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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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was hat meine Schwester mit diesem Weib zu tun?« fragte er blechern. »Meines Wissens nach ist die Kräuterfrau nicht in der Saline angestellt.«
    »Als sie mich das erste Mal zu Rosa führte, kam es mir so vor, als hätten sich die beiden vor nicht allzu langer Zeit erst getroffen. Sehr viel hatten sie allerdings nicht miteinander zu schaffen.« Sie hielt inne. »Du hast doch nichts dagegen, dass ich zu Rosa gehe, oder?« fragte sie schließlich vorsichtig.
    Er schüttelte den Kopf, bis ihm einfiel, dass sie das nicht sehen konnte. »Nein, das nicht«, erwiderte er zögerlich. »Es ist nur alles sehr überraschend für mich.« Das war die Wahrheit. »Ich wusste zwar, dass es diese Frau gibt, zu der die Leute gehen, aber …«, dass sie einem dunklen Engel gleicht, habe ich nicht gewusst.
    »In den Städten ist es scheinbar gar nicht so unüblich, dass die Damen der feinen Gesellschaft eine Kräuterfrau aufsuchen«, hörte er sich sagen und wunderte sich über seine Fähigkeit, nüchtern und sachlich zu klingen. »Martin hat davon gesprochen. Wer ständig von Zipperlein geplagt werde oder gar ein großes Leiden erdulden müsse, würde nach neuen Heilmethoden greifen wie ein Ertrinkender nach einem Seil.« Er zwang sich zu einem Lachen. »Solange sie dich nicht verhext…« Sie. Rosas Namen auszusprechen traute er sich nicht.
    Elisabeth klatschte wie ein Kind in die Hände. »Du weißt nicht, welch ein Stein mir vom Herzen fällt!«
    Georg konnte sich nicht daran erinnern, seine Frau je so lebhaft gesehen zu haben.
    »Weißt du«, fuhr sie in verschwörerischem Ton fort, »es ist schon seltsam: Mit Rosa habe ich mir mehr zu sagen als mit…«, hier brach sie ab. »Jedenfalls, Rosa ist fast so etwas wie … eine Freundin!«
    Nein, das ist sie nicht! Die Worte brannten ihm eifersüchtig auf der Zunge, und er schluckte sie im letzten Moment hinunter.
    Gut Rehbach tauchte plötzlich vor ihnen auf. Georg starrte auf die hohen Fenster, die gelben Mauern, als sehe er sie zum ersten Mal. Und schlagartig wurde ihm klar, dass sein Leben von nun an ein anderes sein würde: Er würde pausenlos auf der Hut sein müssen.
    Es war noch nicht ganz hell, als er am nächsten Morgen aus dem Haus ging. Das vom Nebel und der Nässe schwere Gras sackte unter seinen Schritten zusammen. Wie ein Wilddieb verwischte er nach jedem Tritt die verräterischen Spuren.

25
    Statt zu schlafen, schaute Rosa aus dem Fenster. Die ganze Nacht lang. Kein Licht machte sie in ihrer Hütte, um besser nach draußen sehen zu können.
    Sie wartete auf Georg. Den Mann, den die Göttin Freya für sie bestimmt hatte.
    Den Grafen von Graauw. Dem nicht nur die Saline und das riesige Landgut gehörten, das sicherlich zehn Mal soviel Raum einnahm wie die Siedlung der Rehbacher, sondern dessen Frau zu ihr kam, hilfesuchend. Sie hörte sich stöhnen. Nein, diesen Gedanken wollte sie nicht weiterspinnen. Statt dessen schob sich Georg wieder vor ihr inneres Auge. So groß, so schlank, fast so hellhäutig wie seine Frau. Dass die Göttin der Liebe gerade den Grafen für sie ausgesucht hatte, war ein Rätsel, das sie nicht verstehen musste, sagte sich Rosa.
    Und dann sah sie ihn. Unsicher in alle Richtungen schauend, als ob er sich seines Weges nicht sicher sei, stolperte er auf ihre Hütte zu. Bevor er anklopfen konnte, hielt Rosa ihm schon stumm die Tür auf. Es gab in diesem Moment, auf den sie die ganze Nacht lang gewartet hatte, nichts zu sagen.
    Georg war da.
    Sie schaute ihn an, doch in ihrem Blick lag keine Sehnsucht, kein Begehren. All ihre Sehnsüchte waren gestillt.
    Georg war da.
    Als er seine Arme um sie schlang und ihre rechte Wange an seiner Brust lag, sog sie gierig seinen Geruch ein. Seine Umarmung war fest, aber nicht so fest, dass sie ihr die Luft genommen hätte. Ihr Körper passte sich seinem an, ohne dass sie sich Mühe geben musste. Rosa konnte sich nicht daran erinnern, sich je so geborgen gefühlt zu haben.
    Irgendwann lösten sie sich voneinander. Georg ließ seine Hände von ihrem Rücken gleiten. Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen. »Den ganzen Sommer über« - ihre Stimme war rauh - »hab’ ich geahnt, dass etwas … Großes passieren wird.« Tränen brannten unter ihren Lidern, während sie gegen die Hitze ankämpfte, die unaufhörlich in ihr aufwallte und sie zu verzehren drohte.
    Georg lachte leise. »Da wusstest du mehr als ich! Mir war, als hätte der Blitz mich getroffen!« Sein Staunen war nicht zu überhören.
    Rosa schüttelte den Kopf.

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