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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Blicks am Tisch
lehnte. Bruder Henry von Winchester saß da wie eine Statue, und
sein dunkles Gesicht war eine Maske heiterer Gelassenheit. Er
lächelte Athelstan schüchtern zu und nickte. Athelstan erwiderte
die Begrüßung. Von diesem gescheiten jungen Theologen hatte er
schon gehört: ein machtvoller Prediger mit rasiermesserscharfem
Verstand. Der arme Bruder Roger neben ihm war das genaue Gegenteil
mit seinem törichten Gesicht und den wunderlichen Haarbüscheln, die
ihm vom Kopf abstanden. Athelstan sah die irren Augen des Mannes
und den Speichel, der ihm aus dem Mund tropfte, und er fragte sich,
ob der Mann wohl wahnsinnig genug war, um einen Mord zu
begehen.
    Anselm beendete seine Einleitung,
drehte sich um und sah Cranston an; aber dieser war inzwischen fest
eingeschlafen, und ein heiteres Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Athelstan hustete, um die Aufmerksamkeit von ihm abzulenken, legte
Tintenhorn, Pergament und Federkiel auf den Tisch und betastete
alles nervös. Er starrte vor sich hin, und dann griff er nach dem
Federkiel und schaute in die Runde. »Der Pater Prior«, begann er
langsam, »hat mich gebeten, herzukommen, um Licht in gewisse
Geheimnisse zu werfen, die das Generalkapitel betreffen. Dieses
trat am Montag, dem einunddreißigsten Mai, zusammen. Eine Woche
später fiel Bruder Bruno die Treppe zur Krypta hinunter. Am
darauffolgenden Samstag, dem vergangenen Samstag, um genau zu sein,
ging Bruder Alcuin, der Sakristan, in die Klosterkirche und
verschloß die Tür hinter sich, um in aller Stille für die
Seelenruhe seines toten Bruders zu beten, der im Sarg vor dem
Hochaltar lag. Ist das richtig, Pater Prior?« Anselm nickte. »Ja«,
sagte er, »Alcuin ging in die Kirche. Die Tür war verschlossen,
aber als Bruder Roger hineinging, war Alcuin verschwunden.« Anselm
schwieg, und Athelstan sah, wie der Schwachsinnige mit leerem Blick
grinste. »Am Montag abend«, fuhr Anselm fort, »begab sich Bruder
Callixtus gegen die Regel des Hauses in die Bibliothek, um private
Studien zu treiben. Dort fiel er anscheinend von der Leiter und war
auf der Stelle tot.«    
    »Zufälle!« fauchte William de
Conches, verschränkte die Arme und stützte sie auf den Tisch.
»Bruno war ein alter Mann, und die Treppe ist steil.« Er zuckte die
Achseln. »Alcuin ging in die Kirche und beschloß, vielleicht von
seinen Gefühlen übermannt, aus dem Kloster zu fliehen. Er ging
hinein, verschloß die Kirche hinter sich und stahl sich davon wie
ein Dieb in der Nacht.« Der Inquisitor funkelte Athelstan
unverschämt an. »Er wäre nicht der erste Ordensbruder, der so etwas
tut, und bestimmt auch nicht der letzte.«
    Athelstan erwiderte seinen Blick
kühl und versuchte, die aufsteigende Wut zu verbergen. Hoffentlich
bist du der Mörder, dachte er, denn hier ist ein Mord geschehen. Er
blinzelte und bemühte sich, so boshafte Gedanken aus seinem Kopf zu
verbannen.
    »Und Bruder Callixtus?« fragte
Athelstan. »Er ist ebenfalls gestürzt, diesmal von der
Leiter?«
    »Ja, ja«, blaffte Eugenius; er
wandte sich nur halb um und wollte Athelstan nicht
ansehen.
    Der Bruder stützte die Ellbogen auf
den Tisch, formte mit den Fingern ein
spitzes Dach, und er nahm sich vor, nicht nach rechts zu blicken,
wo Cranston schnarchte wie ein Baby. »Bruder Henry, Bruder Niall,
Bruder Peter?« Er lächelte die Theologen an. »Ihr habt alle die
Logik studiert?« Die drei nickten.
    »Und die Theorie der
Wahrscheinlichkeit und die Möglichkeit des Zufalls?« Wieder nickten
sie zustimmend.
    »Dann sagt mir, Pater Prior«, bat
Athelstan, »wieviele gewaltsame Todesfälle hat es in den letzten
drei Jahren hier im Kloster gegeben? Also nicht natürliche
Todesfälle, sondern gewaltsame und unerwartete.«
    »Keinen.«
    »Es hat also«, schloß Athelstan,
»bevor das Generalkapitel zusammentrat, drei Jahre lang keinen
gewaltsamen Todesfall gegeben, vielleicht sogar sechs Jahre lang.
Aber dann tagt das Generalkapitel, und innerhalb von zwei Wochen
sind zwei Brüder tot und ein dritter auf geheimnisvolle Weise
verschwunden. Nun sagt mir bitte, Ihr alle: Ist das wahrscheinlich?
Ist das logisch?«   
    Bruder Henry von Winchester
schüttelte lächelnd den Kopf. »Bruder Niall, Bruder
Peter?«
    Ihren Gesichtern war anzusehen, daß
sie Bruder Henry zustimmten.
    »Überdies haben wir noch weiteres
Beweismaterial«, fügte Athelstan hinzu. »Etwas, das der Pater Prior
mir gar nicht erzählt hat.«
    Anselm schaute ihn überrascht an.
»Da gibt es doch noch

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