Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
daß wir etwas schmutzig machen.«
»Ich sehe, daß ihr sauber seid«, nickte Dag. »Macht euch keine Gedanken!«
»Herr Richter«, sagte Kaleb, als sie im Wagen saßen. »Kann man nicht etwas gegen diesen Hauber tun? Und gegen Nermarken? Damit sich das nicht wiederholt?«
»Da kannst du sicher sein! Aber das Problem, um das ich mich vor allen Dingen kümmern muß, sind die Kinder in den Gruben überall im Land. Glaubt mir, das war mir vollkommen unbekannt!«
Kaleb nickte. »Ich habe mir oft vorgestellt, wenn ich jemals heraus kommen sollte, dann wollte ich alles tun, um die Arbeitsbedingungen für die Kinder zu verbessern. Aber ich kann wohl nichts ausrichten, so ungebildet, wie ich bin.«
»Das kann man bestimmt ändern«, sagte Dag. »Nun war das hier ja ein besonders schlimmes Beispiel. Aber ich glaube, es gibt überall solche Menschen, die sich gegen Kinder versündigen. Doch die werden bald merken, mit wem sie es jetzt zu tun haben! Man fügt meinem Enkel kein zweites Mal ein Leid zu!«
»Aber wir müssen Olaves helfen, Großvater. Er hat mein Leben gerettet.«
»Das kann ich mir denken«, sagte Dag verbissen. »Nur um dich dann zu seinem eigenen Vorteil in die Grube zu schicken. Ich denke, dieser Lump soll mal schön selber sehen, wo er bleibt, mein lieber Mattias mit dem warmen Herzen!«
Kaleb lächelte ihm über den Kopf des Kleinen hinweg zu. Genau dieser Ansicht war er auch.
Auf Grästensholm hielt Kolgrim immer noch ein wachsames Auge auf Tarjei. Seit er den Fund auf dem Dachboden gemacht hatte, war er wie verwandelt. Seine Augen glühten vor unterdrückter Ungeduld. Irgendwann würde Tarjei doch einmal etwas von seinem großen Vorrat benötigen, von dessen Existenz Kolgrim überzeugt war. Aber es sah nicht so aus.
Tarjei hatte seine Abreise angekündigt. Kolgrim war verzweifelt. Alle möglichen wilden Ideen rasten durch seinen Kopf.
Und dann - vierzehn Tage vor Dags Reise nach Ringerike - hatte er eine Idee, auf die er schon vor vielen Jahren hätte kommen müssen.
Er war ja einer der Auserwählten des Eisvolks. Und bisher hatte er keinerlei Fähigkeiten in dieser Richtung gezeigt- nichts außer seiner ausgeklügelten Boshaftigkeit. Die Verdammten waren ja hellseherisch. Sie konnten zaubern, verhexen, sie hatten Macht über Menschen, sie beherrschten Gedankenübertragung…
Kolgrim wurde wütend. Warum hatte er nicht solche Fähigkeiten?
Dann überlegte er genauer. Hatte er eigentlich jemals versucht, es herauszufinden? Nein, das hatte er nicht. Schmollend hatte er nur herumgesessen und darauf gewartet, daß sie auftauchten.
Es wäre doch merkwürdig, wenn er nicht auch sowas könnte! Ich will den Schatz finden, dachte er. Aber wie?
Es gab niemanden, den er um Rat fragen konnte. Bisher hatten die Verdammten immer von anderen gelernt. Aber Kolgrim wie vor ihm Trond, hatte niemanden, zu dem er gehen konnte. Tengel hatte sich das Leben genommen, damit Kolgrim nicht von ihm lernen sollte.
Wenn ich bloß Zaubermittel hätte, dann könnte ich mit ihrer Hilfe… Was? Zaubermittel finden? Nein, jetzt dachte er im Kreis.
Aber wenn ich richtig fest an sie denke, dann kommen sie vielleicht ganz von selbst zu mir? Er beschloß, es zu versuchen.
Am Abend auf seinem Zimmer begann er mit aufgeregtem Herzen seinen ersten wirklichen Zauberversuch. Es bereitete ihm keinerlei Gewissensbisse, wenn er das leere Bett von Mattias an der anderen Wand sah. So was war unwesentlich.
Nachdem er die Tür einen Spalt geöffnet und alle Lichter gelöscht hatte, setzte er sich mit gebeugtem Rücken quer in sein Bett.
»Komm«, flüsterte er. »Komm, Schatz, komm!« Sein Blick war fest auf den Türspalt gerichtet. Als ob er erwartete, daß ein dunkler Schatten im Mondschein über den Fußboden käme. Der Schatz…
Seine Stimme bekam einen hypnotischen Klang. Eine ganze Stunde saß er so da und wiederholte immer dieselben Worte, wie ein kleiner Medizinmann aus der Urzeit, zusammengesunken und mit wildem Blick.
Einmal hatte irgendwo eine Tür geknarrt, und er war erstarrt. Aber mehr war nicht passiert.
Enttäuscht über die wenig kooperationswilligen Geister und die ganze verdammte Welt ging er zu Bett. Er bewegte sich unruhig im Schlaf. Er hörte jemanden flüstern. »Komm!«
Erst glaubte er, es sei das Echo seiner eigenen Beschwörungen, aber dann tauchte ein Gesicht auf.
Ein schelmisches, heiteres Gesicht, voller Lust, einem braven Verwandten einen Streich zu spielen. »Komm!« sagte eine Stimme.
Das war
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