Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Entschlossen hob er die Hand und gab seinen Kriegern ein Zeichen. »Kommt, Männer«, rief er. »Hier unten gibt es nichts mehr für uns zu tun.«
»Was ist mit Sunnivah?« Erschöpft lehnte Fayola ihren Kopf an die raue Stollenwand. Die vier Gefährten hockten unweit der eingestürzten Höhle in einem der unzähligen Tunnel und warteten darauf, dass das Beben nachließ.
Lange sagte niemand ein Wort. Doch als die letzten schwachen Erschütterungen verklungen waren, hielt es Fayola nicht mehr aus und durchbrach mit ihrer Frage die lastende Stille. Hoffnungsvoll schaute sie auf Naemy, doch die Nebelelfe lehnte mit geschlossenen Augen an der Wand und antwortete nicht.
»Wo ist Sunnivah?«, fragte Fayola noch einmal.
»Ich weiß es nicht!«, antwortete Naemy ohne die Augen zu öffnen. »Ich habe schon versucht sie zu erreichen, aber ich erhalte keine Antwort. Da ist so ein seltsames Geräusch…«, müde fuhr sich Naemy mit den Händen über ihr staubiges Gesicht, »… das eine Gedankenverbindung mit Sunnivah unmöglich macht. Es sieht fast so aus, als versuche jemand absichtlich, eine Verbindung zwischen Sunnivah und mir zu verhindern.« Naemy wollte gar nicht daran denken, was der Verlust der Gedankenverbindung noch alles bedeuten konnte.
»Sie könnte aber auch tot sein.« Fayola sprach aus, was alle befürchteten, doch Naemy schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Sunnivah lebt«, behauptete sie mit Nachdruck. »Wenn sie tot wäre, würde ich es spüren.« Dann stand sie auf und ging allein zurück zur Höhle, um sich ein Bild von dem Ausmaß der Zerstörung zu machen. Als sie zurückkam, nahm sie ihr Messer zur Hand und begann, unter den skeptischen Blicken der anderen, ein großes Pentagramm auf den staubigen Boden zu zeichnen. Als es fertig war, erhob sich die Nebelelfe und sah ihre Gefährten an. »Die Höhle ist vollkommen zerstört«, erklärte sie. »Weder uns noch Sunnivah wird es gelingen, dort einen Weg zu finden. Es macht also keinen Sinn, hier länger zu warten.« Sie trat in das Pentagramm und forderte die anderen auf, ihr zu folgen. »Kommt! Ich werde uns jetzt hier rausbringen und dann versuchen Sunnivah zu finden.«
»Damit?« Fayola warf einen skeptischen Blick auf die seltsame Zeichnung am Boden.
Naemy lächelte. »Du kannst mir vertrauen«, sagte sie. »Schon meine Vorfahren haben sich mithilfe solcher Pentagramme fortbewegt.«
Fayola wusste, dass sie den Rückweg niemals finden würde. Obwohl sie noch immer daran zweifelte, dass der Plan der Elfe funktionieren würde, nahm sie Alani bei der Hand und trat in das Pentagramm. »Was ist mit dir?«, fragte sie Vhait. »Kommst du mit uns? Ober willst du lieber hier verhungern?«
Vhait antwortete ihr nicht. Aber er erhob sich und stellte sich neben Fayola. Naemy lächelte ihnen aufmunternd zu und sprach leise ein paar Worte in der Elfensprache.
Plötzlich wurde es dunkel und bitterkalt. Alani schrie erschrocken auf, doch da wurde es schon wieder hell.
»Unglaublich!« Fayola musste sich die Hand vor die Augen halten, weil das Licht der Nachmittagssonne sie blendete. Dann kniff sie die Augen zusammen und sah sich um.
Vor ihnen lag eine kleine, von hohen Tannen gesäumte Lichtung, an deren gegenüberliegender Seite friedlich ein kleiner Bach plätscherte. Sein gurgelndes Geräusch erinnerte Fayola daran, wie durstig sie war. Gemeinsam mit den anderen eilte sie zum Bach und tauchte ihr staubiges Gesicht in das herrlich klare Wasser.
Als die Sonne unterging, saßen die vier an einem knisternden Feuer beisammen und verzehrten hungrig zwei knusprige Tauben, die Naemy geschossen hatte. Niemand sagte ein Wort. Nur das Rauschen des Windes in den hohen Kristalltannen und das melodische Zirpen der Felsengrillen begleitete ihre stumme Mahlzeit.
Als sie fertig waren, hielt Fayola es nicht mehr aus. »Hast du schon ein Lebenszeichen von Sunnivah erhalten?«, fragte sie die Nebelelfe leise.
Naemy schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie bedauernd. »Ich habe schon so oft versucht, sie zu erreichen, habe aber noch keinen Gedankenruf von ihr aufgefangen. Wir können nur hoffen und beten, dass es ihr rechtzeitig gelungen ist, aus der Höhle zu entkommen.«
Hoffen und beten! Fayola seufzte. Sollte Sunnivah wirklich tot und ihre Mission schon zu Beginn gescheitert sein? So konnte es nicht enden! Sunnivah war doch am Morgen so voller Zuversicht gewesen. Der Gedanke an ihre Freundin stimmte Fayola traurig. Verstohlen wischte sie sich eine Träne aus
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