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Die Säulen des Feuers

Titel: Die Säulen des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Palastmauern suchten. Molin half ihr nicht aus dem Sattel und brachte ihr Pferd auch nicht in den Marstall. Gewiß, ein Gefühl hatte sich seiner bemächtigt, das plötzlicher Liebe beunruhigend nahe kam, doch nicht einmal das brachte ihn dazu, sich zum Narren zu machen. Er hätte sogar geschwiegen, wenn sie einfach ihr Pferd gewendet hätte und zum Labyrinth zurückgekehrt wäre; das sagte er ihr auch, als sie ihm die Wachhaustreppe hinauffolgte.
    Er ging voraus zum Ilsigischen Schlafgemach, wo er erwartete, Jihan, die Sturmkinder, Niko und aufgeregte Palastbewohner vorzufinden. Statt dessen herrschte Todesstille, und nur Seylalha kauerte zwischen den Kinderbettchen.
    »Die Söldnergilde?« fragte Kama, die die gleichen Omen las wie der Priester. »Die der Magier?«
    Molin schüttelte den Kopf. Sein Geist griff nach dem fernen Winkel, in dem sein Nisimagieerbe, die Götter oder ganz einfach sein Glück zuverlässige Eingebungen verstauten. »Bei der Beysa«, sagte er bedächtig, dann verbesserte er sich: »In der Nähe der Schlangen.«
    Als die Beysiber in Freistatt eingetroffen waren, hatten sie siebzig gesprenkelte Eier der wertvollen Beynitschlangen dabeigehabt. Diese in ungesponnene Seide gewickelten Eier waren in ein extra dafür errichtetes Gemach gebracht worden, wo ein Hypokaustum die Steine angenehm warm hielt. Aus den Eiern waren zu Winterbeginn winzige Schlangen geschlüpft, und das Gemach selbst mit seinen Jungschlangen war zum Lieblingsaufenthalt der Beysa und ihres unmittelbaren Gefolges geworden.
    Es war aber auch, dank der Geschicklichkeit der beysibischen Schlangenpfleger, die Salben und Säfte und Tinkturen aus Giften und Kräutern zubereiteten, zum Treffpunkt aller Heiler des Palasts geworden. Jihan mischte dort die übelriechenden Salben für Niko und trug sie ihm hin und wieder hier auch auf, wenn die anderen Bewohner des Ilsigischen Schlafgemachs sich laut genug dagegen verwehrten, daß sie es dort tat. Molin wußte, daß er richtig geraten hatte, als er sah, daß sich die beysibischen Schlangenpfleger hilflos in der Vorkammer zusammendrängten.
    »Ihr habt ganz schön lange gebraucht, hierherzukommen«, brummte Tempus, als der Priester das Gemach betrat. Er hätte noch so einiges hinzugefügt, wäre nicht Kama ebenfalls hereingekommen.
    Molin nutzte die kurze Stille, um sich umzuschauen. Crit lenkte als erster seine Aufmerksamkeit auf sich, weil er, genau wie Tempus, Kama anstarrte, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen. Auch Jihan war hier, und ihr Lächeln war wärmer, als Molin es je an ihr bemerkt hatte. Sie setzte einen Mörser ab, der bis zum Rand voll dunkler, stacheliger Blätter war, und umarmte Kama wie eine nach langer Zeit wiedergefundene Freundin. Ihre Bewegung gestattete ihm, den eigentlichen Grund zu sehen, weshalb sie sich alle in dem ungemütlich warmen Raum aufhielten: Nikodemus.
    Der Stiefsohn lag auf dem Rücken, dressiert wie eine Festtagsgans, und obwohl er anscheinend jetzt ganz ruhig schlief, wies sein Gesicht Blutergüsse auf, und seine Hände waren blutig. Molin machte einen Schritt auf ihn zu, da legte Tempus die Hand um seinen Arm.
    »Laßt ihn in Ruhe!« warnte er.
    »Was ist passiert?« erkundigte sich Fackelhalter und wich zurück, bis Tempus ihn freiließ. »Randal hat gesagt …«
    »Ihr habt richtig vermutet«, unterbrach ihn Crit mit einer Bitterkeit, die ihn frösteln ließ. »Sie hat ihren Zug durch Niko etwa zur richtigen Zeit gemacht.«
    »Es war Haught!« sagte Tempus heftig. »Niko schoß zum Fenster und rief ›Haught‹. Es war eine Warnung.«
    Critias strich durch sein dunkles, sich lichtendes Haar. »Aber nicht für uns. Haught machte seine eigenen Züge, und Roxane mußte ihn davon abhalten.«
    »Das hat Strat auch gesagt«, fügte Jihan hinzu.
    »Es spielt keine Rolle, ob Jihan recht hat oder nicht.« Crit begann herumzustapfen wie ein Tiger im Käfig. »Es spielt keine Rolle, ob Haught Ischades Werkzeug ist oder Roxanes. Es spielt keine Rolle, ob Jihan …«
    »Habe ich nicht!«
    »… Niko von dem Trick mit der Kugel erzählt hat. Es ist einzig von Bedeutung, daß das Hexenluder Niko hatte. Wieder.«
    »Was ist passiert?« fragte Molin erneut, obwohl er es sich inzwischen auch so recht gut vorstellen konnte, und er mehr an der wechselnden Verbindung zwischen den dreien interessiert war.
    »Als Jihan versuchte, ihn davon abzuhalten, aus dem Fenster zu springen, wurde er zum Berserker. Vier Wachen waren erforderlich, ihn festzuhalten, bis Jihan

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