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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Durst.«
    »Sir John, wir haben zu
arbeiten.«
    »Was denn?«
    »Sir John, Ihr seid der Coroner. Ihr
besichtigt den Schauplatz dieser Verbrechen, und je eher wir die
Geheimnisse aufgeklärt haben«, fügte er hoffnungsvoll hinzu, »desto
eher können wir auch das Rätsel der scharlachroten Kammer lösen.«
Cranston stellte den Krug hin und grinste. »Bruder Athelstan, ich
bin ganz Ohr.«
    Sie gingen zurück zum Kreuzgang.
Athelstan erinnerte sich verschwommen, daß die Krypta von einem
kleinen Gang an der Nordseite der Kirche abging. In dem Garten
innerhalb des Kreuzgangs war es still; nur Bienen umsummten die
Blumen am plätschernden Springbrunnen. Die kleinen Pulte, an denen
die Brüder kopierten und schrieben, waren beiseite geschoben.
Athelstan dachte an die langen Stunden, die er hier zugebracht und
das Tageslicht benutzt hatte, um einen gelehrten Traktat
abzuschreiben. Er blieb stehen. Bruder Callixtus war sein Mentor
gewesen, und Alcuin hatte immer einen Hang zu theologischen
Schriften gehabt. Hatten sie etwas gesehen oder einen Traktat
studiert, der etwas mit dem Generalkapitel zu tun hatte? Athelstan
starrte den kleinen Springbrunnen an. Die Bibliothek von
Blackfriars war berühmt; sie enthielt Manuskripte aus ganz
Westeuropa, und nicht nur die Schriften seines Ordens, sondern auch
die der alten Philosophen sowie anderer Theologen. »Komm schon,
Athelstan«, drängte Cranston und deutete auf die große,
eisenbewehrte Tür. »Die Geheimnisse der Krypta erwarten
uns.«   
    Athelstan nickte und stieß die Tür
auf. »Eine steile Treppe«, murmelte er. »Sie verschwindet nach
unten in der Dunkelheit. Früher dachte ich immer, dies sei der
Eingang zur Hölle.« Er zeigte auf eine Fackel im Halter neben dem
Eingang. »Ihr habt Feuer dabei, Sir John. Zündet sie
an.«
    Der Coroner tat es, und die
harzgetränkte Fackel erwachte blakend zum Leben.
    »Macht das noch einmal, Sir John«,
bat Athelstan und schloß die Kryptatür hinter ihnen.
    Sir John machte ein verwirrtes
Gesicht. »Um Gottes willen, Bruder, die Fackel brennt doch
schon.«
    »Nein, macht es noch einmal!
Wiederholt die Bewegung!« Cranston gehorchte widerstrebend. »Was
ist denn los, Bruder?«
    »Nun, wir wollen versuchen, uns
vorzustellen, was Bruder Bruno getan haben mag. Seht, Sir John, die
oberste Stufe ist breit und sicher. Wenn man die Tür hinter sich
schließt, hängt die Fackel daneben an der Wand. Bruder Bruno dürfte
sich umgedreht haben wie Ihr, um diese Fackel anzuzünden. Nun ist
die oberste Stufe, wie gesagt, breit genug, daß jemand Platz hätte,
hinter der Tür zu warten. Bruno kommt herein und dreht sich um. Wie
Ihr, müßte er fast das Gleichgewicht verlieren, wenn er sich reckt,
um die Fackel anzuzünden.«
    »Du willst also sagen«, unterbrach
Cranston, »daß jemand hier im Dunkeln lauerte und dem alten Mann
einen heftigen Stoß gab, weil er ihn für Alcuin hielt?«
    »Ja.«
    Vorsichtig nahm Athelstan die Fackel
aus der eisernen Halterung und hielt sie in die Schwärze, so daß
die Schatten über die steile Treppe tanzten, die unter ihnen in die
Tiefe führte. Er deutete auf den eisernen Handlauf.
    »Als ich hier Novize war, fürchtete
sich jedermann vor diesen steilen, scharfkantigen Stufen. Deshalb
wurde der Handlauf angebracht. Kein Mensch, schon gar kein alter
Mann, und auch nicht jemand wie Alcuin, könnte einen solchen Sturz
überleben.«
    »Aber nicht Alcuin wurde hier
hinuntergestoßen«, bemerkte Cranston,
»sondern der arme Bruno. Zugegeben, der Falsche, aber die Frage
bleibt: Warum wartete hier jemand auf Alcuin? Und warum wollte
Alcuin herkommen? Du hast in Blackfriars studiert,
Athelstan?«
    Athelstan lächelte, steckte die
Fackel wieder in den eisernen Halter und öffnete die Tür. »Sehr gut
beobachtet, Sir John. Ja, die Krypta wurde oft für geheime
Zusammenkünfte benutzt. Ihr kennt die kleinen Streitereien und
Auseinandersetzungen, die es in jeder Gemeinschaft gibt - von den
verbotenen Beziehungen nicht zu reden, die zwischen Männern, die
dem Zölibat verpflichtet sind, entstehen können.«
    »So etwas ging hier vor sich?«
Cranston schloß die Kryptatür hinter sich.
    Athelstan nahm ihn behutsam beim
Ellbogen und führte ihn zurück in das verblassende Sonnenlicht im
Garten. »So etwas und noch merkwürdigere Dinge, Sir John, aber
jetzt suchen wir einen Mörder.«
    »Es könnte immer noch ein Unfall
gewesen sein«, widersprach Cranston.
    »Das würde von zwei Dingen abhängen.
Erstens: Können wir einen

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