Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
werden « , begehrte Kiany auf. »Ich will mit dir zusammen sein. Nur mit dir! Mein ganzes Leben lang. Es ist mir gleichgültig, wie hoch der Preis ist, den ich zu zahlen habe, wenn ich nur mit dir zusammen sein kann. Ich will. . . «
»Das ist töricht, Kiany«, fiel Tabor ihr ins Wort, »und du weißt es ganz genau.«
Kiany schloss die Augen und schwieg. Sie ahnte, was nun kommen würde. Es war, als hätte sie die Worte schon tausendmal gehört, immer wieder. In Gedanken. Worte, die sie nicht hören wollte und stets verdrängt hatte, weil sie grausam und gleichzeitig vernünftig waren.
»In vierzig oder fünfzig Sommern wirst du eine alte Frau sein, Kiany«, hörte sie Tabor sagen. »Ich aber werde mich nicht verändert haben. Vergiss nicht, dass ich schon jetzt viele hundert Sommer lang lebe. Eine Zeitspanne, die euch Menschen niemals gegeben sein wird.«
»Ein Menschenleben ist nicht kurz«, erwiderte Kiany trotzig. »Es ist... eine kleine Ewigkeit.«
Tabor seufzte. »Sei vernünftig, Kiany«, bat er. »Ich mag dich. Ich mag dich wirklich, doch unsere Rassen sind einfach zu verschieden. Freundschaft ist alles, was ich dir anbieten kann.« Er griff unter seinen Pelz und zog eine kleine geschnitzte Flöte heraus. »Diese Piuliflöte ist für dich. Sie sendet einen Ton aus, der von Menschen nicht gehört werden kann. Doch der Elf, der die Flöte gefertigt hat, hört ihren Ruf, wo immer er sich befindet. Damit kannst du mich rufen, wann immer du Hilfe benötigst.« Er ergriff Kianys Hand und legte die Flöte hinein. »Nimmst du mein Geschenk an ? «
Schweigend starrte Kiany auf die schwarze Flöte. Tabor hatte sich entschieden. Nicht jetzt, nicht hier, sondern schon vor vielen Sonnenläufen. Er hatte den einzig möglichen Weg, den Weg der Vernunft, gewählt und trotz ihrer Traurigkeit wusste Kiany in tiefster Seele, dass es der richtige Weg war.
»Danke«, sagte sie leise und kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an, denn das, was sie nun sagen musste, fiel ihr nicht leicht.
Leilith landete zuerst, und diesmal gelang es ihr fehlerlos. Auch Chantu hatte mit seiner ersten Landung keine Schwierigkeiten und schließlich kletterten die vier Erwachsenen und sechs Kinder über die ausgestreckten Flügel der Riesenalpe sicher auf den Höhlenboden. Tabor überlegte kurz, ob es wohl besser wäre, den Abner zunächst allein aufzusuchen, entschied sich jedoch dagegen. Die Höhlen der Kuriervögel waren zwar eine hervorragende Unterkunft für die Riesenalpe, aber für die Kinder war es hier viel zu kalt.
»Kommt mit! « , rief er und nahm eine der Fackeln zur Hand, die den hinteren Teil der Höhle beleuchteten. Dann wandte er sich noch einmal an Leilith und Chantu und sandte den beiden einen liebevollen Gedanken. »Der lange Flug war eine großartige Leistung«, lobte er. »Ich werde euch etwas Schönes aus der Küche bringen lassen. Dann braucht ihr heute nicht mehr zu jagen und könnt euch ausruhen.«
»Danke! « Leilith öffnete den riesigen Schnabel zu einem gewaltigen Gähnen. »Ich würde heute auch keine Länge mehr schaffen.« Sie blinzelte schläfrig, schüttelte das Gefieder und steckte den Kopf unter einen Flügel. Chantu tat es ihr gleich und obwohl er Tabor nicht antwortete, betrachtete der junge Elf dies als Zustimmung. Durch ein Handzeichen bedeutete er den anderen, ihm zu der niedrigen Tür im Innern der Höhle zu folgen, die in die Festungsstadt hineinführte.
Kaum hatten sie den Zugang erreicht, wurde die Tür von innen geöffnet. »Ah, ihr . . . ihr seid schon da! « Ein betagter Bediensteter in der schwarzroten Kleidung der Botenpagen trat überrascht einen Schritt zurück. »Der ... der Abner schickt mich«, stammelte er, bemüht, seine Fassung möglichst schnell wieder zu finden. »Man hat eure Ankunft beobachtet und einen kleinen Empfang vorbereitet.« Er vollführte eine Verbeugung und deutete in den Gang. »Wenn ihr so freundlich wärt, mir zu folgen.«
»Gern.« Tabor trat vor und die anderen folgten ihm. Dass man sie erwartete, würde ihm viel Zeit ersparen, aber er war sich gar nicht sicher, wie die Menschen die schlimmen Neuigkeiten aufnehmen würden.
Kiany fiel. Der schwarze Pfeil hatte ihren Oberschenkel durchbohrt und der Schmerz raubte ihr fast das Bewusstsein. Aber sie wurde nicht ohnmächtig. Wie in einem schrecklichen Albtraum sah sie die dicht gedrängte Masse gepanzerter Leiber auf sich zurasen, während Zahirs massiger Körper irgendwo über ihr in den Wolken verschwand. Die
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