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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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mütterlicherseits.« »Aha.«
    Mikael fand es eigentlich schön, daß ihr kein Schloß in Südfrankreich gehörte. Das wäre nur noch eine weitere Belastung gewesen.
    Manchmal fragte er sich, ob er nicht ein Faulpelz sei. Nein, eigentlich wohl nicht. Der Grund für seine Teilnahmslosigkeit lag anderswo. Es war so eine innerliche Trauer.
    »Aber die Witwe des Reichsmarschalls, Ebba Brahe? Und alle seine Kinder? Haben die dich nicht unterstützt?« »Nein, die haben alle ihr eigenes Leben. Nur Onkel Jacob hat sich um mich gekümmert.«
    »Und jetzt ist es meine Aufgabe«, sagte Mikael mit einer gewissen Verwunderung. Irgendwie war ihm das noch gar nicht bewußt geworden. »Ja«, antwortete sie und knickste vor ihm.
    Es rührte ihn, gleichzeitig stürzte es ihn aber auch in Verlegenheit. Erschreckte es ihn? Anette könnte für einen Siebzehnjährigen schon zu einer schweren Belastung werden. Sie wirkte anspruchsvoll, launisch und daran gewöhnt, bedient zu werden.
    »Würdest du… mir die Ehre erweisen und von deinem Leben erzählen?« fragte sie ihn in einem Ton, der wirklich nett geklungen hätte, wäre am Schluß nicht dieses verlegene Kichern gewesen.
    Mikael ließ sich nichts anmerken. »Doch, das kann ich.« So erzählte er von seiner Herkunft und seiner chaotischen Kindheit auf Löwenstein bei Marca Christianas Eltern. Vom Dreißigjährigen Krieg und ihrem entsetzlichen Alltag. Wie er und Marca Christiana von einem zum anderen geschoben worden waren, bevor sie bei Reichsmarschall Oxenstierna ein neues Zuhause fanden. Von Marca Christianas Hochzeit mit dessen Sohn Gabriel… »Sie muß dir immer treu zur Seite gestanden haben«, stellte Anette fest.
    »Marca Christiana ist eine einmalige Frau«, gab er zu. »Ohne sie wäre ich verloren gewesen.«
    »So langsam verstehe ich, warum du dich so entwurzelt fühlst«, sagte Anette nachdenklich. »Ein merkwürdiges Gefühl«, fügte sie impulsiv hinzu. »Ich meine, so richtig mit jemandem zu sprechen. Eine eigene Meinung zu äußern. Du hattest schon recht, bis jetzt haben sich meine Gespräche nur um Klatsch und Tratsch gedreht. Jetzt kann ich ganz andere Gespräche führen… tiefsinnige.« Na ja, dachte Mikael, ein Abtauchen in die Tiefe der Seele ist das ja nicht gerade gewesen. Aber es war immerhin schon etwas, und sie kamen einander näher. Und das war schließlich die Hauptsache.
    Aber noch immer sah er in ihr nicht seine Ehefrau! Bei dem Gedanken, daß sie es tatsächlich war, wurde ihm ganz schwindlig. War in seiner Vorstellung die Ehe doch mit einem Gefühl inniger Zusammengehörigkeit und Zärtlichkeit verbunden, einem Gefühl so stark, daß es ihn fast erwürgte.
    Plötzlich fühlte er sich von festen, unsichtbaren Fesseln gebunden, die er nie wieder würde lösen können. Ihn streifte der entsetzliche Gedanke, daß sie es auf genau dieselbe Weise empfinden mußte.
    Sie waren zu verschieden. Niemals würden sie einander näherkommen.
    Und heute Nacht mußte er sie in die Arme nehmen - dieser Gedanke war nicht auszuhalten. Sie war ein süßes Mädchen, aber ach, so fremd!
    Sicher, sie konnten die ganze Nacht aufbleiben, und kurz darauf mußte er ja abreisen und würde auf unbestimmte Zeit fortbleiben. Auch wenn es für sie im ersten Augenblick eine Erleichterung wäre, würde die Schande, daß ihr Mann sie in der Hochzeitsnacht verschmäht hatte, doch für alle Zukunft an ihr zehren. Das war zu grausam, so etwas tat man einfach nicht! Er holte tief Luft. »Vielleicht sollten wir jetzt ins Bett gehen?« Sofort schoß ihr die Röte ins Gesicht. »Ja. Natürlich.«
    Er hatte den Eindruck, als wollten ihr die Tränen kommen. Schnell ging er zu ihr und nahm ihr Gesicht in die Hände. So aufmunternd wie möglich lächelte er sie an, aber nie zuvor in seinem Leben hat er ein so zitterndes Lächeln zustande gebracht.
    »Ich gehe hinaus, während du dich ausziehst«, sagte er, »vielleicht möchtest du das Licht ausmachen, wenn du fertig bist?«
    Sie nickte ausdauernd. Sieh mich nicht so an, als sei ich der Scharfrichter, dachte er. Dann verließ er das Zimmer. Anette stand einem Augenblick ganz still da und preßte die Hände verkrampft zusammen, damit ihre Nerven sich beruhigten. Dann war all' sein schönes Gerede doch nur Blendwerk und Maskerade, dachte sie. Jetzt kommt sein wirkliches Ich zum Vorschein. Das blutdürstige Biest, das sich auf sie werfen würde, um … ja, was zu tun? Anette wußte es nicht genau. Die drastischen Schilderungen ihrer Mutter über das

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