Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
der Abner sich nicht zufrieden geben. Noch war nichts verloren.
Als der Morgen über der grasbewachsenen Ebene graute, erwachte Banor, der Gesandte des Graslandes, mit steifen Gliedern. Ein eisiger Wind strich von den fernen, schneebedeckten Hängen des Ylmazur-Gebirge herüber und brachte in seinem Gefolge die ersten Vorboten von Schnee und Frost in das herbstliche Grasland. Der Kälteeinbruch kam früh und völlig unerwartet und Banor fröstelte trotz der dicken Steppenbüffelfelle, in die er sich zum Schutz gegen die nächtliche Kälte gehüllt hatte. Ganz unvermittelt wanderten seine Gedanken zu Kiany, die er vor einigen Mondläufen nach Nimrod begleitet hatte, und er fragte sich, ob sie das raue Klima ihrer Heimat wohl vermisste.
Dann setzte er sich auf, um das erloschene Feuer neu zu entzünden. Der Wind trug die weiße Asche davon und Banor fluchte leise. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, in der kalten Feuerstelle nach Resten der Glut zu suchen. Wenn er sich wärmen wollte, musste er das Feuer neu entzünden.
»Warum hast du mich nicht früher geweckt?«, wandte er sich an sein Pferd, während er unwillig die Felle ablegte und in den Satteltaschen nach Feuersteinen und trockenem Gras suchte.
Der braune Hengst blinzelte schläfrig. Ihm war nicht kalt, entstammte er doch der einzigen Herde wilder Graslandpferde, die es in Thale noch gab, und trug in den kalten Mondläufen ein dichtes Fell, das ihn vor dem eisigen Wind schützte. Gleichmütig beobachtete er, wie Banor die Feuersteine über dem Stroh zusammenschlug, um ein Feuer zu entfachen.
»Bei den Toren! « Verärgert bemerkte Banor, dass der Wind das Stroh in einer Wolke aus grauer Asche von der Feuerstelle fegte. Er konnte es gerade noch mit der Hand ergreifen, bevor der Wind es über die Steppe trieb und hielt es fest, während er den Boden in der Nähe nach einem passenden Stein absuchte, der das Stroh beschweren konnte.
»Du könntest mir ruhig ein wenig helfen«, murmelte er mit einem mürrischen Seitenblick auf sein Pferd, doch das beachtete ihn nicht. Den Kopf in wachsamer Haltung nach Norden gewandt, starrte es mit gespitzten Ohren in Richtung der sanften Hügel am Horizont, die das Ende des Graslandes bildeten und gleichzeitig die Grenze Thaies zur Finstermark markierten.
»Was ist? Was siehst du ? « Banor legte die Feuersteine aus der Hand und erhob sich. In den vielen
Sommern, die er nun schon als Kurier der Grasländer unterwegs war, hatte er gelernt, den feinen Sinnen der Pferde zu vertrauen. Ob Wölfe, Unwetter oder Gruppen der gefürchteten Cha-Gurrline, die sich am Rande der Finstermark herumtrieben die Pferde spürten immer als Erste, wenn eine Gefahr drohte. Der braune Hengst schnaubte leise und scharrte unruhig mit dem Huf, aber sosehr sich Banor auch anstrengte, er konnte nichts erkennen. »Ganz ruhig, mein Freund«, sagte er leise und strich dem Hengst sanft über die bebenden Nüstern. Was hatte er nur? So aufgeregt hatte er ihn noch nie erlebt. Dann spürte er es auch. Sehen konnte er zwar noch immer nichts, aber der Boden unter seinen Füßen bebte leicht. Beim ersten Mal dachte Banor noch, er habe sich getäuscht, doch gleich darauf wiederholte sich das Beben ganz deutlich. Das Pferd schnaubte ängstlich. Um zu verhindern, dass es davonrannte, griff Banor nach den Zügeln, die er am vergangenen Abend lose an einen niedrigen Busch gebunden hatte, und schlang sich das Ende der ledernen Riemen fest um die Hand. Keinen Augenblick zu früh. Nur wenige Herzschläge später stieg der Hengst wiehernd auf die Hinterbeine. Der Boden dröhnte inzwischen unablässig in einem unheilvoll stampfenden Rhythmus und im ersten dämmrigen Licht des Morgens erhob sich eine dichte rotbraune Staubwolke hinter den Hügeln. Gebannt starrte Banor zu der Wolke hinüber, während sein Pferd furchtsam an den Zügeln zerrte.
Die drohende Gefahr war inzwischen unverkennbar, doch noch weigerte sich Banors Verstand, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Das kann nicht sein, dachte er entsetzt. Ich muss mich irren. Oh, Göttin, lass es nicht wahr sein. Thale ist ein friedliches Land, das niemals . . . In diesem Augenblick erschien die erste Reihe schwarz gepanzerter Krieger, winzig wie Ameisen, auf einer der fernen Hügelkuppen und der Anblick raubte Banor auch die letzte Hoffnung, dass er sich getäuscht hatte.
Cha-Gurrline! Hunderte, wenn nicht sogar tausende. Die Staubwolke konnte nur von einem gewaltigen Heer stammen, das Thale offensichtlich von
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