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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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drinnen saß? Nein, sie konnte es nicht beschreiben.
    Mikael fühlte sich beobachtet. Er sah hinüber zu Dominic und begegnete seinem Blick. Der Junge schlug schnell die Augen nieder, aber Mikael hatte das schüchterne und doch glückliche Lächeln des Kleinen wohl bemerkt. Er mag mich ja, dachte er überrascht. Mein Sohn mag mich!
    Obwohl ich nie auch nur das geringste getan habe, um seine Liebe zu verdienen. Es rührte ihn mehr, als daß er es verstand.
    Ein paar Tage später war er kräftig genug, um sich den Garten anzusehen. Troll umkreiste die kleine ungleichartige Familie, und Anette erzählte, daß ihr die Bepflanzung einfach nicht richtig gelingen wollte.
    »Ich kann mich ja mal darum kümmern«, sagte Mikael. »Ich habe lange genug untätig rumgelegen. Es wird Zeit, daß ich mal etwas tue.«
    »Hört sich ja an, als wenn du wieder frisch und munter bist«, sie lächelte. »Aber warte sicherheitshalber lieber noch zwei Tage.« Er versprach es, denn mehr als den kleinen Spaziergang um das Haus schaffte er an diesem Tag auch nicht. Erschöpft ging er wieder ins Bett. Als er erwachte, dämmerte es bereits. Unten im Salon waren Stimmen zu hören, aber er blieb noch liegen. Seit fast zwei Wochen war er jetzt zu Hause und fiel allen zur Last. Seiner Familie war er auch nicht viel näher gekommen. Noch immer empfand er diesen Schleier, der ihn von der menschlichen Gemeinschaft trennte. Ich muß einen Ausweg aus dieser Isolation finden, dachte er. Aber wie? Eigentlich gab es für ihn nur einen einzigen Weg, den er gehen konnte.
    Resolut stand er auf und ging hinunter in den Salon. Ein Besucher war da, ein Mann, der sich bei Mikaels Eintreten gerade verabschieden wollte. Anette stellte ihn merkwürdig verwirrt vor.
    »Henri ist auf dem Weg nach Frankreich und bleibt einige Zeit dort«, erklärte sie deutlich betrübt.
    So, das ist also Henri, dachte Mikael und sah den eleganten Franzosen mit den zarten Händen, die er bei der Begrüßung fast zerdrückt hätte, an. Er sieht ja sympathisch aus - aber ich habe bestimmt nichts mit ihm gemeinsam. Gut daß er jetzt geht, anscheinend spricht er nur Französisch, und das kann ich nicht.
    Nachdem Anette sich ganz aufgeregt wieder gesetzt hatte, sagte Mikael:
    »Ich werde wegfahren, Anette. Nach Norwegen.« »Nach Norwegen?« Sie war völlig verblüfft. »Aber das kannst du nicht! Es ist Krieg.«
    »Ach, es ist immer Krieg, mehr oder weniger.«
    »Ja, nur wird es jetzt schlimmer werden. Henri erzählte, daß der dänische König Frederik sehr bekümmert über Karl X. Gustavs Vormarsch in Polen ist. Die Verteidigungslinien an der Grenze zwischen Schweden und Norwegen sind verstärkt worden.«
    Mikael stöhnte. »Was soll eigentlich diese ganze Kriegerei?
    Gewalt ist doch nur eine Bankrotterklärung des Intellekts. Ich will niemanden zum Feind haben.«
    »Aber ist es nicht großartig, wenn Schweden an Ehre gewinnt?« Er schnaubte nur.
    Zwei Wochen später stellte auch Mikael fest, daß sein Sohn kein gewöhnlicher Junge war.
    Ein Weidenbusch hatte sich am falschen Platz ausgebreitet. Mikael hockte davor und versuchte, ihn herauszuziehen. Wenn ich nur das Brecheisen hätte, dachte Mikael. Aber ich hab es irgendwo verlegt.
    Da sagte Dominic. »Das liegt unter der Veranda. Soll ich es holen?«
    »Nein, das ist zu schwer für dich. Ich gehe sei…« Er schwieg. Sah den Jungen völlig verblüfft an. Und plötzlich ging ihm auf, das dies nicht das erste Mal war. Viele Male hatte der Kleine hier draußen mit Werkzeug gestanden, oder drinnen bei Tisch mit einem Teller, bevor er, Mikael, seinen Gedanken ausgesprochen hatte. »Dominic?« flüsterte er mit bleichen Lippen. »Dominic, kannst du meine Gedanken lesen?«
    Der Kleine sah verlegen drein. »Ich weiß es nicht, Vater. Ich verstehe nicht richtig.«
    Zum ersten Mal nahm Mikael seinen Sohn in die Arme und zog ihn fest an sich. Ein verzweifelter Seufzer kam über seine Lippen.
    »Mein Sohn, mein Sohn, was soll nur aus uns beiden werden?« flüsterte er. »Wir haben Gaben, die wir selber nicht verstehen. O Gott, hilf uns!«
    Er fühlte die kleinen Hände, die sich zart um seinen Hals legten. »Ihr dürft Euch nicht so einsam fühlen, Vater. Wir sind beide froh, daß Ihr hier seid, Mutter und ich.« »Woher weißt du, daß ich mich einsam fühle?« »In mir drinnen ist es auch so einsam, wenn Ihr in meiner Nähe seid.«
    Angst ergriff Mikael, aber er beherrschte sich. »Danke, Dominic, danke für deine Zuneigung. Ich habe dich auch

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