Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
werden.«
Asco-Bahrran spürte, wie sein Herz heftig zu pochen begann. Wie schnell sich das Blatt doch wenden konnte. Noch vor wenigen Sonnenläufen war er nichts weiter als ein verstoßener Magier gewesen. Ein heruntergekommener Gefangener, der in den Kerkern von Nimrod auf den Tod wartete - und jetzt. . .
» ... wirst du als Statthalter von Nimrod in meinem Namen über dieses Land herrschen«, hörte er An-Rukhbar sagen. »Du wirst die Menschen lehren, mich zu fürchten und zu verehren, und ihnen aufzeigen, was sie erwartet, wenn sie es wagen, sich mir zu widersetzen.« Er lachte unheilvoll und fügte dann ein wenig sanfter hinzu: »Doch zuvor wirst du mir mit Hilfe der Magie einen Thron erschaffen.«
»Einen Thron?«, stieß Asco-Bahrran überrascht hervor. »Verzeiht, aber ich bin ein Magier und besitze nicht die Fähigkeiten eines Steinmetzen oder Schreiners. Für einen Thron . . . «
»Schweig!«, brauste An-Rukhbar auf. »Ich spreche nicht von einem gewöhnlichen Thron aus Holz oder Stein. Ich spreche von MEINEM Thron. Einem Thron, der so einzigartig ist, dass er in keiner Dimension zu finden ist. Einem Thron, so abstoßend und Furcht erregend, dass niemand ihn ansehen oder berühren kann, ohne in die tiefsten Abgründe des Grauens zu blicken. Einem Thron, der den Menschen, die ihn erblicken, die Nichtswürdigkeit ihres elenden Daseins vor Augen führt und sie das Fürchten lehrt, auf dass sie es niemals wagen werden, sich gegen mich zu erheben. Einem Thron voller Leben, gefangen in einem einzigen schrecklichen Monument aus schwarzer Magie.«
»Aber woraus soll er gefertigt werden, wenn nicht aus Holz oder Stein?«, wagte Asco-Bahrran zu fragen. »Soweit ich weiß, gibt es kein Handwerk, das...«
»DU wirst der Baumeister sein«, An-Rukhbars Stimme duldete keinerlei Widerspruch, »dunkle Magie das Werkzeug und die Gefangenen das Material, aus dem der Thron entstehen wird.«
»Aus Gefangenen?«
»Ja, aus Gefangenen!« Ein lustvoller Unterton schwang in An-Rukhbars Stimme mit, und das grüne Leuchten gewann an Stärke, als er weitersprach. »Sechsundsechzig an der Zahl. Wähle sie gut aus. Von den Menschen nimm die Jungen und Unschuldigen, Mütter mit kleinen Kindern und jene, die besonders furchtsam sind. Von den Nebelelfen nimm die Stolzesten und jene, die sich unbeugsam zeigen. Sie alle werden im Angesicht des Todes zu einem beeindruckenden Standbild verschmelzen, das den Schrecken und die Qualen, die sie mit ihren letzten Atemzügen erfahren, für alle Zeit bindet.«
»Diese Aufgabe ist eine große Ehre für mich, Meister«, erwiderte Asco-Bahrran vorsichtig. Er war sich nicht sicher, ob er das, was An-Rukhbar von ihm verlangte, vollbringen konnte, und suchte nach einer Möglichkeit, Zeit zu gewinnen. »Einen solch unvergleichlichen Beweis Eurer Allmacht zu erschaffen wird jedoch eines mächtigen Zaubers bedürfen«, fuhr er fort, »den zu wirken einige Vorbereitung erfordert. Ich müsste zunächst die Schriften studieren, die ich in Nimrod versteckt habe, und ...«
»Schweig!« Das Wort zerschnitt die Luft wie ein Schwerthieb, und das Leuchten um den Thron wurde eine Spur kräftiger. Asco-Bahrran zuckte zusammen, als wäre er geschlagen worden, und presste die Stirn fester an den Boden, doch der erwartete Wutausbruch An-Rukhbars blieb aus.
»Du wirst so viel Zeit erhalten, wie du für den Zauber benötigst«, erklärte dieser mit herrischer Stimme. »Sobald die Stadt in unseren Händen ist, werden die Cha-Gurrlinen alle Gefangenen auf einem großen Platz sammeln. Unter ihnen wirst du diejenigen auswählen, die dir für das Werk geeignet erscheinen, und sie mittels dunkler Magie zu dem formen, was ich verlangt habe.« Die Stimme des finsteren Herrschers wurde mit einem Mal leise und nahm einen lauernden Ton an, als er hinzufügte: »Du hast mir bewiesen, dass du ein tauglicher Magier bist, und ich bin überzeugt, dass deine Fähigkeiten mich auch diesmal nicht enttäuschen werden.«
Den Blick starr auf den Boden gerichtet, erhob sich Asco-Bahrran und verneigte sich ehrfürchtig.
»Euer Wunsch ist mir Befehl, Meister. Sobald ich Zugang zu meinen Büchern und Pergamenten habe, werde ich mit der Arbeit beginnen.«
Atemlos hastete Liadana durch die schmalen Gassen der Festungsstadt. Das Gewand der jungen Heilerin war zerrissen, staubig und blutbefleckt, doch sie bemerkte es nicht. Ihre Sorge galt allein dem kleinen rothaarigen Mädchen, dessen Gesicht sie an der Schulter verbarg, um ihm die vielen
Weitere Kostenlose Bücher