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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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seine männliche Stimme war, und war unendlich traurig darüber, daß sie selbst so jämmerlich aussah - jetzt, wo sie ihn endlich wiedertraf.
    »Zieh dich an, dann reiten wir nach Hause. Ich habe Leonora Christina Bescheid gesagt.« »Aber… ich kann mich nicht bewegen.« Er zögerte. »Wo sind deine Kleider?«
    »Dort drüben im Schrank. Aber Eleonora Sofia braucht mich. Ich …«
    Er suchte alles zusammen, was ihr gehörte und legte es in eine kleine Truhe - oder war es nur ein Kästchen? Dann wickelte er sie in eine Decke.
    »Hoffe, Frau Leonora Christina verzeiht mir, aber die Decke nehme ich mit«, murmelte er.
    Er hob sie auf. »Du meine Güte, Mädchen, du wiegst ja gar nichts!«
    Mit zwei Fingern ergriff er ihr Reisekästchen und schaffte es gerade so eben, die Tür aufzukriegen. Jessica wurde es schwindlig, und sie lehnte den Kopf gegen seine Schulter, während er zur Haustür eilte. Aus ihren Wunden rann das Blut. Was würde er nur sagen?
    »Sie kommt wieder, wenn sie gesund ist«, rief er den überraschten Leuten zu, die sich in der Halle versammelt hatten.
    Es war ein kühler Frühlingsabend. Die Wachen mußten Tancred helfen, die halb bewußtlose Jessica aufs Pferd zu setzen. Sie waren sehr verständnisvoll und wickelten gemeinsam die Decke um das Mädchen, damit sie von Kopf bis Fuß zugedeckt war. Nur ihr Gesicht sah noch etwas hervor. Sie befestigten das Reisekästchen am Sattelriemen und verabschiedeten sich.
    Tancred verstand ziemlich schnell, daß er nicht so schnell vorankam, wie er es sich gewünscht hatte. Sie jammerte bei jeder Bewegung, und er war gezwungen, ruhig und langsam zu reiten.
    Es wäre besser gewesen, er hätte für sie einen Wagen mitgenommen, oder noch besser, er hätte sie überhaupt nicht aus dem Haus geholt. Mutter hatte da völlig recht gehabt.
    Aber jetzt war es nicht mehr zu ändern. Und nach Gabrielshus sollte sie auf jeden Fall!
    Nur dauerte der Weg dorthin so lange, jedenfalls in diesem Schneckentempo. Vielleicht sollten sie unterwegs anhalten. Konnte er das verantworten?
    Nein, er wollte nicht anhalten. Komme was da wolle. Jessica kam wieder zu Bewußtsein. Die Schmerzen in ihrem Körper waren fast nicht zu ertragen. Da Tancred seine Arme so fest um sie gelegt hatte, verschlimmerte die unbehagliche Körperhaltung die Pein in ihrem Rücken und den Schultern noch mehr. Aber der Kopfschmerz hatte bedeutend nachgelassen. Nun, es war ja später Nachmittag, und da fühlte sich der Kopf immer besser an. Nur in der Nacht… Ihr grauste bereits vor der nächsten.
    Verstohlen sah sie zu dem Fremden auf, der Tancred für sie war, ihr Freund, an den sie so oft gedacht, und den sie so sehr vermißt hatte. Jetzt war in dem kraftvollen Gesicht nicht mehr viel von dem Jüngling zu sehen. Jetzt würde sie es nicht mehr wagen, mit ihm zusammen zu lachen und zu spaßen, oder sentimental und romantisch zu sein. Sie konnte es kaum glauben, daß dieser Mann mit dem schmerzerfüllten, bitteren Gesicht einmal der erkältete Jüngling gewesen war, der ihr poetische Zettel geschrieben und sie Bolly genannt hatte. Dieser autoritäre Mann konnte niemals erkältet sein, meinte sie, dafür war er zu stark und selbstsicher.
    Oh nein, jetzt sickerte das Blut wieder durch. In den letzten Wochen hatte sie unregelmäßige Blutungen gehabt, die sie mehr erschreckt hatten als alle ihre anderen Plagen. Was sollte sie nur tun? Sie wollte lieber sterben, als diesem ihr so fremden Tancred etwas davon zu sagen.
    Sie stöhnte, und er hielt das Pferd an. Kopenhagen hatten sie schon lange hinter sich gelassen, und vor ihnen breiteten sich große Felder mit kleinen Gehölzen dazwischen aus. »Wie fühlst du dich?« fragte er freundlich.
    Sie brachte nur ein leichtes Wimmern hervor. »Vielen Dank für den Brief, flüsterte sie verlegen. »Oh, der! Hast du mir vergeben?« »Schon lange. Hast du mir vergeben?«
    »Das habe ich bereits auf dem Heimweg von Jütland getan. Aber ich konnte dich nicht finden. Mutter meinte, daß du mich nie wiedersehen wolltest, so wie ich mich benommen hatte. Damals war ich sehr jung und unreif, weißt du.«
    Dazu konnte sie nur schmerzlich lächeln. Ihr wurde wieder so entsetzlich schwindlig, daß sie gar nicht antworten konnte.
    Der Fremde, der seinen Griff fest um sie gelegt hatte, fuhr fort: »Ich meinte, wir hatten… einander einiges zu erklären, darum habe ich versucht, dich zu finden. Aber auf der anderen Seite war es ja auch möglich, daß du diese kleine Geschichte schon

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