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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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hatte Wald gerodet und Steine vom Acker geschleppt. Von Tarald hatte er als Lohn für seine Dienste ein Kuhkalb und ein Fohlen bekommen, die nun beide ausgewachsen waren und gute Dienste leisteten. Die Kuh hatte im Laufe der Zeit sogar drei Kälber bekommen, Färsen allesamt, so daß es Jesper richtig gut ging. Aber geheiratet hatte er bisher nicht.
    Am Nachmittag bekam der kleine Waldbauernhof unerwartet großen Besuch: Andreas, Brand, Kaleb und Mattias.
    Jesper war draußen beim Pflügen und winkte ihnen erfreut zu. Bei Andreas kamen unbehagliche Erinnerungen hoch, als er sah, wie der Pflug sich durch den Boden brach. Fast hätte er dem Bauern zugerufen: »Nimm dich in acht vor Leichen!«
    »Brand, alter Freund!« rief Jesper und kam auf sie zu. »Und deinen Jungen hast du dabei. Und den Doktor. Und Herr Kaleb ist auch da! Jesses!«
    Andreas zuckte bei »deinen Jungen« ein wenig zusammen.
    »Sieh an, wie grau du geworden bist, Brand«, sagte Jesper wenig taktvoll, ohne zu überlegen, daß die Jahre bei ihm selbst wohl nicht weniger deutliche Spuren hinterlassen hatten.
    Er bat sie in die Stube hinein, die unverkennbar nach Junggeselle aussah - und roch. Andreas verspürte unbändige Lust, sich eine Mistforke zu nehmen… »Du solltest dir eine Frau zulegen, Jesper.«
    »Nee, dann kann ich mich doch nicht mehr mit den Mädels treffen, das geht nicht!«
    Sie räumten sich notdürftig ein paar Sitzgelegenheiten frei, indem sie Kleidung und anderes Zeug zur Seite schoben, und rückten mit ihrem Anliegen heraus. »Jesper, hast du schon gehört, was Andreas gestern gefunden hat?«
    Treublaue Augen blickten ihn offen unter dem weißen Haarschopf hervor an. »Nein, was denn?«
    »Vier getötete Frauen, vergraben in dem kleinen Wiesenstück, das unterhalb deines Ackers liegt«, sagte Andreas. »Der Vogt wird bald hier eintreffen und dich fragen, ob du etwas damit zu tun hast. Weißt du etwas darüber?«
    Jesper starrte sie zuerst nur mit offenem Mund an, dann brach es beleidigt aus ihm heraus: »Was ist los? Ich soll irgendwelche Frauen umgebracht haben? Warum sollte ich so etwas tun?«
    »Nun, der Vogt könnte auf den Gedanken kommen, daß du deinen Willen nicht gekriegt hast und wütend wurdest.«
    Jesper schnaubte voll grenzenloser Verachtung. »Ich meinen Willen nicht gekriegt? Ich brauche keine Frau zu zwingen, Gott ist mein Zeuge, das hatte ich noch nie nötig!«
    »Nun ja«, sagte Brand besänftigend. »Du bist vielleicht nicht mehr ganz so unwiderstehlich, wie du einmal warst.«
    Tatsächlich war nicht mehr viel übrig von Jespers ehemaligem Charme. Es schien, als schneide er sich seinen Bart mit einer Baumschere, denn die Barthaare waren alle unterschiedlich lang. Ein paar Zähne hatten sich von ihrem Besitzer verabschiedet, und den Kleidern hätte eine Wäsche weiß Gott auch nicht geschadet. Sein verlegenes Lachen deutete darauf hin, daß ihm das alles bewußt war. »Na ja, die Mädels kommen nicht mehr so stürmisch angelaufen wir früher, das stimmt schon. Aber eine umbringen, nein, sowas mache ich nicht! So einer bin ich nicht!«
    »Nein, wir wissen das. Aber der Vogt ist dumm. So einer wie der hat eine bestimmte Vorstellung, und dann biegt er sich alles so zurecht, daß es in seine Vorstellung paßt. Gib ihm keine Möglichkeit, sich an dir festzubeißen, Jesper«, sagte Kaleb. »Ich kenne mich ganz gut mit Recht und Gesetzen aus, und ich werde zusehen, daß er dir kein Unrecht tut. Du kannst verlangen, erst mit mir zu sprechen, bevor er dich verhört. Das kann er dir nicht verweigern.«
    Jesper wollte ihnen etwas zu essen anbieten, aber sie lehnten hastig ab - sie hätten gerade erst gegessen, versicherten sie. Und das stimmte ja auch.
    Als sie aufbrachen, wiederholte Brand seine Aufforderung an Jesper.
    »Du solltest wirklich heiraten, alter Junge. Denk nur an all die älteren Jungfern, all die Witwen, die sich so sehr nach einem Mann sehnen, den sie versorgen können.«
    »Vertrocknete Jungfern und Witwen? Bist du noch klug? Die will ich nicht, ich will sie jung und frisch!« »Und wenn die jungen Mädchen auch so denken? Du bist keine Zwanzig mehr, mein Lieber. Und die reiferen Frauen sind viel besser, versuch es nur mal!«
    Jesper blickte sich resigniert in seiner Stube um. »Vielleicht gar kein schlechter Gedanke. Ich muß sowieso damit aufhören, den jungen Mägden die Türen einzurennen. Es gibt jetzt so viele junge Kerle, richtig gutaussehende Burschen knapp um die Zwanzig, die keine Ahnung haben,

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