Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Säulen der Schöpfung - 13

Die Säulen der Schöpfung - 13

Titel: Die Säulen der Schöpfung - 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
gefährdet.«
    »Aber Mama hat keine anderen Kinder.«
    Lathea verstummte für einen Augenblick.
    Gib dich hin, Oba.
    Er horchte auf die Stimme, die Stimme, die sich irgendwie völlig gewandelt hatte.
    »Nein, aber trotzdem warst du ein großes Ungemach für sie. Es ist für eine Frau schwer, ein Kind allein großzuziehen. Erst recht ein Kind …« Sie fing sich, setzte noch einmal an. »Ich wollte damit nur sagen, daß es oft schwierig ist.«
    »Aber sie hat es getan. Schätze, Ihr habt Euch getäuscht. Ist es nicht so, Lathea? Ihr habt Euch geirrt. Nicht Mama – Ihr. Mama wollte mich.«
    »Abgesehen davon war sie nie verheiratet«, fiel sie ihm barsch ins Wort. Ihr Zornesausbruch hatte das Feuer hochmütiger Autorität in ihren Augen aufs Neue entfacht. »Wenn sie … wenn sie geheiratet hätte, möglicherweise hätte sie dann die Gelegenheit gehabt, eine vollständige Familie zu bekommen statt nur einen …«
    »Einen kleinen Bankert?«
    Diesmal enthielt sich Lathea einer Antwort. Sie schien zu bedauern, daß sie ihre Meinung geäußert hatte; das zornige Funkeln in ihren Augen erlosch. Mit leicht zittriger Hand schüttete sie eine weitere Portion der getrockneten Blumenstengel in ihre Handfläche, zerdrückte sie rasch in der Faust und ließ sie in die Arznei rieseln. Dann wandte sie sich um und tat, als betrachtete sie die Flüssigkeit in dem blauen Glasfläschchen im Schein der Flammen ihres offenen Kamins.
    Oba machte einen Schritt in Richtung Tisch. Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen.
    »Gütiger Schöpfer …«, hauchte sie, als sie seine Augen sah. Er merkte, daß sie nicht zu ihm, sondern zu sich selber sprach. »Manchmal, wenn ich in diese blauen Augen schaue, sehe ich ihn geradezu vor mir…«
    Trotz seines wütenden Blicks runzelte Oba die Stirn.
    Das Fläschchen glitt ihr aus der Hand, fiel auf den Tisch und rollte weiter, bis es auf den Boden schlug und dort zerschellte.
    Oba. Gib dich hin. Gib deinen Willen hin.
    Das war neu. Das hatte die Stimme noch nie zuvor gesagt.
    »Ihr wolltet, daß Mama mich tötet, nicht wahr, Lathea?«
    Er machte einen weiteren Schritt in Richtung Tisch.
    Lathea erstarrte. »Keinen Schritt weiter, Oba.«
    Aus ihren Augen, ihren kleinen Rattenaugen, sprach nackte Angst. Das war eindeutig neu! Er lernte fast schneller Neues hinzu, als er sich das alles merken konnte.
    Dann sah er, wie sie ihre Hände hob, die Waffen einer Hexenmeisterin. Oba zögerte. Er stand da, auf der Hut, die Wachsamkeit in Person.
    Gib dich hin, Oba, und du wirst unbesiegbar sein.
    Das war nicht nur neu, das war geradezu alarmierend.
    »Ich glaube, Ihr wollt mich mit Euren ›Arzneien‹ umbringen, hab ich Recht, Lathea? Ihr wollt, daß ich sterbe.«
    »Ach was, Oba. Unsinn, das stimmt nicht. Ich schwöre, so ist es nicht.«
    Ein weiterer Schritt – um die Verheißungen der Stimme auf die Probe zu stellen.
    Sie hob die Hände, während ein Lichtschein rings um ihre zu Krallen gebogenen Finger zu Leben erwachte. Die Hexenmeisterin beschwor Magie herauf.
    »Oba« – ihre Stimme klang jetzt kräftiger, fester –, »bleib endlich, wo du bist.«
    Gib dich hin, Oba, und du wirst unbesiegbar sein.
    Oba spürte, wie er im Vorwärtsgehen mit der Hüfte gegen den Tisch stieß. Klirrend und scheppernd stießen die Krüge aneinander; einer von ihnen geriet gefährlich ins Wanken, um dann tatsächlich zu kippen und seine dicke, rote Flüssigkeit zu verschütten.
    Plötzlich war Latheas Gesicht verzerrt vor lauter Haß, vor Wut und Anstrengung. Sie warf ihre zu Krallen gebogenen Hände nach vorn, in seine Richtung, und schleuderte ihm ihre Kraft mit aller Macht entgegen.
    Begleitet von einem heftigen Donnerschlag flammte ein Lichtblitz auf, dessen gleißende Helligkeit alles im Raum einen Lidschlag lang weiß aufleuchten ließ.
    Er sah ein gelblich-weißes Licht auflodern, das die Luft zerteilte und auf ihn zugefaßt kam – ein todbringender Lichtblitz, ausgesandt, um zu töten.
    Doch Oba spürte nichts.
    Hinter seinem Rücken sprengte das Licht ein mannsgroßes Loch in die hölzerne Wand, schleuderte brennende Splitter in die Nacht hinaus; die Flammen erloschen jedoch ohne Ausnahme zischend im Schnee.
    Oba faßte sich an die Brust, an die Stelle, auf die die volle Wucht ihrer Kraft gerichtet gewesen war: kein Blut, kein zerfetztes Fleisch. Er war unverletzt.
    Dann fiel ihm auf, daß Lathea noch verwunderter darüber zu sein schien als er selbst. Sie hatte den Mund staunend geöffnet und starrte ihn mit

Weitere Kostenlose Bücher