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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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hier. Nein, wir haben nicht oft auf unseren Füßen gestanden. Trotzdem… wir sind schon seit zwei Jahren befreundet. Und so ein keusches Verhältnis habe ich noch nie erlebt!«
    Er beugte sich über sie und küßte sie auf die Stirn. »So! Jetzt habe ich dich kompromittiert.«
    Er legte sich zum Schlafen zurecht, ohne zu bedenken, daß sie dort lag und sich auf ihren mageren Wangen vor lauter Herzklopfen hektische, rote Flecken bildeten.

10. KAPITEL
    Tancred weckte sie früh am nächsten Morgen vor dem ersten Hahnenschrei. Er war bereits angezogen. »Wenn du bereit bist, reiten wir jetzt los«, flüsterte er. »Bezahlt hab ich schon, und Vater und Mutter sind gestern bestimmt lange aufgeblieben, um auf uns zu warten.«
    »Oh, die sind sicherlich beunruhigt. Natürlich bin ich bereit.«
    Das war sie so ganz und gar nicht. Sie konnte sich so eben die Decke dekorativ um den Körper legen, um das kleine, heimliche Häuschen aufzusuchen, um dann zum Pferd zu schwanken. Sie mußte sich anlehnen, so elend und schwindelig war ihr. Tancred konnte sie gerade noch auffangen.
    »Verrückt, daß du allein nach draußen gehst«, schimpfte er. »Du hättest mich um Hilfe bitten sollen.«
    »Irgendwo geht die Grenze«, murmelte sie, während sie von ihm aufs Pferd gesetzt wurde. Dort hing sie wie eine verwelkte Pflanze und hielt sich krampfhaft an der Mähne fest, bis er auf dem Sattel hinter ihr Platz genommen hatte.
    »Wie schön am Morgen alles ist«, sagte er poetisch. Jessica blinzelte mit den Augen und versuchte, das Schöne zu erkennen.
    »Nebel«, murmelte sie, »nur dichter Nebel.« »Das ist wohl kein… Mein Gott, Jessica, fall mir nicht vom Pferd.« Ein paar Stunden später ritten sie auf den Hof von Gabrielshus.
    Der alte Wilhelmsen erschien sofort. Tancred reichte ihm das Mädchen entgegen.
    »Seid vorsichtig! Sie ist leicht wie eine Feder, Ihr könnt sie sicher festhalten.«
    Er sprang schnell vom Pferd und nahm Jessica in die Arme, die jetzt ziemlich gefühllos was. Das fleckige Hosenbein versuchte er krampfhaft vor Wilhelmsen zu verbergen.
    Schnell ging er die Treppe hinauf und traf in der Halle auf seine Eltern.
    »Mutter, sie blutet«, murmelte er mit bleichen Lippen. »Du meine Güte, Tancred! Du hättest sie nicht nach draußen bringen sollen! Sie ist ja bewußtlos!«
    »In dem Haus hat sich ja niemand um sie. gekümmert«, antwortete er hitzig, während sie mit raschen Schritten zu Gabriellas Zimmer gingen, das Cecilie für Jessica hergerichtet hatte. »Warum hat es so lange gedauert?«
    »Wir mußten im Wirtshaus übernachten. Jessica konnte nicht mehr.«
    »Aber Tancred! Hast du das arme Kind an einen so schrecklichen Ort gebracht?«
    »Ich hatte keine andere Wahl. Wenn sie sich nicht hätte ausruhen können, wäre sie vielleicht gestorben. Aber ich habe die ganze Nacht über sie gewacht.« »Im selben Zimmer?«
    »Wie hätte ich sonst über sie wachen können? Mutter, das Ganze war so anständig, daß alle diese Frauenzimmer in Eurem Kirchenverein sich zu Tode gelangweilt hätten. Und wofür haltet Ihr mich eigentlich? Für ein Ungeheuer?«
    »Natürlich nicht, mein Junge. Außerdem bin ich nicht im Kirchenverein, das weißt du gut. So - leg' sie hier hin. Genau so. Und jetzt geh hinaus, während ich mich um sie kümmere«, sagte Cecilie bestimmt. Tancred zog sich zurück.
    Vor der Tür blieb er einen Augenblick stehen. In seinem Herzen, in dem sich in letzter Zeit soviel Schlechtes und Grausames ausgebreitet hatte, fühlte er jetzt etwas Zartes und Warmes.
    Am gleichen Morgen erwachte Jessica mit einem Gefühl von Freiheit.
    Erst verstand sie den Grund dafür nicht, merkte dann aber, daß die Kopfschmerzen nicht mehr so stark waren wie sonst. Zum ersten Mal seit vielen Wochen konnte die den Kopf bewegen, ohne daß es wie mit Messern hinter den Augen stach.
    Sie wußte es zwar nicht, aber es war ja auch seit Wochen das erste Mal, daß sie keinen Abendtrunk zu sich genommen hatte.
    Es war ein schönes Zimmer, in dem sie erwachte, so weiblich. Jugendlich. Jessica erriet, daß Tancreds Zwillingsschwester hier gewohnt hatte.
    Tancred! Der Gedanke an den nächtlichen Heimritt trieb ihr das Blut ins Gesicht. Ob er gemerkt hatte, wie entsetzlich sie blutete? O barmherziger Gott, laß ihn nichts gemerkt haben! Das wäre zu peinlich.
    Sie bewegte sich ganz vorsichtig und fühlte sofort, daß das Elend noch nicht zu Ende war. Aber das Ziehen in der Bauchgegend war nicht mehr ganz so grausam, und der Schmerz in den

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