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Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 1 - Der dritte Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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oder der Gruppe zu erlauben, sich zu beteiligen. »Und doch ist es das!« erwiderte er, womit er letztere Taktik wählte. »Wir glaubten, die Feenwesen seien unsere Freunde. Wir betrachteten sie als Teil unserer Familie! Wir konnten in unserer Unschuld nicht wissen, daß sie die Verkörperungen der Hinterlist und des Bösen waren. Wir konnten nicht wissen, daß sie uns plötzlich angreifen und fortjagen und unsere Kinder und die Ältesten unseres Volkes abschlachten würden!
    Ohne Gnade verfolgten uns die bösen Feenwesen über die Oberflächenwelt. Immer wieder baten wir um Frieden, und immer wieder wurde uns mit Schwertern und todbringenden Pfeilen geantwortet!« Er hielt inne, und sein Gesicht ve-zog sich zu einem breiten, bösartigen Grinsen. »Dann begegneten wir der Göttin!«
    »Gelobt sei Lloth!« erklang ein anonymer Ruf. Wieder ließ Hatch'net den vorwitzigen Zwischenruf unbestraft, denn er wußte, daß jeder bestärkende Kommentar sein Publikum nur tiefer in sein Netz der Rhetorik verstricken würde.
    »In der Tat«, erwiderte der Meister. »Alle preisen die Spinnenkömgin. Sie war es, die unser verwaistes Volk an ihre Seite nahm und uns beim Kampf gegen unsere Feinde half. Sie war es, die die ersten Oberinnen unseres Volkes in das Paradies des Unterreichs führte. Sie ist es...« brüllte er und streckte eine Faust in die Luft, »die uns nun die Kraft und die Magie gibt, es unseren Feinden heimzuzahlen!«
    »Wir sind die Drow!« schrie Hatch'net. »Ihr seid die Drow, die niemals wieder unterdrückt werden sollen, die die Herrscher ihres Begehrens sind, und die Eroberer des Landes, das zu bewohnen sie sich auserwählt haben!«
    »Die Oberfläche?« erklang eine Frage.
    »Die Oberfläche?« echote Hatch'net lachend. »Wer würde zu diesem schrecklichen Ort zurückkehren wollen? Laßt die Feenwesen ihn behalten! Laßt sie unter den Feuern des offenen Himmels brennen! Wir beanspruchen das Unterreich, wo wir den Schlag des Herzens der Welt unter unseren Füßen fühlen können und wo die Felsen der Wände die Hitze der Weltmacht auf weisen!«
    Drizzt saß still und saugte jedes Wort der oft geprobten Rede des talentierten Redners in sich auf. Drizzt war, wie alle anderen Schüler auch, in Hatch'nets hypnotischen Variationen der Tonveränderung und der spöttischen Schreie gefangen. Hatch'net war seit mehr als zwei Jahrhunderten Meister der Lore an der Akademie und besaß höheres Ansehen in Menzoberranzan als fast jeder andere männliche Drow und viele der Frauen. Die Oberinnen der herrschenden Familien wußten sehr wohl den Wert seiner Redegewandtheit zu schätzen.
    So ging es jeden Tag, ein endloser Strom von Haßreden gegen einen Feind, den keiner der Schüler je gesehen hatte. Die Oberflächenelfen waren nicht das einzige Ziel von Hatch'nets Attacken.
    Zwerge, Gnome, Menschen, Halblinge und alle anderen Oberflächenvölker - und auch unterirdische Völker wie die Duergarzwerge, mit denen der Drow oft Handel trieb und an dessen Seite er kämpfte -, jeder wurde auf unerfreuliche Weise in den Schimpfreden des Meisters bedacht.
    Drizzt begann zu verstehen, warum in dem ovalen Raum keine Waffen erlaubt waren. Jeden Tag, wenn er seinen Unterricht verließ, bemerkte er, daß er seine Hände zornig an die Seiten preßte und unbewußt nach einem Krummsäbelheft griff. Aus den alltäglichen Kämpfen zwischen den Schülern ging hervor, daß andere genauso empfanden. Immer aber waren der hauptsächliche Einfluß, der eine gewisse Kontrolle in allen Situationen gewährleistete, die Lügen des Meisters über die Schrecken der Außenwelt und den tröstenden Bund des gemeinsamen Erbes der Schüler - eines Erbes, das ihnen, wie die Schüler bald glauben sollten, genug Feinde zum Kampf bieten würde.
    Die endlos langen Stunden in dem ovalen Raum ließen den Schülern wenig Zeit, sich miteinander zu beschäftigen. Sie teilten gemeinsame Baracken, aber ihre umfassenden Pflichten außerhalb von Hatch'nets Unterrichtsstunden - den älteren Schülern und den Meistern zu dienen, Mahlzeiten vorzubereiten und das Gebäude zu reinigen - ließen ihnen kaum genug Zeit, sich auszuruhen. Am Ende der ersten Woche befanden sie sich am Rande der Erschöpfung, ein Umstand, wie Drizzt erkannte, der die aufregende Wirkung der Unterrichtsstunden des Meisters Hatch'net noch erhöhte.
    Drizzt nahm dieses Dasein gleichmütig an, denn er hielt es für bei weitem besser als die sechs Jahre, in denen er seiner Mutter und seiner Schwester als

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