Die Salzbaronin
soll! Aber so einfach ist das nicht. Weder Georg noch mein Vater hören auf mich. Ich bin schließlich nur eine Frau!«
Götz’ Miene entspannte sich ein wenig. »Das hat Sie bisher auch nicht abgehalten, sich um die Saline zu kümmern. Wissen Sie eigentlich, was die Leute von Ihnen sagen?« Herausforderung schwang in seiner Stimme mit. »Es heißt, Dorothea von Graauw sei der einzige Mann auf Gut Rehbach!«
Nun musste sie lachen. »Angesichts der Männer in meiner Familie bedeutet das nicht viel, oder?« sagte sie mit einem Anflug Ironie. »Und was nutzt mir das? Ich kann Georg doch schlecht einfach umbringen, oder?« Noch während sie sprach, stellte sie fest, wie wenig dieser Gedanke sie erschreckte.
»Wann will Ihr Bruder denn zu seiner Erkundungsreise aufbrechen?« Boshaft spuckte er das Wort aus.
»Anfang des nächsten Jahres. Ein halbes Jahr wird er weg sein.« Sie schaute ihn an. »Warum fragst du?«
»Die Zeit drängt also.« Götz’ Blick war hart. »Wir müssen darüber nachdenken, wie man den Grafen umstimmen kann, bevor er abreist.«
»Das ist nicht die einzige Möglichkeit, die wir haben.« Langsam, fast genüsslich ließ sie jedes Wort von der Zunge rollen. »Vielleicht wäre es sogar besser, ihn abreisen zu lassen. Dann wäre der Weg frei für uns.« In Dorotheas Kopf begannen sich Bilder zu formen, dieselben wie in jener Nacht, als sie beim Essen vom bergmännischen Salzabbau erfahren hatte. Götz und sie? Warum eigentlich nicht? Wenn es Rehbach half, dann würde sie sich eben mit dem Sudhausvorsteher zusammentun. Sie schaute ihn an, strahlend, herausfordernd. »Wenn wir uns verbünden, könnten wir die Saline vielleicht retten. Ich habe einen Plan, der so großartig ist, so … genial, dass …«
Sie stockte. Sollte sie ihr Pulver gleich zu Anfang verschießen? Ein Kribbeln erfasste sie, als liefen tausend Ameisen über sie hinweg. »Jedenfalls müssen wir …«
»Halt!« unterbrach Götz. Sein Blick war skeptisch, fast düster. »Sie reden die ganze Zeit von wir. Dass Sie sich für die Saline und die Leute einsetzen wollen, ehrt Sie, aber gestatten Sie mir meine Zweifel. Woher soll ich wissen, dass Sie mir mit der ganzen Geschichte keinen Bären aufbinden? Es könnte schließlich gut sein, dass Sie mich nur gegen Ihren Bruder aufwiegeln wollen … Und ob ich Ihren Plan für gut befinde, ist auch noch fraglich - dazu müsste ich ihn mir erst in aller Ruhe anhören.« Als Dorothea den Mund öffnete, hob er abwehrend die Hand. »Und weil wir gerade dabei sind: Was würde eigentlich für mich dabei herausspringen?«
»Was sollte denn dabei herausspringen?« fragte sie spitz.
»Angenommen, Ihr Plan taugt wirklich etwas. Und angenommen, ich halte ihn für durchführbar, dann würde ich Sie unterstützen, wo ich kann. Mein Wort gilt viel bei den Leuten, das wissen Sie. Und es gibt kaum einen, der sich so gut auskennt in der Saline wie ich.«
»Wenn die Saline gerettet wird, behältst du deine Arbeit und deinen Lohn. Müsste das nicht Grund genug sein, mich bei meinen Plänen - wie auch immer sie aussehen mögen - zu unterstützen?«
Götz grinste verächtlich. »Hier geht es nicht nur um eine Arbeit in Brot und Lohn, und das wissen Sie am allerbesten.«
Dorothea spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Und ob sie das wusste!
»Hier geht es um etwas ganz anderes«, flüsterte er ihr zu, sein Gesicht keine Handbreit von ihrem entfernt. »Rehbacher Salz ist heilig. Meine Vorfahren haben nicht ihr Leben lang dafür geschuftet, dass ein wild gewordener Graauw die Saline einfach schließt. Ich werde das nicht zulassen.«
Ein Zittern überkam Dorothea angesichts seiner Heftigkeit. Schlagartig erkannte sie, was sie bisher nur geahnt hatte: Götz Rauber hing mit der gleichen Innigkeit an der Saline wie sie selbst. »Was willst du?« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Wispern. Dieser Mann konnte ihr helfen, Rehbach zu retten! Ihr war gleich, was er von ihr fordern würde - wenn es sein müsste, würde sie ihm alles geben!
24
Wie vor der Feier vereinbart, hatten sich Georg und Elisabeth mit den ersten auf den Nachhauseweg gemacht - Georg hoffte, die Arbeiter dadurch zu einem gemäßigten Festende animieren zu können. Wenn sein Vater allerdings so weitersoff wie bisher, hätte er sich sein vorbildliches Verhalten schenken können! Er konnte nur hoffen, dass Viola und Dorothea - wo war diese eigentlich? - den Alten würden im Zaum halten können.
»Und dann hat Rosa noch gesagt, ich müsse täglich
Weitere Kostenlose Bücher