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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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würden sie es töten müssen.
    Noan war stehen geblieben. » Wohin jetzt? « , fragte er leise.
    Tahan horchte. Von rechts ertönte ein vages Schaben, als würden gläserne Gliedmaßen aneinanderreiben. Sie waren dort, viele, sehr viele. Der ganze Hang wimmelte von ihnen.
    Â» Nach links « , sagte er.
    Bald wurde es flacher, ihre Füße glitten nicht länger aus, und sogar der Schnee bot ihnen Trittsicherheit, statt den Weg zu erschweren. Wie Blinde tasteten sie sich voran, Tahan erteilte leise Anweisungen. Er hätte auch schreien können, es hätte keinen Unterschied gemacht.
    Unten am Waldrand machten sie Halt. Die immer noch belaubten Bäume hielten den Schnee fern, und in ihrem Schutz errichteten die drei Reisenden ein neues Lager. Eine Weile schien der Mond, doch kaum stand das Zelt, schwammen die nächsten Nebelschwaden herbei.
    Tahan übernahm die erste Wache, während Noan und Jalimey ins Zelt krochen. Er blieb in der Kälte stehen, auf sein Schwert gestützt. Natürlich waren die Glasbestien noch da. Sie strichen durch den Dunst, huschten zwischen den Bäumen hindurch, lauerten, warteten, beobachteten. Vielleicht lächelten sie. Immerhin hatten sie die Menschen wie eine Ziegenherde vom Berg hinuntergetrieben, genau dorthin, wo sie sie haben wollten, zurück auf den richtigen Weg, der nach Mai-Senn führte statt durch die Berge nach Rajalan.
    Nicht zum ersten Mal auf dieser Reise dachte Tahan über Dasnaree nach. Wenn sein Vetter ein Magier gewesen wäre, hätte alles gepasst. Die Erpressung, die dazu führte, dass Tahan den Auftrag übernahm. Die Eskorte aus Tieren, die dafür sorgte, dass er nicht entwischte, die ihn nicht angriff, sondern hütete und vor sich her trieb.
    Allein der Hirsch, der ihn am Bachufer angegriffen hatte, verdarb das Bild. Das und die Tatsache, dass Dasnaree keinerlei magische Künste beherrschte. Wie auch? Als einziger Sohn eines Fürsten stand es ihm nicht frei, sich in den Dienst eines Gottes zu stellen. Welcher Gott hätte das auch sein sollen? Wer war so mächtig, dass er Skulpturen Leben einzuhauchen vermochte? Nicht einmal die Hohen Götter, die Götter der dritten Ebene, konnten Leben erschaffen. Sie lenkten die Geschicke der Völker, bekriegten einander, benutzten ihre Anhänger, um ihren Ruhm in der Welt zu verbreiten, aber Leben erschaffen?
    Nur eine Stufe höher war das möglich, allein die großen Vier konnten Leben erschaffen, sie, die die Welt geformt hatten, die Himmelrichtungen, Himmel und Erde, Nacht und Tag, Menschen und Vieh, Fische und Vögel. Sie hatten keine Namen. Sie waren die Welt. Anders als die Hohen Götter begehrten sie keinen Ruhm, anders als die Geringeren Götter kümmerten sie sich nicht um die Menschen und ihr fortwährendes Geschrei und Gejammer.
    Beuge dich vor den Vier, in deren Macht ich stehe, hatte der fette Mönch gerufen, bevor er ihn verfluchte. Dasnaree hatte ihm geglaubt, dass er zur Bruderschaft der Vier gehörte. Dasnaree, der ihm vor wenigen Tagen erzählt hatte, dass die Mönche länger auf Burg Ameer geblieben waren.
    Tahan stellte sich vor, wie der Junge, der Dasnaree damals gewesen war, ihnen stolz seine gläsernen Figuren vorführte, wie sich eine Idee in ihren Köpfen formte…
    Aber auch diesen Gedanken verwarf er wieder, denn die Glasbestien hatten so viel Unheil unter den Soldaten von Terajalas angerichtet… Die Mönche standen doch auf der Seite des Königreichs?
    Â» Helsten « , murmelte er.
    Sieh an, das passte schon besser. Glastiere, die Helsten verteidigten, die Singendes Schwert daran hindern wollten, die Grenze zu überqueren– und auf der anderen Seite jemand, der für Terajalas stritt und einen Helden erschaffen hatte. Gab es also zwei Parteien, eine so mächtig wie die andere? Zwei Bruderschaften der Vier, die sich in den Haaren lagen? Denn es war, als ob hier verschiedene Kräfte miteinander rangen. Da waren die Tiere, die ihn weiter ins Landesinnere drängen wollten– und der Mönch, der in Rajalan auf ihn wartete. Er horchte auf die innere Stimme, die des Dunklen, doch heute Nacht schwieg sie. Dennoch spürte er, wie auch in ihm etwas lauerte, ebenso still und unsichtbar wie die gläsernen Tiere.
    Am Morgen öffnete Tahan das Zelt und fand seine Gefährten schlafend vor. Jalimey war näher an Noan herangerückt, der mit dem Rücken zu ihr schlief,

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