Die Saga vom Dunkelelf 2 - Im Reich der Spinne
schwankte fast, überwältigt von der Bestätigung dessen, was er schon immer vermutet hatte, und noch mehr von der Erkenntnis, daß er nicht der einzige in seiner dunklen Welt war, der über die Denkungsart der Drow erzürnt war. Er war nicht allein.
»Warum?« fragte Drizzt und schob Zak auf Armeslänge von sich. »Warum seid Ihr geblieben?«
Zak sah ihn skeptisch an. »Wohin sollte ich gehen? Niemand, nicht einmal ein Waffenmeister der Drow, würde außerhalb der Höhlen des Unterreichs lange überleben. Zu viele Monster und andere Rassen hungern nach dem süßen Blut der Dunkelelfen.«
»Sicherlich hattet Ihr Möglichkeiten.«
»Die Oberfläche?« erwiderte Zak. »Das schmerzliche Inferno jeden Tages sehen? Nein, mein Sohn, ich bin gefangen, so wie Ihr gefangen seid.«
Drizzt hatte diese Feststellung befürchtet, hatte gefürchtet, daß er von seinem endlich gefundenen Vater keine Lösung für das Dilemma seines Lebens erwarten konnte. Vielleicht gab es keine Antworten.
»Ihr werdet in Menzoberranzan zurechtkommen«, sagte Zak, um ihn zu trösten. »Ihr seid stark, und die Oberin Malice wird einen geeigneten Platz für Eure Talente finden, was auch immer Euer Herz begehren mag.«
»Um ein Leben mit Meuchelmorden zu verbringen, so wie Ihr?« fragte Drizzt und versuchte vergeblich, den Zorn aus seinen Worten herauszuhalten.
»Welche Wahl haben wir?« fragte Zak, und seine Augen suchten den nichtssagenden Felsen des Bodens.
»Ich werde keine Drow töten«, erklärte Drizzt rundweg.
Zak sah ihn wieder an. »Ihr werdet«, versicherte er seinem Sohn. »In Menzoberranzan werdet Ihr töten, oder Ihr werdet getötet.« Drizzt sah fort, aber Zaks Worte verfolgten ihn. Er konnte sie nicht abwehren.
»Es gibt keinen anderen Weg«, fuhr der Waffenmeister sanft fort. »So ist unsere Welt. So ist unser Leben. Ihr seid dem so lange entkommen, aber Ihr werdet feststellen, daß sich Euer Glück bald wenden wird.« Er faßte Drizzt bestimmt unter das Kinn und zwang seinen Sohn, ihn direkt anzusehen.
»Ich wünschte, es wäre anders«, sagte Zak ehrlich, »aber es ist kein so schlechtes Leben. Ich beklage nicht Dunkelelfen zu töten. Ich betrachte ihren Tod als Rettung vor dieser bösen Existenz. Wenn sie sich so große Sorgen wegen ihrer Spinnenkönigin machen, dann laßt sie gehen und sie besuchen!«
Zaks zunehmendes Lächeln verschwand plötzlich. »Außer den Kindern«, flüsterte er. »Oft habe ich die Schreie sterbender Kinder gehört, obwohl ich, das schwöre ich Euch, niemals der Grund dafür war. Ich habe mich immer gefragt, ob sie auch böse sind, böse geboren werden. Oder ob das Gewicht unserer dunklen Welt sie so hinbiegt, daß sie in unsere verdorbene Denkungsart passen.«
»Die Denkungsart des Dämons Lloth«, stimmte Drizzt zu.
Viele Herzschläge lang schwiegen sie beide, und jeder wog für sich die Realitäten seines persönlichen Dilemmas ab. Zak sprach als erster, denn er war sich bereits vor langer Zeit über das Leben klar geworden, das ihm geboten wurde.
»Lloth«, kicherte er. »Sie ist eine verdorbene Königin. Ich würde alles geben für die Chance, einen Blick auf ihr widerwärtiges Gesicht zu werfen!«
»Ich glaube fast, daß Ihr das tatsächlich tun würdet«, flüsterte Drizzt und lächelte jetzt wieder.
Zak sprang von ihm zurück. »Das würde ich wirklich«, lachte er herzlich. »Genau wie Ihr!«
Drizzt warf seinen einzelnen Krummsäbel hoch in die Luft und ließ ihn sich zweimal überschlagen, bevor er ihn wieder am Heft auffing. »Das ist nur zu wahr!« schrie er. »Aber ich wollte nicht länger allein sein!«
Seeteufel des Unterreichs
Drizzt wanderte allein durch das Labyrinth Menzoberranzans, schlenderte an den Stalagmitenwällen vorbei und unter den drohenden Spitzen der großen Felsenspeere hindurch, die von der Decke der Höhle herabhingen. Die Oberin Malice hatte der ganzen Familie den Sonderbefehl erteilt, innerhalb des Hauses zu bleiben, denn sie fürchtete einen Anschlag durch das Haus Hun'ett. Zuviel war Drizzt an diesem Tag passiert, als daß er hätte gehorchen können. Er mußte nachdenken, und blasphemische Gedanken zu erwägen, wenn auch nur leise, konnte ihm in einem Haus voller nervöser Priesterinnen ernsthafte Schwierigkeiten einbringen.
Dies war jetzt die ruhige Stunde der Stadt. Das Hitzelicht des Narbondel erschöpfte sich in nur einem Funken am Fuße des Steins, und die meisten Drow schliefen gemütlich in ihren Häusern. Kurz nachdem er durch das
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