Die Salzbaronin
zu begleiten, kränkte ihn ein wenig.
Dorothea lächelte. »Wie oft soll ich dir darauf noch antworten?« Sie legte ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen, und er griff nach ihrer Hand und küsste jeden Finger. Sanft zog sie die Hand zurück. »Ich musst weg.« Im Türrahmen blieb sie stehen, und auf einmal wirkte sie auf ihn wieder zart und fast hilflos. »Wünsch mir Glück!« flüsterte sie. »Wir brauchen es!«
43
Im Dunst des Morgengrauens öffnete Dorothea unbemerkt die Seitentür zum Herrenhaus. Luise, die alte Magd, war die einzige, die um diese Zeit schon wach war. Dorothea hörte sie hinten in der Speisekammer Gläser oder Flaschen verschieben. Barfuß schlich Dorothea am Küchentrakt vorbei hinauf in ihr Zimmer, wo sie sich hastig für den Ritt umkleidete.
Sie atmete noch einmal tief durch, dann machte sie sich an den nächsten Schritt ihres Unterfangens.
Im Herrenhaus schien sie keiner zu vermissen. Einen kurzen Moment lang versetzte dieses Wissen Dorothea einen Stich in der Brust, doch gleich darauf war ihre Konzentration wieder auf den vor ihr liegenden Tag gerichtet. Gott sei Dank waren Viola und Elisabeth so ahnungslos wie Schafe! Wäre ihr eine von beiden nun über den Weg gelaufen …
Im Stall angekommen, musste sie Fredericks ehemaligen Jagdhelfer erst wecken. Hastig und mit schlafverkrusteten Augen zog dieser zwei Pferde aus ihren Boxen, fuhr einmal mit der Bürste darüber und warf zwei Sättel auf.
Endlich konnten sie aufbrechen.
Tausendundeine Fragen gingen Dorothea durch den Kopf, während sie von dem Stallburschen begleitet nach Schwäbisch Hall ritt. So sicher sie auf Götz gewirkt haben mochte - jetzt, das erste Mal weg von Gut Graauw und Rehbach, war es vorbei mit ihrem Selbstvertrauen.
Würde ihr Vorhaben gelingen? Sie griff unter den weinroten Seidenschal, den sie zweimal um ihren Hals und ihren Zopf gewickelt hatte. Die Perlenkette und die beiden Colliers aus echtem Gold fühlten sich ungewohnt und knubbelig an. Doch an ihrem Hals waren sie am sichersten. Dorothea konnte nicht riskieren, von einem bösen Buben bestohlen zu werden.
Verdammt, warum hatte sie nicht auch noch ein paar von Violas Ringen mitgenommen! Was, wenn sie weniger für die Ketten bekäme, als sie angenommen hatte? Und außerdem, ein paar Heller zusätzlich würden ihr immer recht kommen. Wer wusste schon, was in den nächsten Wochen noch auf sie zukam! Wieder einmal verfluchte sie ihre finanzielle Situation. Es war schrecklich, kein eigenes Geld zu haben! Sie stieß ein galliges Lachen aus, das den Burschen erstaunt zu ihr hinübergucken ließ. Wenn die Rehbacher wüssten … Die hatten wahrscheinlich mehr Geld im Sack als sie! Natürlich, als Tochter eines Grafen stand ihr eine stattliche Mitgift zu. Doch Einzelheiten über deren Wert und in welcher Form sie ausgezahlt werden sollte, waren Dorothea nicht bekannt. Nach Fredericks Tod hatte sie eines Nachts seinen ganzen Schreibtisch durchwühlt - irgendwo musste sich doch ein Dokument befinden, das Aufschluss über ihren »Wert« gab! Aber sie hatte nichts gefunden. Wahrscheinlich hatte Frederick sie per Handschlag an Alexander verscherbelt. Ha, vielleicht war er sogar froh gewesen, seine Tochter vom Hals zu haben. Zornig kniff sie ihre Augen zusammen. Das Spiel war anders gelaufen, als alle gedacht hatten! Unabhängigkeit - gab es ein Wort, das süßer klang? Sie hatte nicht zugelassen, dass andere über ihr Leben bestimmten. Und das sollte sich auch nicht ändern, beschloss sie zufrieden, als im selben Moment die Stadtmauer von Schwäbisch Hall vor ihnen auftauchte.
Keine Wache, kein Kontrollposten stand am Tor, und sie konnten ohne Schwierigkeiten passieren. Kurz danach stieg Dorothea vom Pferd und übergab dem Burschen die Zügel. Dann steckte sie ihm einige Heller zu und wies ihn an, sich am späten Nachmittag wieder an derselben Stelle einzufinden. Während der aufgeregte Junge sich auf die Suche nach einem Mietstall machte, wo er die Tiere anbinden und tränken konnte, machte sich Dorothea mit ebenfalls klopfendem Herzen auf die Suche nach einem Juwelier, indem sie einfach die Straße weiterging, die durchs Tor in die Stadt führte. Sie schaute in die vielen engen Gassen, die links und rechts abzweigten. Dort wollte sie nicht unbedingt hinein.
Hinter einer Kurve erblickte sie ein Schaufenster, in dem es auffällig funkelte. Und tatsächlich, es war der Laden eines Goldschmieds, der silberne und goldene Ketten, Ringe und Armbänder zum Verkauf
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