Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
war so froh, daß er Mühe
hatte, seine Erregung zu beherrschen. Er beschloß, einen langen
Spaziergang auf dem Klostergelände zu machen, und erschreckte die
Laienbrüder, die ihren Alltagspflichten nachgingen, mit seinem
flotten Schritt und seinem fröhlichen Gruß. Er ging auch zum Stall
hinunter und war erfreut, Philomel zu sehen, der hier die Erträge
des Klosters verzehrte. Der Roßknecht, ein grobknochiger
Laienbruder, versicherte ihm, daß sein altes Schlachtroß und
Cranstons Pferd gut versorgt seien. Als Athelstan zum Gästehaus
zurückkam, wartete Sir John schon auf ihn. »Du siehst ja sehr
zufrieden aus, Bruder.«
    »Wir machen Fortschritte, Sir John.
Wir machen Fortschritte. Ich komme mir vor wie ein König, der eine
Festung belagert. Die Mauern beginnen zu bröckeln, und bald werden
wir hineinstürmen können.«
    »Was ist mit meinem Geheimnis?«
murrte Cranston. Athelstans Blick wanderte zu Papier und Federkiel.
»Noch nicht, Sir John. Alles zu seiner Zeit.«
    Der Ordensbruder setzte sich hin und
begann, in geheimnisvollen Abkürzungen seine Gedanken aufzulisten
und zu ordnen. Cranston schenkte sich wieder einen Humpen Met ein
und leerte das Fäßchen vollends; dann ließ er sich auf einen
Schemel fallen und hing seinen düsteren Gedanken nach. Die
Konfrontation mit Fitzwolfe und der lange Marsch durch die Stadt
hatten ihm geholfen, Lady Maudes Wut zu vergessen, aber jetzt
kehrte die Erinnerung an ihre Worte mit voller Wucht zurück. Er
wußte, daß die Szene des vergangenen Tages nichts im Vergleich mit
dem Zorn war, den Lady Maude über ihn
hereinbrechen lassen würde, wenn er diese Angelegenheit nicht
erfolgreich regelte. Der Coroner war kurz nach Athelstan aufgewacht
und hatte fast den ganzen Morgen, sogar den allerheiligsten und
privatesten Akt des Frühstücks, damit zugebracht, sich über das
Rätsel der scharlachroten Kammer den Kopf zu zerbrechen. Aber er
war kein Stück weitergekommen und überlegte jetzt schon, wie er die
Wette erfüllen könnte. Eintausend Kronen kann ich nicht aufbringen,
dachte er bedrückt. Athelstan ist so arm wie eine Kirchenmaus. Bei
Lady Maudes Verwandtschaft zu betteln wäre eine große Demütigung.
Sollte er also John von Gaunts Hilfe annehmen, oder sollte er sich
als Lump abstempeln lassen, der seine Schulden nicht bezahlte?
Cranston knirschte mit den Zähnen. »Bei den Zitzen der Hölle!«
knurrte er und funkelte Athelstan an, der gedankenverloren dasaß.
Dann knallte er seinen Humpen auf den Tisch, ging hinaus und
lauschte dem Läuten der Klosterglocken. »Ich sollte nicht hier
sein«, murmelte er. »Ich sollte zu Hause in meiner Kammer sitzen
und mich um meine eigenen Probleme kümmern.«
    Plötzlich stand Athelstan neben ihm
und hakte sich bei ihm unter.
    »Na, na, Sir John. Eins nach dem
anderen. Wir haben immer noch eine Woche Zeit, ehe wir wieder in
den Savoy-Palast müssen.«
    Cranston merkte, wie er sich
entspannte. »Wir?« wiederholte er hoffnungsvoll.
    »Natürlich, Sir John. Wenn Ihr
scheitert, muß ich doch da sein. Aber« - er ließ Cranstons Arm los
und drückte dessen rundlichen Ellbogen - »mit Gottes Hilfe wird
alles gutgehen. Und jetzt kommt; der Prior erwartet uns.« In Pater
Anselms Zimmer fanden sie das Generalkapitel vor, ganz wie am
ersten Tag, als Athelstan sie kennengelernt
hatte.    
    Bruder Peter und Bruder Niall sahen
jetzt besorgt und verschlossen aus. Bruder Henry wirkte gefaßt, und
der Großinquisitor und Bruder Eugenius saßen da wie Jagdhunde und
funkelten Athelstan und Sir John an.
    »Wieder ein Toter«, begann Eugenius.
»Und was für Fortschritte habt Ihr gemacht, Athelstan?«
    Prior Anselm klopfte auf den Tisch.
»Laßt unseren Bruder sprechen, Eugenius, und mäßigt Euch. Beginnen
wir mit einem Gebet.« Der Prior bekreuzigte sich und zwang die
anderen, es ihm nachzutun, als er ein kurzes Gebet um Rat und
Führung an den Heiligen Geist richtete. »So«, fuhr er dann kühl
fort. »Athelstan, du hattest um diese Sitzung gebeten.«
    »Pater Prior, ich danke Euch wie
auch allen anderen Anwesenden, daß Ihr gekommen seid. Zunächst,
Bruder Henry: Ich habe deine Abhandlung gelesen. Ich fand sie
glänzend und auch einleuchtend, und es fällt schwer, darin Ketzerei
zu entdecken. Zweitens: Callixtus ist in der Bibliothek nicht
gestürzt. Er wurde gestoßen, und jemand hat ihm mit einem
Kerzenleuchter den Schädel eingeschlagen.« Athelstan hob die Hand,
um die erregten Fragen zurückzuweisen. »Ich habe den

Weitere Kostenlose Bücher