Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn
dazugehörige Legende erzählte, die meist mit den Worten begann: »In früheren Zeiten...«
Aber die Waffen der Drow waren anders, denn sie waren niemals Schaustücke. Sie waren in die Notwendigkeit des Jetzt eingebunden und niemals in Erinnerungen. Und ihr Zweck blieb unverändert, denn solange sie zum Kampf taugten, waren sie auch zum Töten geeignet.
Zak hielt die Klinge vor seine Augen. In seinen Händen war die Waffe zu mehr als nur einem Kampfinstrument geworden. Sie war eine Verlängerung seines Zorns, seine Antwort auf ein Dasein, das er nicht akzeptieren konnte.
Es war vielleicht auch seine Antwort auf ein anderes Problem, das unlösbar schien.
Er betrat den Übungsraum, wo Drizzt hart daran arbeitete, Angriffstaktiken gegen eine Übungspuppe zu führen. Zak hielt inne, um den jungen Drow beim Üben zu beobachten, und fragte sich, ob Drizzt jemals wieder den Tanz der Waffen als eine Form des Spiels ansehen würde. Wie die Krummsäbel in seinen Händen schwangen! In gefährlicher Präzision miteinander verflochten, schien jede Klinge die Bewegungen der anderen vorauszuahnen, und sie wirbelten in perfekter Ergänzung umher.
Dieser junge Drow würde bald ein unbesiegbarer Kämpfer sein, ein fast genauso guter Meister wie Zaknafein selbst.
»Könnt Ihr überleben?« flüsterte Zak. »Habt Ihr das Herz eines Drowkriegers?« Zak hoffte, daß die Antwort ein nachdrückliches »Nein« sein würde, aber Drizzt war sicherlich so oder so zum Tode verurteilt.
Zak schaute wieder auf sein Schwert hinab und wußte, was er tun mußte. Er nahm das zweite Schwert aus der Scheide und ging entschlossen auf Drizzt zu.
Drizzt sah ihn kommen und wandte sich kampfbereit um. »Ein letzter Kampf, bevor ich zur Akademie gehe?« Er lachte.
Zak hielt inne, um Drizzts Lächeln zu betrachten. Eine Fassade? Oder hatte der junge Drow sich wirklich seine Tat ge-gen Mayas Favoriten verziehen? Es war nicht wichtig, wie sich Zak erinnerte. Auch wenn sich Drizzt von den von seiner Mutter verursachten Qualen erholt hatte, würde ihn die Akademie vernichten. Der Waffenmeister sagte nichts. Er griff nur mit einer Folge von Stößen und Schlägen an, die Drizzt sofort in die Defensive drängten. Drizzt bemerkte noch nicht, daß dieses letzte Gefecht mit seinem Mentor weit mehr war als ihr üblicher Übungskampf.
»Ich werde mich an alles erinnern, was Ihr mich gelehrt habt«, versprach Drizzt, wobei er einem Stoß auswich und selbst einen heftigen Gegenschlag anbrachte. »Ich werde meinen Namen in die Räume von Melee-Magthere einkerben und Euch Ehre machen.«
Das Stirnrunzeln auf Zaks Gesicht verwirrte Drizzt, und der junge Drow wurde noch unsicherer, als der Waffenmeister beim nächsten Angriff ein Schwert genau auf sein Herz richtete. Drizzt sprang zur Seite, hieb in purer Verzweiflung gegen die Klinge und konnte es nur knapp verhindern, durchbohrt zu werden.
»Seid Ihr Euch Eurer selbst so sicher?« grollte Zak und verfolgte Drizzt hartnäckig.
Drizzt verteidigte sich, während ihre Klingen in kampfwütigem Zorn aufeinandertrafen. »Ich bin ein Kämpfer«, erklärte er. »Ein Drowkrieger!«
»Ihr seid ein Tänzer!« entgegnete Zak spöttisch. Er schlug mit seinem Schwert so wild auf Drizzts zur Abwehr erhobenen Krummsäbel, daß der Arm des jungen Drow zitterte.
»Ein Schwindler!« rief Zak. »Ein Bewerber für einen Titel, dessen Bedeutung Ihr noch nicht einmal annähernd verstehen könnt!«
Drizzt ging in die Offensive über. Feuer brannte in seinen lavendelfarbenen Augen, und neue Kräfte führten die sicheren Stöße seiner Krummsäbel.
Aber Zak war unbarmherzig. Er wehrte die Angriffe ab und fuhr mit seiner Lektion fort. »Kennt Ihr die Gefühle des Mordens?« schrie er. »Habt Ihr Euch mit der Tat, die Ihr ausgeführt habt, ausgesöhnt?«
Drizzts einzige Antworten waren ein enttäuschtes Knurren und ein erneuter Angriff.
»Aha, Ihr wollt das Vergnügen haben, Euer Schwert in die Brust einer Hohepriesterin zu stoßen«, höhnte Zak. »Das Licht der Wärme ihren Körper verlassen sehen, während ihre Lippen Euch stumme Flüche entgegenschleudern! Oder habt Ihr jemals die Schreie sterbender Kinder gehört?«
Drizzt unterbrach seinen Angriff, aber Zak wollte keine Unterbrechung zulassen. Der Waffenmeister ging erneut in die Offensive, und jeder seiner Stöße zielte auf einen Lebensbereich.
»Wie laut solche Schreie sind«, fuhr Zak fort. »Sie hallen über die Jahrhunderte in Eurem Bewußtsein wider. Sie verfolgen Euch
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