geht es meinen Eltern, meinem Bruder, meinen Schwestern? Haben sie je nach mir gesucht? Haben sie mich aufgegeben, oder hoffen sie immer noch auf meine Rückkehr?
    Nichts davon konnte er aussprechen.
    Noan nickte. Er sah unglaublich jung aus, nicht wie der Anführer einer ganzen Truppe, der Herr über ein paar tausend Mann. » Du trägst beinahe denselben Namen wie mein Bruder. «
    Â» Geht es ihm gut? Eurem Bruder, meine ich. «
    Falls die Frage den Jungen überraschte, zeigte er es nicht. » Er ist gefallen « , sagte er. » Deshalb hat man mich in den Dienst gerufen. « Er presste die Lippen aufeinander. Tahan befürchtete schon, der Junge würde in Tränen ausbrechen, doch er riss sich zusammen. » Mein Bruder Tahan hat in der elften Truppe gedient. Vier Jahre. Eine lange Zeit. « Er zögerte. » Ist es schwer? Hier zu leben, hier zu kämpfen? «
    Â» Ihr meint, Menschen zu töten? « Noch nie hatte ihn das jemand gefragt. Wie konnte Noan sich mit einem Söldner wie mit einem Gleichgestellten unterhalten, so beiläufig, ohne etwas im Schilde zu führen? » Man gewöhnt sich daran « , antwortete er vorsichtig.
    Noch eine Lüge. Aber wie hätte er diesem Fremden von dem Ekel erzählen können, von dem Geruch des Blutes, von Schweiß, Urin und Kot und der Asche der Toten? Von schwärenden Wunden und Fieber und Erbrochenem und von den Geistern, die durch die Wälder irrten? An nichts davon konnte man sich je gewöhnen. Vielleicht jemand wie die einfachen Soldaten, die als Bauern aufgewachsen waren und Schmutz und Hunger kannten. Aber nicht Prinz Tahan Dor Ilan, der in seidenen Betten geschlafen hatte und in dessen Träumen ein brennender Baum über den Dächern der Ruinenstadt blühte.
    Lasst mich nach Hause gehen, Siljalinion, wollte er sagen. Ihr seid der Mann mit der nötigen Macht. Ihr seid der Mann aus der verrückten alten Familie, die keine Sklaven hält. Ihr könntet mich gehen lassen. Es bedarf nur einer Unterschrift, nur eines Siegels.
    Tahan biss sich auf die Lippen. Es war zu früh. Gerade weil er so jung und unerfahren war, durfte Noan sich keine Schwäche erlauben.
    Ganashko spitzte die Ohren, ein Zittern lief über sein Fell.
    Â» Was… « , begann Noan.
    Vom Wall her kamen laute Schreie. Schnee gab es jetzt im Frühsommer keinen, daher war das Lager von einem Schutzwall aus Baumstämmen, Ästen und Erde umgeben, der die Tiere zumindest eine Weile aufhielt. Der Bau einer Mauer war geplant, allerdings noch nicht weit vorangeschritten.
    Â» Wir werden angegriffen. Die Glasbestien kommen. «
    Noan wurde noch blasser, als er ohnehin schon war. » Ist das nicht nur ein Gerücht, das betrunkene Soldaten in die Welt gesetzt haben? «
    Â» Leider nein. « Konnte dieses zarte Bürschlein überhaupt kämpfen? Jedenfalls redete er über das Hakalion wie ein Philosoph, nicht wie ein Krieger. » Lasst nicht zu, dass sie in Eure Nähe kommen. Es gibt nichts Schärferes als die Zähne und Krallen dieser Tiere. «
    Die Schreie wurden lauter, liefen wie eine Flutwelle auf sie zu. Etwas klirrte. Dann ein erneuter Schrei, der in einem hohen Kreischen endete. Über das Gatter, das die Pferde von den Zelten trennte, sprangen drei Tiere. Sie waren kaum sichtbar, nur wenn das Licht im richtigen Winkel auf sie fiel, erkannte man vage ihre Umrisse– riesige Hunde mit lang gestreckten Leibern, denen anstelle der Ohren lange, gebogene Hörner aus dem Schädel ragten. Tahan hatte sein Schwert im Zelt gelassen; im Lager trug er es nicht ständig bei sich, da es ihn bei den alltäglichen Verrichtungen behinderte. Um es zu holen, war keine Zeit mehr. Noan hatte sein Schwert gezogen und stand leicht nach vorne gebeugt da, abwartend, bereit.
    Tahan hätte ihn gerne höflich gebeten, doch selbst dafür fehlte ihm die Zeit. Er sprang nach vorne, riss dem neuen Hauptmann die Waffe aus der Hand und stieß ihn rücklings zu Boden, da hob auch schon der erste Hund vom Boden ab und segelte durch die Luft. Sonnenlicht brach sich in seinen glänzenden Läufen. Tahan schnellte nach vorne, erwischte das Tier

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