Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Schwertpriesterin.«
Dann war er fort.
Als Sunnivah den Tunnel verließ, stand die Sonne schon tief über dem Horizont. Blinzelnd sah sie sich um. Der Tunnel, aus dem sie kam, endete in einer schroffen Felswand, die nach allen Seiten von einem dichten Nadelwald umgeben war und von deren Kante ein kleiner Bach senkrecht in die Tiefe stürzte.
Wasser!
Kurz entschlossen riss sich Sunnivah die Kleider vom Leib und stellte sich unter den Wasserfall. Das eisige Quellwasser spülte den Staub und Schmutz der Unterwelt von ihrem Körper und sie fühlte sich wieder frisch und lebendig.
»Ich grüße dich, Schwertpriesterin.«
Sunnivah fuhr erschrocken zusammen und sprang aus dem Wasser. Wer immer zu ihr gesprochen hatte, musste sich ganz in der Nähe befinden. Hastig strich sie ihre Haare zurück, wischte sich das Wasser aus dem Gesicht, und griff nach ihren Kleidern.
Als sich ihr Blick klärte, sah sie den Wolf. Das große nebelgraue Tier hatte sich nur wenige Schritte von ihr entfernt auf die Hinterläufe niedergelassen und musterte sie gleichmütig. Dann erhob er sich, schnappte mit seinem Maul einen toten Hasen, der vor ihm auf dem Boden lag, und kam langsam auf Sunnivah zu.
»Ich grüße dich, Schwertpriesterin.« Noch einmal erklang die freundliche Stimme in Sunnivahs Gedanken. Sie war weiblich und stammte zweifellos von dem Wolf. Also eine Wölfin, dachte Sunnivah. Zu ihrer eigenen Überraschung verspürte sie keine Furcht. Sanft strichen ihre Finger über das weiche Nackenfell der Wölfin, die den Hasen vor ihr ins Gras legte.
»Und ich grüße dich, Wölfin«, sandte sie einen Gedanken an das Tier. »Und ich danke dir, denn ich sterbe vor Hunger.«
11
»Naemy und Sunnivah? Frauen? Ist Euer Medium sich dessen ganz sicher?« Mit langen Schritten folgte Tarek dem Meistermagier in die finsteren Tunnel unter der Festung. Dieser hatte es so eilig, dass die zwei Dutzend Krieger, die ihnen als Eskorte dienten, große Mühe hatten, Schritt zu halten.
»Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel!«, versicherte ihm Asco-Bahrran. »Die Gedankenrufe kamen eindeutig aus der Höhle des Stabes.« Nachdenklich zog er das lederne Haarband aus seiner Tasche hervor, welches der Magier Sempas viele Sonnenläufe zuvor in der Höhle des Stabes gefunden hatte. »Ich bin mir sicher, dass eine der beiden schon einmal dort gewesen ist«, erklärte er grimmig und starrte angespannt voraus.
Die Tatsache, dass die Eindringlinge in der Lage waren, sich mithilfe der Gedankensprache zu verständigen, machte ihm Sorge und legte die Vermutung nahe, dass es sich bei ihnen nicht um gewöhnliche Diebe handelte. Daher hatte er auch sofort ein sphärisches Störgeräusch erzeugt, das es den Eindringlingen unmöglich machen würde, sich miteinander zu verständigen.
Der Meistermagier hatte es bisher nicht für nötig gehalten, Tarek über diese Vorfälle zu unterrichten. Der Stab der Göttin wurde bestens geschützt. Asco-Bahrran selbst hatte damals den mächtigen Zauber geschaffen, der die gesamte Höhle zum Einsturz bringen würde, sollte jemand versuchen den Stab aus dem Stein zu ziehen. Er war sich ganz sicher, unter den Trümmern der Höhlendecke die zerschmetterten Leiber der Diebe zu finden, die versucht hatten den Stab der Göttin an sich zu nehmen.
Trotzdem war er vorsichtig. Aus den Gedanken der beiden Frauen war deutlich zu entnehmen, dass sie voneinander getrennt worden waren. Es konnte also gut sein, dass sie hier in den Tunneln auf die Eindringlinge stießen.
Aber wo war Sempas?
Das Schicksal seines Freundes und Stellvertreters lag völlig im Dunkeln. Es gab keinen Hinweis darauf, was aus ihm und seiner Eskorte geworden war. Zu dem Zeitpunkt, als das Medium die Gedanken der beiden Frauen auffing, hätten sie die Höhle des Stabes längst erreicht haben müssen.
Zwar waren die beiden Frauen nicht allein. Aber der Gedanke, dass sich eine Hand voll Diebe gegen Sempas und seine schwer bewaffneten Krieger durchgesetzt haben könnte, erschien dem Meistermagier ebenso unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass Sempas sich verlaufen hatte.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass Vhait etwas mit dem Ganzen zu tun hat«, hörte er Tarek neben sich sagen. Noch immer war der oberste Kriegsherr nicht bereit zu glauben, dass sein Sohn den Stein aus dem Thronsaal gestohlen haben sollte.
Asco-Bahrran verzichtete darauf, ihm zu antworten. Auch er glaubte inzwischen nicht mehr daran, dass Vhait wirklich der Dieb war, hielt es
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