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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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als auch für seine Bemühungen und das Kreuz zahlen würde. Davon, dass er bei dieser Gelegenheit außerdem eine Beerdigung durchführen sollte, wagte sie erst gar nicht anzufangen. »Und wo soll ich Ihrer Meinung nach ein Kreuz so einfach hernehmen? Soll ich es etwa stehlen?« hatte er von ihr wissen wollen. »Nein, nein. Da müssen Sie sich einen anderen Lakeien suchen. Ich bin doch kein fahrender Händler!«
    Sprachlos vor Wut war Dorothea gegangen, ihn im stillen alles heißend, was ihr an Schimpfwörtern und bösen Reden einfiel.
    Nicht, dass es ihr beim nächsten besser ergangen wäre! Der war zwar in seiner Art nicht ganz so schrecklich gewesen, aber er hatte ihr deutlich klargemacht, dass sein Platz hier in der Stadt bei seinen Schäflein sei und dass ein Ausflug aufs Land für ihn nicht in Frage käme, für welchen Lohn auch immer. Dann hatte er sie noch gefragt, warum nicht einfach der Pfarrer aus dem Nachbardorf aushelfen würde, und hatte Dorothea damit in einige Verlegenheit gebracht. Sie wollte nicht, dass sich jemand aus ihrer unmittelbaren Umgebung unnötig in ihre Angelegenheiten einmischte - aber das konnte sie dem Mann doch nicht sagen. Aus demselben Grund hatte sie Götz schließlich auch angewiesen, Hermann Lochmüller zu sagen, dass sie einen Pfarrer für Ellens Beerdigung mitbringen und die Kosten dafür tragen würde.
    Allmählich begann das Gewusel um sie herum lästig zu werden. Und laut war es in der Stadt! Dagegen war das Gehämmere am Rehbacher Schacht gar nichts. Nun läuteten auch noch ganz in der Nähe Kirchenglocken. Verdammt, es war schon zwei Uhr! Dorothea spürte, wie ihr Hals eng wurde. Sie musste weiter. Sie musste irgendwo einen Pfarrer auftreiben und ein Kreuz noch dazu. Unvermittelt stand sie auf und ging quer über den Platz in Richtung nördliches Stadttor. In dieser Ecke war sie noch nicht gewesen, vielleicht würde sie dort mehr Glück haben.

44
    Mit dem letzten Sonnenlicht versammelten sich die Rehbacher am Platz rund um den Solebrunnen und den Schacht. Die Grillen zirpten in den umliegenden Wiesen und verstummten nur, wenn jemand zu nahe an den Rand des gekiesten Platzes trat. Auf den ersten Blick hätte man die Versammlung für den Auftakt eines Dorftanzes halten können, nur sah man weder die jungen Burschen balzen oder die Weiber schäkern. Die Stimmung war eher verhalten und gespannt.
    Den ganzen Tag über hatten die Sudöfen stillgestanden. Zum allerersten Mal in der Rehbacher Geschichte hatten die Sudhausvorsteher die Feuer einfach mitten in der Sudwoche ausbrennen lassen. Nicht, dass Götz oder Dorothea den Leuten freigegeben hätten! Die Rehbacher hatten stillschweigend, alle gemeinsam, die Arbeit niedergelegt, ob aus Erschütterung über den Unfall, als Auflehnung gegen die mörderischen Arbeitsstunden oder weil Hermann Lochmüller sie aufgewiegelt hatte, wusste Götz nicht genau. Aber er hatte die Leute gewähren lassen. Als er von Hütte zu Hütte ging und die für den Abend angesetzte Versammlung bekanntmachte, erwähnte er die stillen Öfen mit keinem Wort. Die Rehbacher ihrerseits rätselten daraufhin, ob Götz damit sein stilles Einverständnis mit ihrem Protest ausdrücken wollte oder ob er sich einfach nicht traute, etwas zu sagen. In jedem Haus hatte Götz sich eine Weile lang aufgehalten, sich unterhalten, beruhigt und die niedergeschlagenen Menschen aufgemuntert. Er hatte außerdem erzählt, dass er am frühen Morgen im Schacht gewesen und dass das Wasser wieder gewichen sei. Die skeptischen Blicke hatte er so gut es ging zu ignorieren versucht. Am Ende seiner Besuche hatte er dann tatsächlich das Gefühl gehabt, die Stimmung im Dorf hätte sich ein wenig verbessert.
    Nur bei Hermann Lochmüller waren seine Bemühungen vergebens gewesen, aber nichts anderes hatte Götz erwartet. Es hätte nicht viel gefehlt, und Hermann hätte ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Er hatte gerade noch seinen Stiefel dazwischenstellen können. Durch den schmalen Spalt hatte er versucht, einen Blick in die jämmerliche Hütte zu werfen, doch Hermanns breites Kreuz hatte das verhindert. Von den Nachbarn hatte Götz erfahren, dass Lochmüller jedes Angebot, die Totenwache mit ihm zu teilen, barsch abgewiesen hatte. Niemand fand es richtig, dass die Hinterbliebenen allein bei der Toten saßen. Hermann war sowieso schon wie von Sinnen, und die Leute befürchteten, dass der Witwer sich noch mehr in seine Trauer steigerte. Aber was hätte Götz daran ändern können? So

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