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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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den Holzverbrauch wird sich dann auch niemand mehr interessieren.« Sie schnaubte verächtlich.
    Was redete sie für verwirrtes Zeug? Nun war Götz wirklich beunruhigt. Hatte das Weib zuviel Bier getrunken? Nun, er war das Geplänkel jetzt leid. Mit wenigen Drehungen manövrierte er Dorothea aus der Menge der Tanzenden hinaus. Ohne sich um die Blicke der anderen zu kümmern, nahm er ihre Hand, schnappte im Vorbeigehen eine der Öllampen und strebte Richtung Ausgang. Dorothea folgte ihm widerstandslos.
    Während sie hinter Götz herstolperte, überlegte Dorothea krampfhaft, was sie tun sollte. Wahrscheinlich waren es das Bier und die elende Tanzerei gewesen, die sie so unvorsichtig hatten daherschwätzen lassen! Unruhig beobachtete sie, wie Götz das nächstgelegene Holzlager aufschloss. Was tat sie hier draußen? Allein mit ihm? Sie zog ihr Kleid zurecht. Der graue Leinenstoff kam ihr auf einmal schäbig und schmucklos vor.
    Als er mit seiner Lampe in den Schuppen leuchtete, war ein kurzes Rascheln zu hören. Dorothea wollte lieber nicht wissen, woher es rührte.
    »Hereingetreten!« Götz machte eine einladende Handbewegung, als bitte er sie in den feinsten Salon. Er stellte die Lampe ab und räumte einige Klafter Holz aus dem Weg.
    »Hierher bringst du also die Weiber aus der Saline.« Ein Grinsen überflog ihr Gesicht, doch sogleich erschrak sie heftig. Woher kam plötzlich diese Frivolität? War sie jetzt von allen guten Geistern verlassen? Am Ende bildete sich dieser Rauber noch ein, sie würde … nein, der Gedanke war selbst für ein solches Großmaul zu abwegig, tröstete sie sich.
    »Hierher bringe ich nur die feinen Damen, die anderen landen direkt auf meinem Lager«, antwortete er spöttisch.
    Dorothea spürte, wie die Hitze in ihrem Gesicht aufstieg. Das hatte sie davon! »Ich gehe wieder zurück!« sagte sie eisig. Mit Bedacht hob sie ihren Rocksaum und wollte an Rauber vorbeigehen, ohne ihn anzuschauen. Doch als sie auf gleicher Höhe mit ihm war, packte er ihren Arm und zwang sie, ihn anzuschauen.
    »Du und ich - wir sind die einzigen, denen das Salz wirklich etwas bedeutet!« sagte er rauh. »Wenn die Saline in Gefahr ist, dann geht es auch mich etwas an!« Sein Gesicht war so nah, dass Dorothea seinen Atem spürte. Kein Schäkern, keine Wortspiele, nicht einmal eine höfliche Anrede hatte er verwendet. Doch obwohl er sie nicht anders behandelte als jede dahergelaufene Magd, fühlte Dorothea sich nicht dadurch beleidigt. Sie hörte nur, was er sagte.
    »Rede mit mir!« Er schüttelte sie sanft. »Du weißt doch, dass du mir vertrauen kannst.«
    Sie schaute ihn an, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Götz Rauber. Seine Familie hatte vor einigen Generationen eine beträchtliche Anzahl Siederechte besessen, die einer von Dorotheas Vorfahren am Rande des Ruins an seine Arbeiter verschleudert hatte. Es war Götz’ Urgroßvater gewesen, der sich die Rechte wieder hatte abkaufen lassen - gegen eine jämmerliche Summe, wenn die Zahlen in den alten Büchern stimmten. Götz hätte sich die Siederechte nie und nimmer abjagen lassen, durchfuhr es sie. Die neue Vertrautheit zwischen ihr und Rauber schliff die Einsamkeit der letzten Wochen glatt wie das Quellwasser einen rauhen Kiesel. »Georg will die Saline schließen!« platzte sie heraus.
    Kurz und knapp erzählte sie von Georgs Plänen. Sie redete, ohne viel nachzudenken, froh über jedes Wort, das sie loswerden konnte. Sie hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme und konnte sie nicht unterdrücken.
    Als sie fertig war, schaute sie Götz an.
    Er schien aus der Fassung gebracht, um eine Erwiderung verlegen zu sein. Dorothea war froh darüber. Was sie zu sagen gehabt hatte, war so einschneidend, dass es ihr unerträglich gewesen wäre, hätte er mit tröstlichen Plattitüden gekontert.
    Götz starrte vor sich hin, rieb die Hände an seinen Schenkeln. Dorothea konnte förmlich sehen, wie sich die Gedanken hinter seiner Stirn jagten. Sie hatte wochenlang Zeit gehabt, um sich mit allem auseinanderzusetzen, Götz nur wenige Minuten.
    »Und? Was gedenken Sie zu tun?« kam es endlich hölzern.
    Weg war das vertrauliche Du, an seine Stelle wieder die förmliche Anrede getreten. Dorothea fühlte sich dadurch seltsam im Stich gelassen. Was war los mit Rauber? Warf er sie mit Georg in einen Topf? »Ich bin mir noch nicht sicher«, antwortete sie. Sie hörte sich hilflos an und hasste sich dafür. »Seit dieser Richtvogel weg ist, überlege ich ständig, wie es weitergehen

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