Die Salzbaronin
ausgestellt hatte. Was für ein gutes Zeichen! Wenn alles so reibungslos verlief, würde sie wahrscheinlich stundenlang auf den Stallburschen warten müssen. Schade, dass Götz nicht da war. In diesem Moment hätte sie sich gern mit ihm zusammen gefreut. Dorothea atmete tief durch und langte nach dem von der Kundschaft abgewetzten Messingtürgriff.
Mittags saß sie am Rande eines Brunnens, in dessen Mitte ein riesengroßer Fisch in drei Fontänen Wasser ausspie. Unentwegt hasteten Menschen an ihr vorbei, wie Ameisen wuselten sie kreuz und quer über den Platz. Mutlos starrte sie auf die Beine, die scheinbar allesamt wussten, wohin ihr Weg sie führte. Dabei hatte der Tag so gut angefangen!
Als sie bei dem Goldschmied, einem Burschen, der kaum älter sein konnte als sie selbst, eine stattliche Summe für die drei Halsketten bekommen hatte, hätte sie laut jubeln können. Nach diesem erfreulichen Anfang war für sie völlig klar gewesen, dass auch ihr zweites Unterfangen schnell und problemlos über die Bühne gehen würde.
Ihr Plan war gewesen, den Pfarrer aufzusuchen, der Frederick beerdigt hatte und der zuvor auch schon zu sämtlichen Anlässen nach Rehbach gekommen war, zu denen man ihn gerufen hatte. Pater Gottlieb war nicht nur im Gespräch ein sehr umgänglicher Mann, sondern auch, was kirchliche Weisungen anging. Es gab sicher nicht viele Pfaffen, die einen Gottesdienst zur Kirchweih abhielten, wo es gar keine Kirche gab! Dorothea hatte nicht im geringsten daran gezweifelt, dass Pfarrer Gottlieb sie nach Rehbach begleiten würde, um den Salzberg zu weihen, indem er ein heiliges Kreuz oder eine Art Schrein darin aufstellte. Sie war auch davon ausgegangen, dass der Pfarrer ihr sagen konnte, wo sie ein Kreuz für den Schacht kaufen konnte. Wie es aussehen sollte, hatte sie auch schon im Kopf gehabt: Es sollte ein prächtiges Kreuz sein, nicht nur eines aus Holz, sondern eines mit metallischen Beschlägen und Schnitzereien und vielleicht einem Besatz aus Edelsteinen. Sein einziger Zweck war schließlich, die Rehbacher zu beeindrucken und sie zum Weiterarbeiten zu bewegen.
Dorothea streckte ihre schmerzenden Füße ein wenig von sich, um sie im nächsten Moment wieder einzuziehen, bevor ein vorbeihastender Passant darauf getreten wäre. Tölpel! Ärgerlich schaute sie dem Mann nach. Allmählich mischte sich in ihre Verzweiflung auch Wut. Warum musste der Pfaffe ausgerechnet jetzt auf einer Wallfahrt nach Spanien unterwegs sein?
Nachdem sie an der kleinen Kirche zur heiligen Magdalena - die natürlich ganz am anderen Ende der Stadt liegen musste - von Gottliebs Haushälterin die niederschmetternde Auskunft bekommen hatte, war sie an insgesamt drei weiteren Kirchen gewesen. Alle hatten abseits der großen Straßen gelegen und einen eher schäbigen Eindruck gemacht - mit fehlenden Dachschindeln, einfachem Glas in den Fenstern und lediglich einigen struppigen Büschen oder Bäumen vor dem Eingang. Der Pfarrer einer solchen Kirche hatte sicher nur ein mageres Einkommen, hatte sich Dorothea ausgerechnet, und konnte ein wenig zusätzliches Geld vermutlich gut gebrauchen. So hatte sie ihren ganzen Mut zusammengefasst und im ersten Pfarrhaus angeklopft. Vergeblich. Es war niemand zu Hause.
Es hatte nicht lange gedauert, bis Dorothea zur nächsten geeigneten Kirche gekommen war - Gotteshäuser schien es in Hall genug zu geben! Dieses Mal hatte sie den Pfarrer angetroffen, aber darauf hätte sie ebenso gut verzichten können. Was für ein Ekel! Wie er sie angeschaut hatte, so von oben herab und gleichzeitig irgendwie lüstern - Dorothea war es gar nicht wohl gewesen in ihrer Haut. Trotzdem hatte sie ihr Anliegen vorgebracht und hinzugefügt, dass sie im Namen ihres Bruders, des Grafen von Graauw, hier sei. »Der Graf von Graauw«, hatte der Mann ihre Worte wiederholt. »Um welchen Zwerg handelt es sich dabei?« hätte er genausogut hinzufügen können, so abfällig war sein Tonfall gewesen. Als ob er tagtäglich mit Herzögen und Königen zu tun hatte. Noch jetzt wurde Dorothea wütend, wenn sie an ihr Gespräch dachte. »Einen Bergwerksschacht weihen. Ein Kreuz aufstellen. Wie stellt Ihr verehrter Bruder sich das vor?« Sein Blick war tadelnd und gleichzeitig übertrieben barmherzig gewesen, als wollte er sagen: »Was kann man von einem Landgrafen schon erwarten?« Mit einiger Überwindung hatte Dorothea ihm erklärt, dass er lediglich für einen Tag mit nach Rehbach kommen musste und dass sie sowohl für seine Fahrt
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