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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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sagte er. »Pater
Prior ist sicher, daß er in die Kirche ging. Aber was geschah
dann?« Seine halb geflüsterten Worte klangen gespenstisch in der
Stille, und trotz der Schönheit dieser Kirche verspürte Cranston
etwas Bedrohliches.
    »Ich weiß nicht, Bruder«, antwortete
er. »Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich habe das Gefühl, wir
stehen am Eingang zum Tal des Todes!«

 
    SECHS
    Athelstan und Cranston blieben noch
eine Weile stehen und erörterten die verschiedenen Möglichkeiten,
wie Alcuin verschwunden sein mochte, ehe sie in die Mitte des
Chores zurückgingen.
    »Ich habe Hunger«, murrte
Cranston.
    »Ihr habt immer Hunger. Aber Ihr
müßt Euch noch etwas ansehen, bevor wir essen.«
    Sir John zog einen Schmollmund wie
ein kleiner Junge, der seine Süßigkeiten nicht bekommt.
    »Mylord Coroner«, fügte Athelstan
geduldig hinzu, »Ihr seid hierher gerufen worden, um zu ermitteln.
Und was tut ein Coroner?«
    Cranston lehnte sich an die Wand.
»Er untersucht den Leichnam«, sagte er. »Was hast du vor,
Athelstan? Willst du Bruder Bruno ausgraben?«
    »Nein. Aber Callixtus liegt
aufgebahrt und wartet auf seine
Beerdigung.«    
    »Na los, Athelstan«, knurrte
Cranston. »Erst die Arbeit, dann das Essen.«
    Sie verließen die Kirche und gingen
durch den Kreuzgang zum Refektorium, wo ein alter Laienbruder Wache
stand. Athelstan winkte ihn zu sich.
    »Ich bitte um Entschuldigung«,
wisperte er, »aber sei doch so freundlich und sag dem Pater Prior,
daß Sir John Cranston Bruder Callixtus' Leichnam sehen muß.« Der
Laienbruder schaute überrascht, ging aber auf Athelstans Drängen
ins Refektorium. Athelstan blieb in der halboffenen Tür stehen und
sah, wie das Kerzenlicht die Schatten flackern ließ. Er hörte, wie der Lektor aus dem Leben der Heiligen
vorlas, während die restliche Gemeinschaft schweigend aß; nur das
Klappern der Töpfe und das Tappen sandalenbeschuhter Füße
unterbrach die friedliche Stille. Der Laienbruder kam
zurück.
    »Pater Prior ist einverstanden«, gab
er bekannt. »Bruder Callixtus liegt in der Krankenstube, und ich
soll Euch hinbringen.«
    Die Krankenstube befand sich etwas
abseits von den übrigen Gebäuden. Ein Bruder mit weißer Schürze
über der Kutte begrüßte sie und führte sie zur Rückseite des
Hauses, wo ein kleiner, mit Kalk ausgestreuter Raum als
Leichenkammer diente.
    »Wir haben getan, was wir konnten«,
sagte der Krankenbruder. »Am Samstag wird Bruder Callixtus
beerdigt.« Er winkte sie zu dem einsamen Tisch, den ein weißes,
purpurgesäumtes Leichentuch bedeckte. Athelstan schlug das Laken
zurück. Callixtus' Leib war gewaschen und in die Kutte eines
Dominikanermönchs gehüllt worden, aber die Todesursache war doch
offenkundig. Sein schmales, säuerliches Gesicht war von
blauschwarzen Blutergüssen bedeckt. Athelstan betrachtete die
verkniffenen Züge. Schon war die Nase spitz geworden, die Wangen
eingefallen und die Augen in die Höhlen zurückgesunken. Mitgefühl
wallte auf, als er sich an Callixtus in der Blüte seiner Jahre
erinnerte, an seinen scharfen Verstand und seinen spöttischen
Humor. Aufmerksam untersuchte er die klaffende Wunde an der Schläfe
des toten Bruders. Der Einbalsamierer hatte sein Bestes getan, aber
Athelstan sah, wie tief die Wunde war, scharfkantig und breit wie
eine Ackerfurche.   
    »Bruder!« rief er. »Hast du den
Toten aus der Bibliothek geholt?«
    »Ja.«
    »Und war er mit dem Kopf auf die
Steine oder auf einen scharfkantigen Gegenstand
geschlagen?«
    »Er lag einfach auf dem
Boden.«
    »Was hast du denn gefunden?«
Cranston kam näher. Ihm war ein bißchen flau; sein Magen war leer,
und er rümpfte die Nase ob des sauren Geruchs hier im Raum. »Seht
doch, Sir John. Bruder Callixtus hat sich bei seinem Sturz Gesicht
und Kopf blaugeschlagen, aber ich vermute, die tödliche Verletzung
ist das hier.« Er deutete auf die tiefen Wunden an Callixtus'
Schläfe und schlug dann das Tuch wieder über den Leichnam. »Ich
will damit sagen«, flüsterte er, »daß Callixtus abgestürzt ist,
aber danach mit etwas Scharfkantigem geschlagen wurde. Ach« -
Athelstan wandte sich an den Krankenbruder —, »als du Bruder Brunos
Leiche aus der Krypta holtest, brannte da die Fackel?«
    »Natürlich, sonst herrscht da
nachtschwarze Finsternis. Alcuin hatte den Toten entdeckt. Ah!« Der
Krankenbruder hob rasch die Hand an den Mund. »Ja, ich fand das
merkwürdig.«
    »Was?«
    »Alcuin entdeckte den Toten, aber
erst, nachdem er selbst die Fackel

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