Die Salzbaronin
gehofft, mehr noch, davon war sie fest ausgegangen, sonst wäre sie doch nie ihrem Instinkt gefolgt und hätte ihm gleich zu Beginn ihres Treffens von ihrer Vision erzählt!
Erst da bemerkte sie sein breites Grinsen, das sich in einem unbeobachteten Moment auf sein Gesicht geschlichen haben musste. »Da musst erst ein Weib auf solch einen Gedanken kommen.«
Noch nie in ihrem Leben war Dorothea so stolz auf sich gewesen. Sie wusste, dass sie nicht nur aufs richtige Pferd gesetzt hatte, sondern auf einen Sieger. »Du machst also mit?« Ihre Stimme zitterte ein wenig. Sie war so erleichtert darüber, dass sie Götz am liebsten umarmt hätte. »Also, ich würde vorschlagen, dass wir beginnen, sobald Georg abgereist ist, und …«
»Einen Augenblick mal«, unterbrach Götz sie. »Dass wir uns richtig verstehen: Wenn wir die Sache durchziehen, dann bin ich es, der den Zeitplan festlegt. Und alles andere auch. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mir von einem Weib etwas sagen lasse, auch wenn das Weib die Salzbaronin ist! Ha, da wäre ich bei meinen Leuten gleich unten durch!« Er ließ sie nicht aus den Augen.
Dorotheas erster Instinkt war, ihm übers Maul zu fahren. Doch sie hielt sich im Zaum. Er hatte recht: Götz musste vor seinen Arbeitern im besten Licht dastehen, um ihnen all das abverlangen zu können, was auf sie zukommen würde. »Nach außen hin könnte das ja so aussehen«, gab sie also zähneknirschend zu. »Aber dir ist ja wohl klar, dass nichts gemacht wird, was nicht meine Zustimmung findet.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir können es auch bleiben lassen. Dann wird Rehbach halt eine große Badewanne. Ich finde auch in Schwäbisch Hall eine Arbeit.« Er stand auf und knöpfte seine Jacke zu.
»Halt!« Dorothea packte ihn am Ärmel. Obwohl sie am liebsten sofort wieder losgelassen hätte, hielt sie ihn krampfhaft fest. »Wo willst du hin? So war das nicht gemeint. Es ist doch nur … ich riskiere schließlich Kopf und Kragen!« Sie hörte sich an wie ein trotziges Kind und hätte sich ohrfeigen können.
Götz lachte rauh, blieb jedoch stehen. »Ich etwa nicht? Falls es Ihnen nicht klar ist: Das, was wir vorhaben, nennt man Verrat. Dafür könnte ich am Galgen landen! Schließlich musst das alles hinter dem Rücken Ihres Bruders geschehen.«
»Ach!« Sie winkte seine Zweifel weg. »Wo kein Richter ist, ist auch kein Henker. Es ist doch Georgs freier Entschluss, Rehbach einfach im Stich zu lassen! Erst für ein halbes Jahr und dann - für immer! Wir nutzen Georgs Abwesenheit dazu, um Tatsachen zu schaffen, an denen mein lieber Bruder einfach nicht vorbeikann.« Sie zwang sich zu einem souveränen Ton. »Dass es mit den ewig steigenden Holzkosten nicht wie bisher weitergehen kann, hat er ja immerhin schon eingesehen. Nur ist seine Idee das letzte, was Rehbach braucht!« Schon bebte sie wieder. »Unser Schacht jedoch - der wird für alle gut sein! Ich bin mir sicher - wenn Georg erst einmal sieht, dass es möglich ist, Salz bergmännisch abzubauen, lässt er seine Pläne fallen wie eine heiße Kartoffel. Dankbar wird er uns sein! Und die Sache mit dem Heilbad - diesen Floh hat ihm doch nur sein unmöglicher Freund ins Ohr gesetzt. Dass der nichts taugt, habe ich auf den ersten Blick gesehen …« Dorothea schüttelte den Kopf. »Nein, um Georgs Rückkehr mache ich mir wirklich keine Sorgen. Was mir Kopfzerbrechen bereitet, ist die Frage, ob sechs Monate ausreichen, um einen so tiefen Schacht zu graben. Wobei wir noch nicht einmal wissen, wie tief er sein musst.«
»Es ist einiges zu überlegen, bevor der erste Spatenstich gemacht wird. Sicher gibt es irgendwo Experten für solche Fragen, aber angesichts unserer Lage« - Götz grinste sie schräg an - »können wir schlecht einen Fachmann hierher bestellen. Wir müssen also selbst zurechtkommen. Was die Schachttiefe angeht, habe ich schon gewisse Vorstellungen.«
Ach, es war so gut, jemanden zu haben, der ihre Zuversicht teilte. Allmählich wurde dieser Götz Dorothea richtig sympathisch.
»Aber eines, verehrte Salzbaronin, müssen Sie mir noch erklären …«
Sie runzelte die Stirn. Was sollte der ironische Unterton?
Götz’ Blick wurde ernst. »Was wird Ihr Vater zu sagen haben? Georg mag ja nichts mitbekommen, aber Ihr Vater wird unser Vorhaben doch nie und nimmer erlauben …«
28
»… und du wirst eine berühmte Heilerin werden. Von nah und fern werden die feinen Damen zu dir kommen, und deine Kräuter werden so begehrt sein, dass
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