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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Onkel Brand. »Machst du das? Das wird ihn freuen. Niklas kann bei Dominic schlafen, damit der Junge nicht alleine ist.« Mikael lächelte. »Die beiden werden schon nichts dagegen haben.«
    In der sonst so stillen Nacht lauschte Mikael den rasselnden Atemzügen seines Großvaters. Are spürte seine Nähe wohl, aber sprechen konnte er nicht mehr mit ihm. Ab und zu öffnete er die Augen und blickte den Enkel vertrauensvoll und glücklich an.
    Schlafen wollte Mikael nicht. Er hörte die Uhr in der Halle eine Stunde nach der anderen schlagen.
    Schlief Großvater Are, oder war er bewußtlos? Mikael wußte es nicht. Er spürte, wie ihn der Neid erfaßte. Großvater war glücklich, hatte den Frieden gefunden, der Mikael nie vergönnt war.
    Merkwürdiger Gedanke! Woher kam der nur? Es war eigentlich mehr Trauer, die ihn jetzt bedrückte, so eine Art von Wehmut.
    Merkwürdige Gefühle stiegen in dieser Nacht in ihm auf. Die Angst kam schleichend.
    »Nein«, flüsterte Mikael. »Nicht jetzt! Ich ertrage es nicht mehr!«
    Er wußte, daß das Ende der Verfolgung bevorstand. Wußte, daß er nicht länger widerstehen konnte. Dominic…Mein Sohn Dominic! Verzweifelt klammerte er sich an den Namen des geliebten Sohnes.
    An Anette zu denken war zwecklos. Sie befand sich in jeder Beziehung außerhalb seiner Reichweite. Aber der Sohn…
    Dominic braucht mich. Ich brauche ihn. Ich liebe ihn doch, ist das nicht genug, um zu…
    Aber es half nicht. Nichts konnte ihn länger zurückhalten. Er war am Ende seiner Via Dolorosa angelangt, dem Weg der Schmerzen und Leiden.
    Da war sie, die große Finsternis. Mikael stürzte ins Wohnzimmer, um den Großvater nicht zu stören. Jetzt war sie unendlich, die Finsternis, erfüllte die ganze Leere um ihn herum.
    Da war auch das Unbekannte. Jetzt konnte er es sehen. So verlockend und fordernd… verlockend und fordernd… Mikael sank auf die Knie, konnte sich nicht mehr aufrecht halten, so stark war der Anfall. Dominic…
    Wer war Dominic? Ein Name, ein Wort ohne Bedeutung. »Es« bedeutete alles. Alles, wonach er sich sehnte. Nur langsam verschwanden Nebel und Finsternis. Eine wunderschöne Landschaft voller glänzender Farben und klingender Musik umgab ihn. So wunderschön, daß sie ihm den Atem raubte.
    In seinem Zimmer war Dominic erwacht und versuchte, sein Weinen zu unterdrücken.
    In Vaters Bett lag Niklas. Wie gut, daß er bei ihm war. Sie hatten einen lustigen Abend gehabt, die beiden, und viele Stunden flüsternd wach gelegen.
    Aber jetzt war Dominic ganz ratlos und verzweifelt. Ich müßte bei Vater sein. Er braucht mich, darf nicht allein bleiben, das macht ihn so betrübt. Vater soll nicht traurig sein, das ist nicht gut für ihn. Ich weiß nicht warum, aber es ist nicht gut.
    Aber sein Großvater ist ja bei ihm. Da ist er nicht ganz alleine. Aber Vater kommt ohne mich nicht zurecht. Ich weiß nicht, was ist, aber in mir fühle ich so eine Leere, so ein merkwürdiges ziehen. Genau so ein Gefühl, als wenn man Angst hat. Vater. Lieber Vater! Warum darf ich nicht zu ihm gehen?
    Mikael erwachte auf dem Fußboden, völlig erschöpft, ohne sich bewegen zu können.
    Lange blieb er so liegen, bis er sich mühsam erhob.
    »Es« hatte gewonnen. Der Kampf war vorüber. Er wußte, was er zu tun hatte. Nur eins trennte ihn von dem Wunderbaren.
    Aus seiner Tasche holte er ein Pulver. Lange hatte es dort gelegen, ohne daß er zugegeben hätte, davon zu wissen. Für ihn gab es das Pulver irgendwie nicht. Aber als seine Hände es einmal nicht durch den Stoff gespürt hatten, war er von Panik ergriffen worden. Hinterher, nachdem er es wiedergefunden hatte, war er so erleichtert gewesen, daß ihm die Knie gezittert hatten.
    Jetzt nahm er es heraus, holte sich Wasser aus der Küche und spülte es hinunter.
    Endlich! Endlich war es getan. Mikael schloß die Augen und atmete langsam aus. Tiefer Friede senkte sich über ihn.
    Dominic? Der Name war ihm fremd, er kannte niemanden, der so hieß. Nicht in seiner Welt.
    Leise ging er hinein zum Großvater und legte sich in dem breiten Doppelbett neben ihn.
    Are erwachte kurz. Mikael nahm seine Hand und behielt sie in seiner. Da beruhigte sich der alte Mann wieder. Nach all diesen Jahren des Sehnens war sein geliebter Enkel jetzt ganz nah bei ihm.
    Nach einer Weile hörte Mikael im Halbschlaf von draußen ein knackendes Geräusch und gleich darauf ein gewaltiges Krachen.
    Dominic, der in seinem Zimmer wieder eingeschlafen war, zuckte zusammen und erwachte. Auch er

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