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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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erwiderte Naemy ruhig.
    »Nicht?«, fragte Tabor angriffslustig. »Wie kannst du das wiss e n ? « Er musterte seine Mutter scharf. »Hast du je getrauert, Mutter? Richtig getrauert?«, fragte er. Doch statt auf eine Antwort zu warten, sprach er sogleich weiter. »Nein, du hast noch nie Trauer empfunden. Du lässt ja niemanden an dich heran. Bloß keine Bindungen. Denkst du, ich weiß nicht, warum du meinen Vater erwählt hast? Weil er dich niemals eingeengt hat.« Die Worte sprudelten nur so aus Tabor hervor. Trauer und Wut entluden sich in einem erbosten Wortschwall und er schien gar nicht zu bemerken, wie ungerecht er war. »Oh, du brauchst dich nicht zu sorgen«, höhnte er, als wäre Naemy eine Gnade zuteil geworden, die er ihr nicht gönnte. »Ich habe schon nach ihm gesucht. Ja, das habe ich getan. Er ist nicht unter den Toten. Er nicht, aber .. . aber... « Er verstummte, schluchzte laut auf und vergrub das Gesicht in Ilumynhis Haaren. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und seine Schultern bebten. Er weinte.
    Naemy wartete geduldig, bis das Schluchzen leiser wurde und die Tränen versiegten. Tabor irrte.
    Sie konnte sehr gut verstehen, wie er sich fühlte. Shari! Selbst die vielen Sommer, die seit ihrem Tod vergangen waren, hatten Naemys Schmerz über den Verlust der geliebten Schwester nicht lindern können. Shari war die Erste gewesen, die den Heerscharen des finsteren Herrschers vor vielen hundert Sommern zum Opfer gefallen war. Und obwohl damals niemand etwas von der Gefahr ahnte, hatte Naemy nie aufgehört, sich Vorwürfe zu machen, weil sie ihre Schwester allein hatte gehen lassen. Nicht einmal ein Abschied war ihr vergönnt gewesen.
    »She, dua a-sil in isalyror.« Beschwörend hallte Lya-Numis klare Stimme durch die bedrückende Stille.
    Naemy schob ihre düsteren Erinnerungen beiseite und blickte auf. Im erlöschenden Licht des Tages stand Lya-Numi mit erhobenen Händen vor den verkohlten Überresten des Feuers und sah zum Himmel auf. Wallende Nebel strichen wie hauchdünne Schleier um ihre schlanke Gestalt, während sie die blassen Sicheln der Zwillingsmonde To und Yu in der alten Sprache der Elfen anrief. Vor der Elfenpriesterin züngelten kleine Flammen aus einer rituellen Feuerschale, die eigentlich für ein Dankesgebet hatte entzündet werden sollen. »She, dua a-sil in isalyror!«, rief Lya-Numi noch einmal und die ungeheure Macht, die in ihrer Stimme mitschwang, ließ Naemy erschauern. Plötzlich wusste sie, was die Elfenpriesterin mit ihren Worten gemeint hatte, sie müsse den Elfen noch einen letzten Dienst erweisen. Naemy schämte sich fast, nicht selbst daran gedacht zu haben. Tiefbewegt beobachtete sie, wie Lya-Numi mit der traditionellen Heimkehrzeremonie begann. Die Elfenpriesterin nahm einen kleinen Krug zur Hand und goss die Flüssigkeit in die Flammen. Grünes Feuer loderte auf. »Nama-rie! Mel i ur i fem marto ne in vireb eryn en cuil Mögen die Seelen der Verstorbenen heimkehren in die ewigen Gärten des Lebens.« Mit diesen Worten ergriff Lya-Numi eine kleine Wasserschale und goss den Inhalt in das Feuer. »N anna nen an naur Ich gebe Wasser zu Feuer«, sprach sie, während die Flammen erloschen. »Nen i cuil anna Wasser, das Leben spendet«, fuhr sie feierlich fort. »E naur sial i ur puiga Und Feuer, das die Seelen reinigt.« Die Elfenpriesterin formte die Hände zu einer Schale, tauchte sie in das Wasser und schöpfte ein wenig von der leuchtend grünen Flüssigkeit aus dem geweihten Gefäß.
    Aus den Augenwinkeln sah Naemy, dass auch Tabor die Zeremonie gespannt verfolgte. Dabei presste er Ilumynhi so fest an sich, als wäre sie ein Schatz, den er nicht hergeben wollte. »Sie muss gehen, Tabor«, sagte Naemy sanft und verstärkte den Druck ihrer Hand, die noch immer auf seinem Arm lag. Tabor antwortete nicht, doch sein flackernder Blick verriet, wie verzweifelt er war. Fast unmerklich schüttelte er den Kopf, doch dann nickte er stumm.
    »Manna r ihaden na sial ch e sidh hiral wir geben euch frei, auf dass ihr Frieden findet!« Bei diesen Worten versprühte Lya-Numi das grüne Wasser mit einer ausladenden Bewegung über die Toten. Zunächst bezweifelte Naemy, dass es alle toten Elfen erreichte, stellte dann aber erstaunt fest, dass der Zauber, den die Elfenpriesterin gewoben hatte, weitaus mächtiger war als vermutet. Das Wasser zerstob in der Luft zu feinen Tröpfchen, die sich wie funkelnder Nebel über dem Versammlungsplatz ausbreiteten. Noch während des Fluges fingen

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