Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
strömte weiter von Himmel herab, als hätten die Wolken schon lange darauf gewartet, ihre Fracht zu entladen, bis der letzte Tropfen die Erde erreichte.
Da erschien die Gestalt der Gütigen Göttin. Unbeeindruckt von Sturm und Regen glitt sie dahin, blass und durchscheinend wie ein Nebelschleier.
Die grobschlächtigen Krieger sahen sie kommen und waren wie versteinert. Sie war jene, die immer gewesen war und immer sein würde. Manche grunzten und knurrten grimmig, doch nicht einer von ihnen wagte es, sich der überirdischen Gestalt in den Weg zu stellen. Nur ein einsamer schwarzer Pfeil löste sich aus der Menge und zischte auf die Göttin zu, doch er fuhr geradewegs durch ihre Gestalt hindurch und richtete keinen Schaden an.
»Du wagst es, mir zu drohen, alter Mann ? « Die Gestalt der Göttin schwebte über die Krieger hinweg und hielt wenige Längen vor Asco-Bahrran inne. Die fließenden Gewänder wurden von einem leichten Wind gebauscht, der nichts mit dem Sturm über der Steppe gemein hatte, und in ihren Augen, die alles zu sehen schienen, brannte ein weißes Feuer. »Hüte dich, Magier der dunklen Mächte! « , rief sie zornig und hob den Stab der Weisheit. »Ich lasse nicht noch einmal zu, dass mein Volk leidet. Diesmal . . . «
»Das kommt für die Nebelelfen ein wenig spät, findest du nicht?« Asco-Bahrans Stimme war schneidend vor Hohn und kalt wie Eis. Der Zorn der Göttin schien ihn zu belustigen. »Du bist schwach«, spottete er. »Dein läppischer Versuch, mich mit dem Feuerchen zu beeindrucken, ist geradezu lächerlich. Kehr zurück in deinen Garten und füll die Teiche mit Tränen, während du zusiehst, wie ich mir dieses Land Untertan mache.«
»So, schwach, glaubt d u ? « , bemerkte die Göttin ruhig. »Dann sieh genau hin, alter Mann.« Sie drehte sich um und hob die Hände zum Himmel. »Dein vergeblicher Versuch, den Regen zu beenden, hat mich amüsiert. Siehst du es nicht? Die Wolken werden schon dünner. Mit jedem Tropfen, der zur Erde fällt, schwinden sie dahin. Du hast die Wolken geschaffen, hast sie gequält, indem du ihnen versagtest, sich ihrer Last zu entledigen. Aber das Feuer hat dich gezwungen, den Bann zu lösen, und jetzt sind sie frei.« Auf dem Gesicht der Göttin zeigte sich ein siegesgewisses Lächeln. »Die Macht der Elemente ist mein! Erinnerst du dich?« Das Lächeln wurde eine Spur breiter. »Bald sind sie nicht mehr da und dein Heer muss den Weg im Sonnenlicht fortsetzten.« Ein spöttischer Zug umspielte ihren Mund. »Du weißt, was das bedeutet. «
»Das schaffst du nicht!« Asco-Bahrrans Gestalt war um ein Vielfaches angewachsen. In seiner Wut, der Göttin in die Falle gegangen zu sein, erhob er sich wie ein gewaltiger Dämon über dem Heer. Er durfte nicht zulassen, dass sich der Vormarsch weiter verzögerte, und war bereit, es mit der Göttin aufzunehmen. »Adou sam rontar benalugar!« Aus den Händen des Magiers zuckten blutrote Blitze auf die Gestalt der Göttin zu.
Der Sturm über der Steppe war inzwischen zum Orkan angeschwollen. Heulend und pfeifend wütete er zwischen den Cha-Gurrlinen, warf Wagen um und fegte alles davon, was nicht festgezurrt war. Die heftigen Böen rissen Asco-Bahrran die Worte von den Lippen, doch die roten Blitze zuckten weiter aus seinen Fingern und schließlich verschwamm das Bild der Göttin.
»Du verschwendest deine Kräfte«, spottete sie. »Mein Bild mag verblassen, doch die lächerlichen Blitze können mir nichts anhaben. Spürst du die Elemente, Magier? Wenn du nicht umkehrst, wird der Sturm nur ein kleiner Vorgeschmack darauf sein, was dich erwartet. Bei Tag wird die Sonne deine Krieger blenden und ich werde . . . « Das Bild der Göttin flackerte, während Asco-Bahrran seine Anstrengungen weiter verstärkte » . . . nicht zulassen, dass mein Volk noch einmal . . .leidet.«
»Schweig!« Eine Salve blutroter Blitze zerstörte das Bild der Göttin, doch im Heulen und Pfeifen des Sturms und im stetigen Prasseln der Regentropfen schien ihr spöttisches Gelächter noch lange nachzuhallen.
Mit zarten Schleiern grauen Zwielichts glitt die Nacht in das Grasland und der kühle Hauch des Abends strich über die Steppe. Die finsteren Wolken, die den Himmel den ganzen Tag lang verhüllt hatten, waren fort und über den Gipfeln des fernen Ylmazur-Gebirges verfärbte sich der Horizont zu glühendem Scharlachrot.
Auch das Unwetter, das den ganzen Abend lang über dem nördlichen Grasland getobt hatte, war abgeklungen und die
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