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Die Säulen des Feuers

Titel: Die Säulen des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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leichtesten Schritt, deswegen schlich Stilcho so behutsam wie nur möglich zur Tür des alten Lagerhauses. Nicht, daß er zu fliehen versuchte, nein, es war nur so schrecklich kalt, da wollte er sich von der Sonne aufwärmen lassen, der Sonne, die so hell durch einen Spalt im Fensterladen schien. Schon lange hatte er daran gedacht, sich von dem Holzboden zu erheben und sich hinauszustehlen …
    Er hatte sogar daran gedacht, weiter hinauszugehen, aber die Stufe vor der Tür würde genügen, diese Stufe war das einzige, woran er zu denken wagte, denn Haught, der drinnen im Lagerhaus schlief, hatte so seine Möglichkeiten zu erkennen, was er plante …
    … so dachte er nur daran, ins Licht zu kommen, wo die Sonne die steinerne Stufe erwärmte und die Ziegelsteine und sein totes Fleisch, dem jetzt die anhaltende Kälte von Regen und Morast und Elend anhaftete. Er hielt den Gestank und die Kälte des Schlammes nicht mehr aus, denn das erinnerte ihn zu sehr an den Tod – unter der Erde, im kalten Fluß …
    Ich laufe nicht weg, ich gehe nirgendwohin, nur in die Sonne … Das dachte er Haughts wegen, falls er aufwachen sollte, während er nach der Klinke langte.
    Die Härchen stellten sich auf Stilchos Nacken auf. Gänsehaut überzog ihn. Er hielt in der Bewegung inne, drehte sich um und schaute und sah, wie sich Haught in der Düsternis aufsetzte, ein arg mitgenommener Haught mit einer blutigen Schramme im Gesicht und gefährlich funkelnden Augen. Stilcho lehnte sich mit dem Rücken an die Tür und deutete mit einem Schulterzucken darauf.
    »Will nur hinaus in die …«
    Willst du Spielchen mit mir treiben? Mit mir, toter Mann?
    Nein, dachte er schnell, machte es zu einem Schwall von nein, ließ nichts anderes durch und spürte, wie sich jedes Härchen auf seinem Körper aufstellte. Sein Herzschlag wurde langsamer, die Zeit wurde langsamer, die Welt wurde so zerbrechlich, daß er einen Moment lang erkannte, was in Haughts Gehirn vorging, der Argwohn, daß sein Versagen die Furcht vor ihm geschwächt hatte; daß einem gewissen wandelnden Fleisch eine Lehre erteilt werden mußte; daß dieses Ding, mit dem Ischade schlief (aber nicht mit ihm) fertiggemacht werden, zerstückelt und in die tiefste Hölle geschickt werden konnte, wenn das nötig war, um ihn Respekt zu lehren …
    … All das erkannte Stilcho auf dieselbe Weise, wie er plötzlich wußte, daß Haught seine Gedanken las, seine Zweifel erkannte, seine Furcht, seinen Haß, alles, was ihn verwundbar machte.
    »Auf die Knie«, befahl Haught, und Stilcho spürte, daß er hilflos gehorchte, daß jede Faser in ihm unter dieser Stimme erzitterte. Er starrte Haught mit dem lebenden Auge an, doch auch das tote sah, sah ein Bild der Hölle, ein Tor, durch das ein Ding hindurch wollte, doch nicht konnte. Aber wenn er jetzt dorthin, zu diesem Tor, geschickt würde, zu diesem Ding …
    »Bitte um Verzeihung!« forderte Haught ihn auf.
    »Ich bitte um Verzeihung.« Stilcho zögerte nicht. Nur ein Narr würde zögern. Es gab keine Hoffnung für einen Narren. Ischade würde ihn in die Hölle verbannen, und er würde sich diesem Ding stellen müssen, wenn er jetzt zu ihr zurückkehrte, nach dem, was Haught getan hatte. Und Haught würde seine Seele in winzige Fetzen zerreißen, ehe er sie denselben Weg nehmen ließe. Stilcho kniete auf den nackten Bodenbrettern und sagte jedes Wort, das Haught wollte.
    Jetzt zumindest. (Nein, nein, Haught, immer!)
    Haught stand auf und strich durch das zerzauste Haar. Sein bleiches, feingeschnittenes Gesicht wirkte hager. Das Haar fiel wieder herab, zerzaust wie zuvor. Sein Lächeln war fiebrig.
    Er ist irrsinnig, dachte Stilcho, denn er kannte diesen Ausdruck von den Wahnsinnigen in Anstalten und auf Freistatts Straßen. Und dann: O nein, nein, nein, bitte nicht, Haught! Nein!
    Das Prickeln seiner Haut wurde schmerzhaft, dann hörte es auf. Haught kam näher, kam zu ihm, hockte sich auf die Fersen und legte die Hand auf Stilchos Wange. Eiseskälte folgte dieser Berührung und ein stechender Schmerz im fehlenden Auge. Doch Stilcho wagte nicht, sich zu rühren, wagte nicht, irgendwoanders hinzublicken als in Haughts Gesicht.
    »Du bist mir noch von Nutzen«, sagte Haught. »Du darfst nicht daran denken, mich zu verlassen.«
    »Tue ich nicht.«
    »Lüg mich nicht an«, warnte die seidenweiche Stimme. Und der Schmerz stach noch tiefer. »Was kann ich dir geben, daß du bleibst?«
    »L-leben. Daf-für.«
    »Kein Gold? Kein Geld? Keine Frau? Nichts

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