Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame
vorbeiritt.
An dem Abend waren alle auf Lindenallee versammelt, und das hatte besondere Gründe.
»Cecilie und Alexander werden bald hier sein«, sagte Liv leise.
Brand nickte. Sein Gesicht wirkte ganz vergrämt. »Wie konnte das nur passieren?« flüsterte er. »Das habe ich mich schon tausendmal gefragt.«
»Niemand hat Schuld daran«, sagte Yrja. Ihr Gesicht wirkte um Jahre gealtert. »So etwas passiert eben.« Hilde, die mit dem Gesicht zur Tür saß, runzelte die Stirn und erhob sich. Die anderen folgten ihrem Blick. Zwei Menschen hatten den Raum betreten. Ein junger Mann mit einem kleinen Jungen. »Tancred?« fragte Andreas.
»Nein«, sagte Gabriella. »Das ist nicht mein Bruder. Aber du lieber Gott, wie sehr er ihm ähnelt!«
Nicht weniger bestürzt waren sie alle, als sie den Kleinen erblickten.
Klar und deutlich war Livs Flüstern im Raum zu hören: »Mein Gott, das muß doch… Bist du Mikael? Tarjeis Sohn?«
Endlich sprach der elegante, aber abgekämpfte und hohläugige Mann. »Ja. Ich bin Mikael Lind vom Eisvolk. Und dies ist mein Sohn Dominic.«
Im Zimmer war es einen Augenblick totenstill. Ein Flüstern war zu hören:
»Der Herr hat's genommen, der Herr hat's gegeben… « »Mikael! Sohn meines Bruders! Willkommen alle beide! Kein Mensch auf Erden könnte jetzt mehr willkommen sein!«
Es entstand ein wildes Durcheinander von Grüßen, Fragen, Tränen und Gelächter.
Zum Schluß übertönte eine Stimme das ganze. Mattias'. »Mikael setz dich! Und mach Platz für Dominic, Irmelin. Jetzt sollt ihr hören, wer wir sind, damit Ordnung in die Sache kommt. Erst eure allernächste Familie. Der große Bär mit dem graumelierten Haar hier ist Brand, der Bruder deines Vaters. Dieser Schlingel, der ihm so ähnlich sieht, ist sein Sohn, dein Vetter Andreas. Und das kleine Täubchen an seiner Seite ist Andreas' Frau Eli. Die beiden haben einen Sohn, der gerade in der Küche ist und Kuchen nascht, wie immer. Er heißt Niklas. Dann haben wir den anderen Teil der Familie, der auf Grästensholm lebt. Ihr habt Grästensholm gesehen, nicht wahr?« »Ja, den Herrensitz nebenan.«
»Genau. Dort regiert Brands Tante, Liv von Meiden, die respekteinflößende Dame, die ihr hier seht.«
Mikael verbeugte sich vor der feinen alten Dame. Dominic tat es ihm nach.
»Das hier ist ihre Schwiegertochter, Yrja Meiden. Ist das schon zu verwickelt?« »Nein, noch können wir folgen.«
»Und ich bin Mattias, Yrjas Lümmel von Sohn. Dies ist meine Frau Hilde, und das kräftige Mädchen auf dem Sofa ist unsere Tochter Irmelin.«
Mikaels Blick glitt hinüber zu den zwei letzten, die noch nicht vorgestellt worden waren.
Mattias erklärte: »Meine Großmutter Liv hat eine Tochter, die in Dänemark lebt, Cecilie. Und deren Mann, Alexander Paladin.
Mikael runzelte die Augenbrauen. »Ich glaube, die habe ich einmal getroffen.«
»Das stimmt. Auf Löwenstein. Aber da warst du erst drei Jahre alt. Gabriella hier ist ihre Tochter. Und Kaleb ist ihr Mann. Sie wohnen hier in der Nähe auf Elistrand. Zusammen haben sie eine Tochter, Villemo, die gerade zusammen mit Niklas die Keksdose plündert. Nur unsere Tochter Irmelin ist gehorsam und macht so etwas nicht. Wahrscheinlich weil sie zuviel zu Mittag gegessen hat.« »Das ist ja eine Riesenfamilie«, sagte Mikael ganz erschüttert.
»Aber das sind noch nicht alle. Cecilie und Alexander haben auch einen Sohn. Gabriellas Zwillingsbruder Tancred.« »Ja, den kenne ich.«
»Das hat er erzählt, ja. Er ist mit Jessica verheiratet und hat zwei Kinder, Lene und Tristan. Die können jeden Tag hier eintreffen, vielleicht schon morgen.«
»Darauf freue ich mich.«
Liv und viele von den anderen hatten die ganze Zeit über Dominic verwundert beobachtet.
»Irmelin«, sagte sie leise, »geh in die Küche und hole Niklas und Villemo.«
Das Mädchen lief hinaus und kam sofort mit zwei ungefähr fünf Jahre alten Kindern zurück.
Mikael sah sie an und riß vor Überraschung ganz weit die Augen auf. »Was um alles in der Welt. . ?«
»Ja«, sagte Liv. »Wir fanden es ganz ungewöhnlich, daß beide, Niklas und Villemo, gelbe Augen haben. Das ist ein Familienerbe, von dem noch nie vorher so viele in einer Generation betroffen waren. Es gab noch ein Kind, Villemos ältere Schwester, die bei der Geburt gestorben ist. Und jetzt kommst du mit noch einem. Was bedeutet das nur?«
»Ich verstehe das alles gar nicht«, sagte Mikael. »Wir werden dir später alles erklären, wenn wieder Ruhe eingekehrt
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