Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
hast Yrja mit deiner zynischen Werbung schrecklich verletzt, und als du ihr eines Tages gesagt hast, daß du sie des Nachts mit deinem Besuch beehren wolltest, saß sie im Waschzimmer und weinte vor lauter verzweifelter Angst, daß ihre Beine dir mißfallen könnten -und daß du begreifen könntest, wie sehr sie dich liebt. Vielen Dank, mein Sohn, danke für die Art, wie du nach dieser Nacht mit ihr umgegangen bist, und danke, daß du es ihr gerade jetzt gesagt hast.«
    Tarald starrte seine Mutter lange an. »Aber warum hat sie denn nichts gesagt?«
    »Ach, mein Junge«, seufzte Liv resigniert. »Manchmal frage ich mich langsam wirklich, ob du das Spatzenhirn deines Großvaters Jeppe Marsvin geerbt hast. Frauen sind schüchtern und stolz zugleich, auch die ungebildeten wie Yrja. Sie… Um Gottes willen! Junge!«
    Sie stürzten beide auf die Hauswand zu, wo Kolgrim sein Bestes tat, Selbstmord zu begehen, indem er über die hohe Grundmauer zu klettern versuchte.
    Tarald hob den Jungen herunter, der wütend protestierte, und überließ ihn dann der Obhut der Großmutter, während er selbst Yrja nachlief.
    Er fand sie im Schlafzimmer, wo sie damit beschäftigt war, die Tränenspuren zu beseitigen.
    »Geliebte Yrja, warum hast du nichts gesagt?« sagte er und nahm sie in seine Arme. »Mutter hat mir von deiner Liebe zu mir erzählt. Wieviel Zeit wir vergeudet haben!«
    Sie jubelte innerlich vor Glück. »Nein, wir haben keine Zeit vergeudet. Die späten Winteräpfel brauchen die meiste Zeit zum Reifen.«
    »Vergleichst du mich mit einem Winterapfel?« lachte er. »Na ja, etwas träge bin ich wohl, das muß ich zugeben. Vergib mir, Liebste, für allen Kummer, den ich dir in meiner Dummheit verursacht habe!«
    »Ich bin in der letzten Zeit sehr glücklich gewesen, das weißt du. Und jetzt kann ich dir endlich zeigen, wie sehr ich dich wirklich liebe. Nein, Tarald, laß mich!«, juchzte sie lachend. »Du hast ja den halben Acker an deinen Kleidern!« Unten im Garten rang Liv mit Kolgrim, der mit zunehmendem Alter immer größer und stärker geworden war. »Wirst du gefälligst auf der Erde bleiben, du kleiner…« Sie hielt es für das Beste, ihre Gedanken nicht laut auszusprechen.
    Dag kam von der Gemeinderatssitzung nach Hause geritten, und der Junge vergaß die Rauferei mit der Großmutter über der Möglichkeit, auf dem Pferd sitzen zu dürfen. Das durfte er.
    »Nun?« fragte Dag seine Frau beim Absteigen, »Irgend etwas vorgefallen?«
    »Ein Brief von Cecilie ist gekommen«, sagte Liv und versuchte, ihre Haare nach der Rangelei in Ordnung zu bringen. »Sie hat tatsächlich die Erlaubnis erhalten, Weihnachten nach Hause zu reisen und zwei Monate hierzubleiben.« »Na, das sind ja gute Neuigkeiten! Und wie geht es Yrja?« »Prima. Heute ist sie besonders glücklich, denn Tarald hat endlich erkannt, daß sie die Frau seines Lebens ist.«
    »Tja, der Junge war schon immer ziemlich schwer von Begriff.«
    Liv blickte hoch zu Kolgrim, der mit leuchtend gelben Augen das Pferd dazu zu bringen versuchte, im gestreckten Galopp den Weg hinunter zu jagen. Aber leider hielten Großvater und Großmutter es am Halfter fest. »Dag, ich mache mir ziemliche Sorgen.« »Wieso denn, nun ist doch alles in Ordnung!«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.« Zwischen den Zähnen hindurch murmelte sie: »Wie wird ein gewisser kleiner Herr wohl reagieren, wenn er eine Schwester oder einen Bruder bekommt, was meinst du?«
    Dag wurde nachdenklich. »Ja, da sagst du was! Wo er doch so auf die Mutter des neuen Kindes fixiert ist. Wir können nur das Beste hoffen.«
    »Das wird ganz schön schwierig, fürchte ich. Ich habe mich oft gefragt, ob wir Vater damals die richtige Antwort gegeben haben.«
    »Als er unsere Zustimmung wollte, kurzen Prozeß zu machen, meinst du?«, sagte Dag. »Als das neue Leben noch keine Stunde alt war. Ich muß zugeben, daß ich mir diese Frage auch schon oft gestellt habe. Aber ich glaube trotzdem, daß wir richtig entschieden haben. Aus christlicher Perspektive…«
    »Die christliche Perspektive zwingt Menschen oft dazu, zwei Übel gegeneinander abzuwägen. Man schont ein Leben - und verwendet dann sein ganzes eigenes Leben darauf, zu verhindern, daß dieses eine Wesen nicht anderen das Leben raubt.«
    »Ich glaube, jetzt überspitzt du die Sache«, sagte Dag, der noch frommer war als seine Frau. »Und wir lieben ihn doch, oder etwa nicht?«
    »Jetzt wirst du zu konkret«, warnte Liv. »Auch kleine Ohren hören gut! Aber du

Weitere Kostenlose Bücher