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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Doktor war keine
große Hilfe.    
    »Master D'Arques«, bestätigte er,
»ist ein würdiges Mitglied der Gemeinde, ein ehrlicher Handwerker,
der eine scheußliche Infektion an seinem Arm hatte. Nein«, sagte
er, als er sie zur Tür führte, »man wird nicht erleben, daß Master
D'Arques und seinesgleichen sich an den zweifelhaften Geschichten
beteiligen, die Watkin, der Mistsammler, und Pike, der Grabenbauer,
betreiben.«
    Langsam gingen die drei zurück nach
St. Erconwald. Athelstan verabschiedete sich von Benedicta, faßte
den widerstrebenden Sir John am Arm und marschierte schnell auf die
London Bridge zu.
    »Das Heim ist da, wo das Herz ist«,
witzelte er und bemühte sich, seine eigene Enttäuschung über die
fruchtlosen Besuche zu verbergen. »Und jetzt wird es Zeit, Lady
Maude entgegenzutreten.«
    Als sie Sir Johns Haus abseits der
Cheapside erreichten, waren die beiden erschöpft. Der Tag war heiß
geworden, und in den staubigen Straßen drängten sich die Händler.
Im Gedränge der Cheapside hatten sie sich ihren Weg fast mit Gewalt
bahnen müssen, so zahlreich waren die Händler, Lehrjungen,
wichtigtuerischen Marktbüttel, um Almosen winselnden Bettler und
eine Kette von Übeltätern, die zu einem Käfig bei der Großen
Wasserleitung geführt wurden. Eine Schauspielertruppe, die am
großen Marktkreuz eine behelfsmäßige Bühne errichtet hatte und ein
Mirakelspiel über den Sturz der Jezebel aufführte, machte die Sache
nicht besser. Leider kamen Cranston und Athelstan erst zum
Höhepunkt des Stücks, als die grell geschminkte Hurenkönigin vom
Propheten Elias dazu verdammt wurde, lebendig von den Hunden
gefressen zu werden. Die Menge war ganz gefesselt von dem Drama;
die Leute riefen »Oh!« und »Ah!« und beschlossen, dem Propheten zu
»helfen«, indem sie allen Abfall, den sie zu fassen bekamen, auf
die Bühne warfen. Cranston mußte einen Taschendieb, den er in der
Menge entdeckt hatte, mit einem krachenden Hieb auf das Ohr zu
Boden schlagen. »Hau bloß ab, du kleiner Halunke!« donnerte der
Coroner. Leider hallte seine Posaunenstimme bis zur Bühne, und der
Mann, der den Propheten spielte, glaubte, Sir John spreche mit ihm.
Wäre Athelstan nicht eingeschritten, hätte es ein noch größeres
Drama gegeben, denn Cranston richtete sich zu voller Höhe auf und
fing an, Beschimpfungen gegen die Bühne zu schleudern; er schmähte
die Schauspieler als Dämonen aus der Hölle und behauptete, sie
hätten gar keine Lizenz für ihren Auftritt. Andere mischten sich
ein, und Athelstan war erleichtert, als es ihm gelungen war, Sir
John durch die Menge zu bugsieren, vorbei an seiner
Lieblingstränke, der Schenke »Zum Heiligen Lamm Gottes«, und zur
Haustür des Coroners.   
    »Sir John«, keuchte Athelstan, »mit
Euch durch London zu wandern ist ein Erlebnis, das man nie vergißt
— und gewiß nicht wiederholen möchte.« Cranston funkelte wütend in
die Menge. »In meiner Abhandlung über die Regierung dieser Stadt«,
deklamierte er, »verlange ich, daß Schauspieler nur an dafür
vorgesehenen Orten auftreten dürfen und eine Lizenz beantragen
müssen. Überdies …«
    Athelstan hatte genug gehört. Er
drehte sich um und klopfte heftig an die Tür.
    »Wie du willst«, knurrte Cranston.
»Wenn ich mehr Zeit und Geduld hätte, würde ich diese Mistkerle
schon auf ihre Plätze verweisen.«
    Eine dünne, verkniffen blickende
Magd öffnete ihnen die Tür. Sir John drängte sich boshaft grinsend
an ihr vorbei. »Sir John!« rief sie erschrocken. »Wir hatten Euch
nicht erwartet!«
    »Ich komme wie ein Dieb in der
Nacht!« dröhnte Cranston. »Und jetzt sag Lady Maude, ihr Herr und
Meister ist wieder da.«
    »Lady Maude ist auf dem Fleischmarkt
im Metzgerviertel, Herr. Sie kommt bald wieder.«
    »Und meine beiden kleinen
Prinzen?«
    »Die sind oben im Söller, Sir John,
mit ihrer Amme.« Schwerfällig stapfte Cranston die Treppe hinauf,
und Athelstan folgte flink, als Sir John ihm gebieterisch winkte.
Im Söller, einem angenehmen, sonnenhellen Raum mit Wandbehängen und
Teppichen, saß die Amme auf einer gepolsterten Fensterbank und
schaukelte sanft die große Holzwiege neben sich. Als Cranston
hereinkam, stand sie auf und machte einen Knicks.
    »Laß uns allein«, sagte der Coroner
munter. »Lady Maude hat aber gesagt«, widersprach das hübsche Ding
flehentlich, »ich soll die Kerlchen nicht allein lassen.« Cranston
zog die Brauen zusammen. »Ich bin der Vater dieser Kerlchen!«
verkündete er. »Ich kann

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