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Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Titel: Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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verurteilten Welt den Weg gebrochen habe. So empfand ich es damals. Wie von Gespenstern gepackt, wie ein übles Vorzeichen von Unheil, das mich ergriff, ich kann das Gefühl nicht erklären. Ich war damals zu Tode erschrocken, Cecilie. Später hat Kolgrim sich ja verändert.« »Hat er das?« sagte Cecilie leise.
    Tarjei senkte den Blick. »Ich bin lange nicht zu Hause gewesen. Ich habe nur gehört, wie glücklich alle über seine Veränderung sind. Und wir dürfen auch nicht vergessen, daß er nur ein kleines, unvernünftiges Kind ist. Wenn man das berücksichtigt, dann finde ich, sieht für ihn die Zukunft ganz vielversprechend aus. Ich muß jetzt nach Hause. Sofort. Ich muß zusehen, daß ich ihn auf den rechten Weg bringen kann. Ich bin gespannt auf ihn. Ach, Cecilie, es wird gut tun, wieder nach Hause zu kommen!«
    Sie raffte sich auf. »Ja, darüber wollte ich mit dir sprechen. Was sollen wir mit diesen Übungen machen?« Tarjei dachte nach. »Es schien wirklich so, als seist du damit auf einer richtigen Spur. Und mit der Kugel ist auch das schlimmste Hindernis beseitigt. Laß die Wunde in Ruhe verheilen! Und wenn sie nur noch eine Narbe ist, kannst du es wieder vorsichtig anfangen. Aber mit der Ruhe - ich weiß noch nicht, wie groß der Schaden ist, den die Kugel in den inneren Organen angerichtet hat.« Cecilie nickte.
    Ihr Vetter lächelte etwas schief und sah verträumt hinaus auf die gelblichen Bäume im Park. »Ich bin mir nicht ganz sicher, Cecilie, aber womöglich hast du eine epochale Entdeckung gemacht.«
    Sie errötete vor Überraschung und Freude. »Wie meinst du das?«
    »Vielleicht stoppte etwas die Kugel, ich weiß aber nicht, was. Das Blut, möglicherweise? Wir wissen über den menschlichen Körper so wenig, aber das Blut ist das Wichtigste. Es lenkt deine Glieder und deine Sinne, es enthält die eigentliche Lebenskraft. Ja, ich glaube die Kugel hat das Blut am Fließen gehindert. So, daß seine Beine abstarben. Ich glaube, du hast sie am Leben gehalten! Weshalb das Unglück nicht eintreten konnte.« »Du meinst, ich hielt einen kleinen Weg für das Blut offen?« »So ungefähr. Eine Art Kanal.«
    Tarjei war dem richtigen Gedanken auf der Spur - nur mit dem Irrtum, daß er den Blutkreislauf mit den Nerven verwechselte. Aber nur wenige, wenn überhaupt irgendein Heilkundiger damals, verfügten über so viel Wissen wie er.
    Und er hatte recht: Cecilie war es gelungen, die feinen Nervenstränge am Leben zu erhalten, die vom Gehirn in die Beine führten, und auf die die Kugel gedrückt hatte.
    Tarjeis Worte hatten sie unerhört stolz gemacht. Sie hatte etwas für ihren geliebten Alexander getan. Für ihren Mann, dem sie nie auf andere Weise nahe sein konnte, als indem sie ihm das Leben angenehm machte, ein guter und verständnisvoller Freund, immer zur Stelle war, wenn er ihre Hilfe brauchte, sich stets diskret zurückzog, wenn sie im Weg war.
    Dann war die Stunde des Abschieds gekommen. »Grüß zu Hause, Tarjei! Grüß Lindenallee und Grästensholm und sag, daß wir bald kommen, Alexander und ich.« Tarjei lächelte wehmütig. »Du bist eine unverbesserliche Optimistin, Cecilie. Aber ich werde deine Grüße übermitteln.«
    Sie ließen die Wunde in Ruhe heilen; keine weiteren Übungen.
    Alexander war wütend, daß er tagein, tagaus auf dem Bauch liegen mußte, und er war unangenehm ungeduldig, jedesmal wenn Cecilie - eigenhändig - den Verband wechselte. Erst viel später verstand sie seine Gereiztheit. Anfangs war die Wunde häßlich. Die Ränder waren rot und geschwollen, und sie eiterten die ganze Zeit ekelhaft, dann mußte so viel wie möglich davon weggewischt werden. Mitunter verspürte sie eine bedrückende Hoffnungslosigkeit. Die Wunde wollte nicht heilen, trotz aller Worte Tarjeis, und Alexanders Reizbarkeit machte sie traurig.
    Oft mußte sie hinausgehen, um zu weinen, nachdem sie ihn gepflegt hatte.
    Doch allmählich entdeckte sie, daß die Wunde im Umfang tatsächlich abgenommen hatte - ohne daß es ihr aufgefallen war. Nun konnte Alexander für kurze Zeit auf dem Rücken liegen, ein Umstand, für den er inständig dankbar war.
    Und eines Tages - es mochte wohl ein Monat seit dem Eingriff vergangen sein - rief er nach ihr. Die Stimme klang wie eine Jubelfanfare, fand sie. Sie eilte zu ihm ins Zimmer. Alexander lag brav auf dem Rücken, aber seine Augen funkelten. »Schau, Cecilie!« Er zeigte auf das Fußende. Die dünne Decke bewegte sich! Sie zog sie weg.
    Alexander wackelte

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