Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame
hatte es vernommen.
Das wird die hinfällige Linde in der Allee gewesen sein, dachte der Junge und schlief wieder ein.
13. Kapitel
Am nächsten Morgen fanden sie die beiden friedlich Hand in Hand im Bett liegend, den alten Patriarchen und seinen so lange herbeigesehnten Enkel. Mikael, Tarjeis Sohn.
Andreas setzte Dominic vor sich aufs Pferd und ritt in wildem Galopp nach Grästensholm. Dort überließ er den völlig erregten Jungen der Obhut eines Dienstmädchens, wobei er Dominic mitteilte, daß sein Vater ernsthaft erkrankt sei, er sich aber keine Sorgen zu machen brauche. Andreas fühlte sich ziemlich schäbig bei seinen Worten, konnte so schnell aber keine andere Ausrede erfinden. Er nahm nur Mattias und Cecilie mit zu seinem Hof, die anderen sollten nachkommen.
Die Paladins wohnten während ihres Besuches eigentlich auf Elistrand, aber im Augenblick hielten sie sich gerade oben bei Liv auf.
Mattias untersuchte die beiden in dem großen Bett. »Onkel Are ist tot.«
»Das wissen wir«, sagte Brand. »Die Linde ist umgefallen. Und Mikael?«
»Ich weiß es nicht. Er liegt im Koma. Wenn er nicht schon tot ist. Schwer zu erkennen.« »Wie konnte das nur passieren?«
»Ich glaube, er hat irgend etwas eingenommen. Draußen auf dem Tisch liegt etwas…«
Er ging hinaus und kam mit einem kleinen Etui aus Birkenrinde zurück. »Hier ist etwas drin gewesen. Sieh mal, da sind noch Reste.« Er roch daran. »Aha. Dann weiß ich, was es ist.«
»Kannst du ihm helfen?«
»Ich fürchte, es ist bereits zu spät. Das Gift hat sich schon im Körper verteilt.« »Ich hole Niklas«, sagte Brand.
Cecilie stand am Bett und schimpfte mit allen, sich selbst eingeschlossen. Inzwischen waren die anderen von Grästensholm herübergekommen, bestürzt und voller Gewissensbisse.
»Er hat es uns erzählt«, jammerte Liv. »Ihr wart gerade draußen bei der Wassertonne. Er hat von seiner Frau gesprochen, und daß sie Katholikin ist. Daß sie frei sein sollte, um wieder heiraten zu können. Bei Katholiken gibt es keine Scheidung. Daran habe ich da gar nicht gedacht! Und dann hat er noch gesagt, daß er am Ende sei.« »Hat er gesagt, warum?« rief Cecilie aus.
Liv kniete neben ihrem toten Bruder nieder und streichelte seine weiße Stirn. Aber sie sprach von Mikael, versuchte, seine Anfälle und »es«, was er nicht beim Namen nennen wollte, zu erklären.
»Idioten«, schluchzte Cecilie. »Verdammte Idioten sind wir alle gewesen! Onkel Are hat es ja selbst gesagt. Mit den Toten ist nicht zu spaßen, sagte er. Du auch, Mattias! Schwermut, hast du gesagt. Und du, Mutter, hast ihn gefragt ob diese Frau, Magda von Steierhorn, ihm berührt habe. Wir haben es alle nicht verstanden.« »Was verstanden?«
»Was »es« war. Das, was er nur Mutter, Alexander und Brand erzählt hat. Ich hätte es sofort erraten, wenn ich dabei gewesen wäre. »Hättest du?« fragte Liv ruhig.
»Nun, vielleicht nicht. Hinterher ist man immer schlau er.« »Und was war es denn?«
»Todesverlangen natürlich. Vielleicht in der Gestalt des Todes selbst, vielleicht in der Gestalt von Magda von Steierhorn oder vielleicht nur als etwas sehr Verlockendes, das wissen wir nicht. Das war deine Schwermut, Mattias.«
Der junge Arzt war nicht ganz überzeugt. »Jetzt macht Ihr es aber dramatischer als es ist, Tante Cecilie. Ich glaube nicht, daß wir uns ins Reich des Übernatürlichen begeben müssen, um das Rätsel zu lösen. Die Antwort liegt wohl eher in Mikael selbst … «
Er brach ab. Niklas kam herein. Liv führte den Jungen sofort zu Mikael.
»Ich habe das oft bei meinem Vater, Tengel dem Guten, gesehen. Komm, Niklas, leg deine Hände über Mikaels Herz! Genau so. Laß sie dort liegen und bete für sein Leben!« »Aber Tante Liv…«
»Behaupte nicht, daß er nicht lebt! Denk an Dominic, der seinen Vater verliert. Das darf nicht sein. Und Are hätte Mikael niemals erlaubt, so etwas zu tun, das weiß ich. Und wir anderen… Er ist nicht tot, Niklas. Verstehst du?« Der kleine Fünfjährige sah ganz verwirrt und unglücklich aus, tat aber, was Liv ihm gesagt hatte. Sie begriff gar nicht, welche Bürde sie auf die Schultern des Kindes legte, dafür war sie viel zu niedergeschlagen.
Inzwischen hatte Matilda Ares Hand aus der seines Enkels gelöst.
»Fühlen sich beide steif an?« fragte Mattias leise.
»Nein, Mikael nicht.«
Von den anderen kam ein erleichterter Seufzer. »Jetzt könnten wir die Zaubermittel des Eisvolkes gut gebrauchen«, meinte
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