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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Hand zum Gruß. Spitzbübisch lächelnd winkte er zurück. »Wie Huren sehen die eigentlich nicht aus …«
    Valentin zuckte mit den Schultern. »Nicht jede Frau, die allein in ein Wirtshaus geht, muss gleich eine Hure sein! Stell dir vor, das würden andere von unseren Gönninger Samenhändlerinnen sagen. Vielleicht kennen sie die Wirtin oder sind mit ihr verwandt. Wären sie sonst gleich so vertraulich zur Theke marschiert und hätten sich ihr Bier geholt?« Ihm waren die Frauen gleichgültig, aber wenn Helmut durch deren Anwesenheit nun mit dem Lokal versöhnt war, sollte es ihm recht sein.
    Mit seinem gewinnendsten Lächeln drehte sich Helmut zu dem Nachbartisch um. »Wenn ich die Damen auf ein Glas Bier einladen darf?«
    Valentin seufzte. Das hatte ja kommen müssen!
    Eine der Frauen winkte Helmut mit ihrem Zeigefinger zu sich heran.
    » Ein Bier in dieser Spelunke genügt uns«, flüsterte sie. »Wir kommen nur hierher, weil die Wirtin meine Tante ist und wir es zum halben Preis bekommen. Aber sobald wir ausgetrunken haben, gehen wir woanders hin.« Mit einem beiläufigen Schulterzucken wandte sie sich wieder ihren Gefährtinnen zu.
    »Da siehst du’s, sogar Weibsbilder halten es hier nicht aus!« Helmut funkelte Valentin wütend an.
    Die Frau am Nachbartisch räusperte sich übertrieben laut. »Wenn die Herren möchten, können sie uns jedoch gern woanders zu einem Glas Wein einladen. Ein Freund von uns hat ganz in der Nähe ein Gartenlokal, und ein anderer Freundspielt dort mit seiner Gruppe auf, so dass es recht unterhaltsam ist.«
    »Unterhaltsamer als hier allemal«, kicherte eine andere der Frauen.
    »Und ein warmer Abend ist es obendrein«, ergänzte die Dritte.
    »Tut mir Leid, aber –«, hob Valentin an.
    »Warum nicht?«, sagte Helmut im selben Moment.
    Die Damen waren Schauspielerinnen und gehörten zum Königlichen Hoftheater, erzählten sie, nachdem sie das Lokal gemeinsam verlassen hatten. Normalerweise hielten sie sich in solchen Lokalen nicht auf, doch ab und an erlaubten sie sich den Spaß, sich einen Abend unters gewöhnliche Volk zu mischen.
    Während sich Helmut prächtig amüsierte und wild gestikulierend erzählte, trottete Valentin missmutig hinterher. Es gefiel ihm nicht, wie das eine Weib Helmut die ganze Zeit zuzwinkerte. Sie lief nun direkt neben ihm, immer wieder berührten sich wie zufällig ihre Schultern. Diese Unverfrorenheit! Und wie er seinen Bruder kannte, hatte der inzwischen längst auch nicht mehr nur ein Glas Wein im Sinn, sondern etwas anderes. Dabei war er doch jetzt verheiratet!
    Unwillkürlich wanderte Valentins Hand hinunter zu seinem Schritt, wo das Geldsäckchen fröhlich baumelte. So viel Geld am Leib, und sie spazierten durch eine fremde Stadt, mitten in der Nacht. Noch waren die Straßen von vielen Laternen hell erleuchtet, und besonders gefährlich kam ihm diese Gegend nicht vor. Dennoch hieß es jetzt umkehren, zurück in den Gasthof, die Tür zuschließen, das Schicksal, das es bisher so gut mit ihnen gemeint hatte, nicht herausfordern …
    Er lief schneller, bis er auf Helmuts Schulterhöhe war, dann zog er seinen Bruder zu sich heran. Doch bevor er dazu kam, seinen Spruch aufzusagen, zischte Helmut ihm ins Ohr: »Diesen Blick kenne ich! Du hast mal wieder etwas dagegen, dass ich Spaß habe. Aber heute kannst du dich auf den Kopf stellen, es ist mir wurscht! Wochenlang hab ich in Odessa nach der Pfeife von anderen getanzt, heute mach ich nur das, was ich will!«
    Schon riss er sich aus Valentins Umklammerung los und schloss wieder zu den Frauen auf.
    »So, verehrte Damen, wie weit ist es denn noch bis zu diesem sagenhaften Lokal?«
    Und Valentin blieb nichts anderes übrig, als hinter ihm herzutrotten.

30
    »Wir sind überfallen worden! Unser Geld – alles weg!«
    Valentin zog mit zitternden Händen das Innere seiner Hosentaschen nach außen. Ein unfreiwilliger Schluchzer kroch aus seiner Kehle, er wischte sich über den Mund, versuchte, die Fassung zu gewinnen.
    Lieber Gott, mach, dass das nicht wahr ist …
    »Jetzt alles der Reihe nach, die Herren! Zuerst einmal die Personalien – wenn ich um Ihre Reisepässe bitten darf?« Geschäftig hielt der Gendarm eine ausgestreckte Hand über den Tisch.
    Valentin zupfte die beiden Lappen aus den Fetzen seines Hemdes. »Gott sei Dank haben sie uns die nicht auch noch abgenommen.«
    Der Gendarm wechselte einen Blick mit seinem Kollegen, der ansonsten konzentriert daran arbeitete, seinen Bleistift mit einem

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