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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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gebot Naemy der Elfenpriesterin, ihr nicht zu folgen, während sie mit den Kurzschwert in der Hand vorsichtig auf die Raubkatze zuschlich. Sie wusste, dass sie ein großes Wagnis einging. Wenn der Quarlin schlief, gab es keine Hoffnung auf ein Entkommen. Andererseits war es die erste getigerte Raubkatze, auf die Naemy stieß, und wenn das Tier tatsächlich tot war, konnte sie vielleicht herausfinden, wie es gestorben war. Länge um Länge pirschte sie auf den Quarlin zu. Ihre Sinne waren zum Zerreißen gespannt und sie wagte nicht zu atmen. Die weichen Sohlen ihrer Stiefel verursachten auf dem laubbedeckten Boden nicht das geringste Geräusch, doch sie wusste, dass das Knacken eines einzigen Astes genügte, um das schlafende Raubtier zu warnen. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt nun dem Quarlin und sie war bereit, sofort zu handeln, falls er sich bewegen sollte. Unmittelbar bevor sie die Stelle erreichte, erhob sich hinter dem Gebüsch ein Schwärm schillernder Sumpffhegen. Naemy atmete erleichtert auf der Quarlin war tot. Vorsichtig schob sie die Äste des Buschs beiseite, trat näher und erstarrte. Aus dem Maul der Raubkatze ragte ein großes blutiges Fleischstück, das erschreckende Ähnlichkeit mit einem Oberschenkel hatte. Erschüttert wandte sich Naemy ab.
    »Ist er tot?«, hörte sie Lya-Numis Frage in ihren Gedanken.
    »Ja!« Nach kurzem Zögern legte Naemy die Hand prüfend auf das Fell des Quarlins. Er war kalt. Auch das getrocknete Blut am Boden zeugte davon, dass er schon länger tot sein musste. Aber wie war er gestorben ? Kein Pfeil ragte aus dem Körper und auch sonst war nirgends eine tödliche Verletzung zu entdecken.
    »Was ist?«, fragte Lya-Numi.
    »Ich sehe überhaupt keine Wunden «, antwortete Naemy. Sie erhob sich, durchquerte das Gebüsch mit weit ausgreifenden Schritten und trat zu Lya-Numi. »Er ist tot«, wiederholte sie. »Ich weiß nicht warum, aber eines ist sicher: Der Quarlin starb nicht durch die Hand einer Elfe.«
    Bedingt durch Lya-Numis Verletzung, kamen die beiden Frauen nur langsam voran. Immer häufiger stießen sie auf tote Quarline, die ganz offensichtlich gestorben waren, während sie einen ungestörten Platz zum Verzehr ihrer Beute gesucht hatten. Doch wie schon bei dem ersten Tier konnten sie auch hier keine Ursache für den plötzlich eingetretenen Tod entdecken. Schließlich gaben sie es auf, die Quarline zu untersuchen, da sie den grausigen Anblick der Körperteile und Leichen, die die Raubtiere mitgeschleift hatten, nicht länger ertragen konnten. Zu häufig waren ihnen die erstarrten Züge der Toten wohl bekannt und Naemys Herz krampfte sich vor Trauer so schmerzhaft zusammen, dass sie am liebsten umgekehrt wäre, um dem Grauen zu entfliehen. Lya-Numi erging es nicht besser. Naemy hörte, wie sie leise die Namen der Getöteten vor sich hin murmelte, und sah, wie die Elfenpriesterin trotz der schweren Verletzung immer wieder niederkniete, um ihren Brüdern und Schwestern die starren, blicklosen Augen zu schließen. Naemy bewunderte die Elfenpriesterin für ihre Ausdauer. Es war offensichtlich, wie sehr der lange Marsch und die Schmerzen an ihren Kräften zehrten, doch sie kämpfte sich verbissen weiter. Kein Schmerzenslaut kam ihr über die Lippen, wenn sie strauchelte, und sie gönnte sich keine Rast.
    Als sie die ersten Hütten der Elfenhauptstadt erreichten, sahen sich Naemy und Lya-Numi gezwungen, über die toten Raubtiere und Elfen hinwegzusteigen, die die schmalen Dämme und Stege zwischen den Hütten versperrten. Oft waren die getöteten Elfen so grausam zugerichtet, dass nicht zu erkennen war, ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hatte. Und über allem schwirrten abertausend schillernde Sumpffliegen.
    Naemy schwieg. Angesichts der schrecklichen Szenen, die sich hier abgespielt haben mussten, waren das Entsetzen und die Trauer mehr, als sie zu ertragen vermochte. Das Grauen hatte ein solches Maß erreicht, dass sie fürchtete, verrückt zu werden, und es bedauerte, diesen schrecklichen Ort jemals betreten zu haben. Doch die Sorge um Labor trieb sie weiter. Jedes Mal, wenn sie einen toten Elf in der hellen Lederkleidung der Jäger entdeckte, meinte sie, ihren Sohn gefunden zu haben, und schämte sich zutiefst dafür, dass es sie beruhigte, wenn ihre Befürchtungen sich nicht bewahrheiteten. Sie wusste, dass es nicht recht war, erleichtert zu sein, nur weil es nicht Tabor war, der dort mit zerrissener Kehle in seinem Blut lag, denn die meisten Toten waren

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