Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
etwas geschehen würde. Die Spannung wurde so unerträglich, dass sie kaum noch zu atmen wagte. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, sie zitterte, und das Blut rauschte ihr in den Ohren - und dann, ganz plötzlich, war es vorbei.
Die Geräusche der Schlacht waren verstummt. Für wenige Augenblicke war die Nacht ruhig und friedlich, dann erzitterte der Boden unter der Wucht eines gewaltigen Donnerschlags, der das große Flügeltor in Stücke sprengte. Paira hörte das gutturale Siegesgebrüll, mit dem die schwarzen Krieger in die Stadt strömten.
Als wäre die Explosion ein Zeichen gewesen, fiel die Starre von ihr ab. Trauer, Furcht und Verzweiflung bahnten sich unter Tränen einen Weg aus ihrem Innern, und endlich kamen ihr die Worte, die sie in ihrem Herzen verschlossen hatte, schluchzend über die Lippen: »Ich liebe dich auch, Mutter!«
Als das große Tor von Nimrod in einem riesigen Feuerball zerbarst und dem Heer der schwarzen Krieger den Weg in die Festungsstadt freigab, stand Asco-Bahrran allein auf einer Anhöhe am Rand der Ebene und beobachtete fasziniert, wie der gleißende Blitz der Explosion den Nachthimmel entflammte. Ein dünnes Lächeln umspielte die Lippen des Magiers, und er nickte zufrieden.
Der Spähtrupp, den Okowan in die Stadt gelassen hatte, hatte ganze Arbeit geleistet. Das zweiflügelige Tor, dessen Frontseite durch Druidenmagie gegen die Angriffe der Cha-Gurrlinen geschützt wurde, war von der gewaltigen magischen Sprengkraft, die Asco-Bahrran eigens zu diesem Zweck geschaffen hatte, völlig zerstört worden.
Der Sieg war nicht mehr aufzuhalten.
»Komm!« Mächtig und befehlend hallte der Ruf durch Asco-Bahrrans Gedanken. Der Magier zuckte zusammen, fand jedoch gleich wieder zu der überheblich gelassenen Haltung zurück, hinter der er seine wahren Gefühle verbarg, und machte sich unverzüglich auf den Weg zu dem rubinroten Zelt, in dem An-Rukhbar den Ausgang der Schlacht erwartete.
Die Cha-Gurrlinen, die zu beiden Seiten des Eingangs Wache hielten, würdigten Asco-Bahrran keines Blickes, als er erhobenen Hauptes an ihnen vorbeischritt und das Tuch aus schwerem Samt zur Seite schob, das den Eingang verdeckte. Dies war sein Triumph! Ihm allein hatte es An-Rukhbar zu verdanken, dass Nimrod so schnell gefallen war, und er war überzeugt, nun den versprochenen Lohn für das Geleistete zu erhalten.
Asco-Bahrran, Statthalter von Nimrod! Würdevoll straffte er sich und ordnete noch einmal sein Gewand, bevor er eintrat.
Im Innern des Zeltes empfingen ihn eisige Kälte, der drückende Geruch nach Moder und Schwefel und das unheimliche grüne Licht, das den thronähnlichen Stuhl An-Rukhbars stets wie ein leuchtender Schleier umgab. Gemessenen Schrittes ging Asco-Bahrran darauf zu, wobei er sorgfältig darauf achtete, den Blick gesenkt zu halten. Am Rande des Lichtkegels hielt er inne, sank demütig auf die Knie und presste die Stirn unterwürfig auf den Boden. Bei all den Vorzügen und Annehmlichkeiten, die er genoss, seit er in den Dienst des finsteren Herrschers getreten war, durfte er niemals vergessen, was er wirklich war: ein Gefangener, der dem Tod nur knapp entronnen war und dem es nicht zustand, Forderungen oder Ansprüche zu stellen. Er verabscheute es, sich so kriecherisch zu verhalten, doch er hatte Pläne und wollte die Gunst des Meisters nicht unnötig aufs Spiel setzen. Wenn er seine Ziele erreichen wollte, musste er vorsichtig sein und umsichtig handeln. Vor allem aber durfte er sich keinen Fehler erlauben.
»Ihr habt nach mir gerufen, Meister?«, säuselte er untertänig.
»Asco-Bahrran!« Die dumpfe, dröhnende Stimme An-Rukhbars erfüllte den Raum, und eine eisige Kälte, die den Magier erzittern ließ, flutete über den Boden. Gleichzeitig verstärkte sich das grüne Leuchten, kreiste immer schneller und wurde zu einem wirbelnden Lichtstrudel, aus dem sich allmählich die dunkle Gestalt des finsteren Herrschers formte.
»Das große Tor ist zerstört! Die Cha-Gurrlinen sind in die Festungsstadt eingefallen.« Den Worten An-Rukhbars war zu entnehmen, dass auch er um den nahen Sieg wusste. »Menschen und Nebelelfen erzittern angesichts des mächtigen Heeres, und schon bald werden sich auch die Druiden meiner Macht unterwerfen.« Er gab ein dumpfes Geräusch von sich, das einem Lachen sehr ähnlich war, und sagte: »Du hast mir gute Dienste geleistet. Wie keine andere Kreatur dieser primitiven Welt hast du mir Gehorsam und Ergebenheit bewiesen. Dafür sollst du belohnt
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