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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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daß der ganze Körper mit häßlichen, nässenden Geschwüren bedeckt war. Voller Mitleid sah Tancred, daß sie völlig hilflos versucht hatte, die Wunden selbst zu verbinden. Ihr Gefühl von Einsamkeit und ihre Angst vor diesem Unfaßbaren konnte er nur versuchen, sich vorzustellen. »Du lieber Gott«, flüsterte er.
    Auf der Treppe waren die Schritte des Wirtes zu hören. Tancred legte ihr schnell wieder die Decke über. »Nun? Wie geht es ihr?« fragte der Wirt. »Ist sie wieder zu Bewußtsein gekommen?«
    »Nein, noch nicht. Sag mal, hast du zwei reine Laken für mich? Ich bezahle sie natürlich, denn ich werde sie zerreißen müssen. Sie hat ein paar Wunden…« Das war noch milde ausgedrückt, aber er wollte seine kleine, scheue »Molly« nicht verraten. Ach, er erinnerte sich an die Zeit, als sie noch Molly für ihn war. Wie schüchtern und taktvoll sie gewesen war. Jetzt wollte er es ihr mit Rücksicht vergelten.
    Während der Wirt die Laken holte, trocknete Tancred sich die Stirn ab.
    Wäre er jetzt nur zu Hause bei Mama Cecilie. Sie wußte immer Rat.
    Tancred wußte nur, daß er groß, stark und derb war. Dieser ungewöhnlichen Situation stand er völlig hilflos gegenüber.
    Im Hause Ulfeldt in Kopenhagen stand »Ella« und bereitete das Tablett, das in die Schlafräume gebracht werden sollte.
    Das Mädchen, das es immer nach oben brachte, sagte kurz: »Den Milchbecher für Fräulein Jessica kannst du dir sparen.«
    Oh nein, ist sie schon tot? dachte Ella. Das wäre doch zum…! Ich wollte ihr doch noch so viel sagen! Sie mit meinen Worten richtig quälen. War sie so hinfällig, daß sie noch nicht mal das Bißchen vertragen konnte, das ich ihr gegeben habe?
    »Warum will sie denn keine Milch?« fragte Ella unschuldig.
    »Weil sie nicht mehr hier ist. Ein stattlicher Ritter ist gekommen und mit ihr auf seinem Pferd davon geritten.« Das Mädchen kicherte. »Nein, jetzt spinnst du«, sagte »Ella«. »Nein, es ist wahr! Er hat alle ausgescholten, sogar Leonora Christina, weil sie sich nicht um die todkranke Jessica gekümmert haben.« »Und wer war der Ritter?«
    »Keine Ahnung. Er hat aber versprochen, sie wieder zurückzubringen, wenn sie gesund ist. Hoffentlich macht er das auch, denn die kleine Eleonora Sofia ist schrecklich unglücklich und traurig und fragt nach ihrem Kindermädchen. Aber weg ist sie. Du kannst die Milch heute selber trinken.« Sie zeigte auf den Milchbecher und ging.
    Kaum, dachte Ella. Sie ergriff den Milchbecher und ging damit hinaus. Draußen leerte sie ihn bis zum letzten Tropfen und spülte ihn dann gut aus.
    Wut und Enttäuschung ergriffen sie. Sie hatte nicht gewußt, daß Jessica einen Freund hatte. Wenn nicht…?
    Dieser vorlaute, hübsche Junge… Wie hieß der noch? Tancred? Ach, es war so lange her.
    Aber Jessica würde wiederkommen, hatte er gesagt. Das war gut. Ella wollte noch eine Weile hierbleiben, auch wenn die Arbeit unglaublich erniedrigend war. Jessica erlangte das Bewußtsein nur ganz langsam wieder. Die schmalen Bordüren an der Decke waren ihr so fremd. Das Fenster war so klein.
    Jemand stand über sie gebeugt, um sie zu waschen. Herrliches warmes Wasser, behutsame Hände… Sie erwachte völlig. Tancred!
    »Oh nein«, stöhnte sie, fand jedoch in ihrer Nähe nichts, womit sie sich bedecken konnte.
    »Schon gut, Jessica«, sagte er krächzend, »das muß gemacht werden. Seit wann hast du diese Geschwüre?«
    Sie seufzte unterdrückt vor Scham. »Erst war es nur ein leichter Ausschlag, der dann immer schlimmer geworden ist.« »Warum hast du denn nichts gesagt?«
    »Ich habe mich nicht getraut«, flüsterte sie.
    Typisch Jessica! Auch wenn die anderen noch so sehr auf ihr herumtrampelten, sie wollte niemanden mit ihren Problemen belästigen.
    »Ich habe ein Laken in lange Streifen gerissen«, sagte er, »und werde versuchen, die schlimmsten Wunden damit zu verbinden.«
    Sie merkte, daß er ihr eines Bein bereits verbunden hatte. Ein herrliches Gefühl.
    Tancred sah sehr verlegen drein. »Alles war…durchgeblutet«, sagte er gezwungen. »Ich habe… dich sauber angezogen.«
    Tränen liefen ihr herunter. »Danke«, antwortete sie halb erstickt.
    Tancred sah sie mit einem schnellen, mitleidigen Lächeln an und drehte sich dann um. »Ich wollte niemanden hinzuziehen. Vielleicht wäre es dir peinlich gewesen.« So, das dachte er! Männer! Die dachten immer falsch herum.
    Er hatte es sicher nur gut gemeint. Sie sagte nichts. Ließ ihn ganz einfach

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