Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
die Schulter nach Norden. »Dulcan, mein Freund, ihr seid in großer Gefahr. Ihr müsst alle fliehen, sofort!«, stieß er atemlos hervor, ohne auf die Frage des Schmieds einzugehen. »Ein riesiges Heer naht! Keinen halben Sonnenlauf von hier! Es kommt geradewegs auf euch zu. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! Tausend oder mehr Krieger. Wenn ihr nicht. . . «
»Ganz ruhig, mein Freund«, versuchte der Schmied den erschöpften Banor zu beruhigen.
Offensichtlich war er nicht bereit, der Warnung Glauben zu schenken. »Komm erst einmal ins Warme und stärk dich mit einem heißen Tee, dann können wir in Ruhe über alles reden.«
»Du verstehst nicht, Dulcan.« Banor ließ die Satteltaschen fallen und packte den Schmied bei den Schultern. »Ihr müsst sofort aufbrechen«, sagte er eindringlich. »Ich habe mein Pferd zu Tode gehetzt, um euch wenigstens einen kleinen Vorsprung zu verschaffen. Wenn ihr noch lange wartet, ist es zu spät.«
»Banor! Wir leben im Frieden«, erklärte Dulcan in einem Ton, als halte er den Freund für verwirrt. »Seit der Befreiung durch die Auserwählte gab es in Thale keine Schlacht mehr. Die Grenzgarnison liegt nicht weit von hier entfernt. Wenn ein Angriff bevorstünde, hätten man uns längst gewarnt.«
»Er steht nicht bevor, ihr Narren. Er hat bereits begonnen! « Verzweiflung schwang in Banors Stimme. »Ich muss sofort den Ältestenrat sprechen. Wenn ihr nicht flieht, seid ihr verloren! « Als die Sonne gegen Mittag hinter den Wolken hervorbrach, sahen sich die Heerführer Asco-Bahrrans inmitten der endlosen Weite des nördlichen Graslandes gezwungen, den Kriegern und auch sich selbst eine Rast zu gönnen. Den Anführern der Cha-Gurrline erging es nicht viel besser als den gewöhnlichen Kriegern. Ihre Kräfte, die in den düsteren Gefilden der Finstermark nahezu unerschöpflich zu sein schienen, litten unter dem ungewohnt grellen Sonnenlicht und ihre ans Dunkel gewöhnten Augen vermochten das Licht nicht länger zu ertragen.
»Warum halten wir a n ? « Asco-Bahrran schob die rubinroten Vorhänge seines Wagens beiseite und winkte Methar, der auf einem der wenigen Steppenponys ritt, mit einer herrischen Bewegung zu sich. »Die Krieger brauchen eine Rast, Meister«, beeilte sich Methar zu erklären. »Sie ... «
»Eine Rast?« In der Dunkelheit unter der weiten Kapuze des Meisters blitzte es gefährlich auf.
»Eine Rast?«, fauchte er noch einmal. »Habe ich diese Schwächlinge während all der Sommer mit Nahrung versorgt und ihnen mithilfe meiner Magie ein sorgenfreies Leben beschert, damit sie sich ausruhen, kaum dass wir Thale erreicht haben?«
»Aber Meister, die Sonne! Die Cha-Gurrline sind das grelle Licht nicht gewöhnt. Seht nur, viele habe sich bereits Tücher über die Augen gebunden, weil sie die Helligkeit nicht ertragen. Die Heiler fürchten, dass viele Krieger erblinden, wenn sie die Augen offen halten müssen.«
»Die Sonne! « Der Abscheu in Asco-Bahrrans Stimme war nicht zu überhören. Schon als er in Nimrod gelebt hatte, hatte er die Sonne im Sommer gemieden und die kühlen, dunklen Gewölbe der Magier nur im äußersten Notfall verlassen. Das lebensspendende Sonnenlicht war eine Domäne der Gütigen Göttin und er hatte es damals nur schwer ertragen können, dass sich die Sonne der Macht des finsteren Herrschers entzog. Wütend schlug er die schweren Vorhänge zurück und erhob sich, um den Wagen zu verlassen. »Ich werde nicht zulassen, dass die Sonne meinen Feldzug aufhält«, knurrte er und winkte Methar zu sich. »Bring mir ein Kohlebecken und die Truhe mit den Pulvern. Dann schick mir einen der Heiler und drei Cha-Gurrline, die noch halbwegs zu sehen vermögen. Ich werde dafür sorgen, dass die Sonne uns nicht länger aufhält.« Der Anblick, der sich Skynom bot, als er die Wagenkolonne Asco-Bahrans erreichte, ließ sein Herz vor Freude höher schlagen. Nie hätte er damit gerechnet, dass sein Plan durch so glückliche Umstände unterstützt werden würde. Zum einen hatte das Heer überraschend angehalten und es ihm damit ermöglicht, zu den Wagen aufzuschließen. Zum anderen saßen die vier Wachtposten, die den Wagen mit den magischen Artefakten bewachen sollten, stöhnend am Boden und bedeckten die Augen zum Schutz gegen die Sonne mit den Armen. Es war fast zu einfach und hätte Skynom auf seinem Weg durch den langen Tross der Krieger nicht mit eigenen Augen gesehen, wie sehr die Cha-Gurrline unter dem Sonnenlicht litten, er hätte hinter dem
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