Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn
Kenntnisse sind durch vier Jahrhunderte Erfahrung erweitert worden, während Ihr noch nicht einmal zwanzig Jahre lebt. Vertraut mir, mein eifriger Schüler. Die nach unten gekreuzten Klingen sind die richtige Abwehrbewegung.«
»Vielleicht«, antwortete Drizzt.
Zak unterdrückte ein Lächeln. »Wenn Ihr einen besseren Gegenschlag findet, werden wir ihn ausprobieren. Aber bis dahin vertraut meinen Worten. Ich habe mehr Krieger ausgebildet, als ich zählen kann, die ganze Streitmacht des Hauses Do'Urden und zehnmal so viele, als ich als Meister in Melee-Magthere diente. Ich lehrte Rizzen, alle Eure Schwestern und Eure beiden Brüder.«
»Beide?«
»Ich...« Zak hielt inne und warf Drizzt einen neugierigen Blick zu. »Ach so«, sagte er nach einer Weile. »Sie haben es nie für nötig gehalten, Euch davon zu erzählen.« Zak fragte sich, ob es seine Aufgabe war, Drizzt die Wahrheit zu sagen.
Er bezweifelte, daß die Oberin Malice etwas dagegen hatte. Wahrscheinlich hatte sie Drizzt einfach nichts davon erzählt, weil sie die Geschichte von Nalfeins Tod nicht für wert gehalten hatte, erzählt zu werden.
»Ja, beide.« Zak entschloß sich, das zu erklären. »Ihr hattet zwei Brüder, als Ihr geboren wurdet: Dinin, den Ihr kennt, und einen älteren Bruder, Nalfein, einen Zauberer mit beträchtlicher Macht. Nalfein wurde in der Nacht, als Ihr Euren ersten Atemzug tatet, im Kampf getötet.«
»Ein Kampf gegen Zwerge oder gemeine Gnome?« fragte Drizzt mit so großen Augen, wie sie ein Kind hat, das um eine furchterregende Gute-Nacht-Geschichte bittet. »Hat er die Stadt gegen böse Eroberer oder gegen vagabundierende Monster verteidigt?«
Es war schwierig für Zak, die verzerrten Empfindungen von Drizzts unschuldigen Überzeugungen zu berücksichtigen.
»Beschwichtigt die Jugend mit Lügen«, schimpfte er leise, aber zu Drizzt gewandt antwortete er: »Nein.«
»Dann gegen einen noch gemeineren Gegner?« drängte Drizzt. »Bösartige Elfen von der Oberfläche?«
»Er starb durch die Hand eines Drow!« fauchte Zak frustriert und stahl damit den Eifer aus Drizzts glänzenden Augen. Drizzt sank zurück, um die Möglichkeiten zu überdenken, und Zak konnte es kaum ertragen, die Verwirrung zu sehen, die sein junges Gesicht verzerrte.
»Ein Kampf mit einer anderen Stadt?« fragte Drizzt schwermütig. »Ich wußte nicht...«
Zak beließ es dabei. Er wandte sich um und ging leise auf seine Privaträume zu. Sollten Malice oder einer ihrer Lakaien Drizzts unschuldiges Denken zerstören. Hinter ihm versagte sich Drizzt einen weiteren Katalog von Fragen, denn er verstand, daß die Unterhaltung und der Unterricht zu Ende waren. Er verstand auch, daß gerade etwas Wichtiges zutage getreten war.
Der Waffenmeister kämpfte lange Stunden hindurch mit Drizzt, während die Tage zu Wochen wurden und die Wochen zu Monaten. Die Zeit wurde unwichtig. Sie kämpften, bis die Erschöpfung sie überwältigte, und kehrten auf den Ausbildungsplatz zurück, sobald sie wieder dazu fähig waren.
Im dritten Jahr, im Alter von neunzehn Jahren, konnte Drizzt stundenlang gegen den Waffenmeister bestehen und übernahm sogar in vielen ihrer Gefechte die Offensive.
Zak genoß diese Zeit. Zum ersten Mal in vielen Jahren hatte er jemanden kennengelernt, der das Potential hatte, ihm im Kampf ebenbürtig zu werden. Zum ersten Mal, seit Zak sich erinnern konnte, wurde das Klirren unüberwindlicher Waffen im Ausbildungsraum von Lachen begleitet.
Er beobachtete Drizzt, der groß und stattlich, eifrig und intelligent wurde, aufmerksam. Die Meister der Akademie würden einen schweren Stand damit haben, Drizzt auch nur ein Patt entgegenzusetzen, selbst im ersten Jahr!
Dieser Gedanke begeisterte den Waffenmeister nur so lange, wie er nicht an die Prinzipien der Akademie dachte, an die Regeln des Drowlebens und an das, was sie mit seinem wundervollen Schüler tun würden. Wie sie dieses Lächeln aus Drizzts lavendelfarbenen Augen stehlen würden.
Eine eindringliche Erinnerung an jene Drowwelt außerhalb des Übungsraumes besuchte sie eines Tages in Gestalt der Oberin Malice.
»Begrüßt sie mit dem gebotenen Respekt«, warnte Zak Drizzt, als May a den Eintritt der Mutter Oberin ankündigte.
Der Waffenmeister trat besonnen ein paar Schritte vor, um das Oberhaupt des Hauses Do'Urden persönlich zu begrüßen.
»Ich grüße Euch, Oberin«, sagte er mit einer leichten Verbeugung. »Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches?«
Die Oberin Malice lachte ihn
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