Die Samenhändlerin (German Edition)
ein Rendezvous vorbereitete!
»Dann geh halt auf deinen dämlichen Acker!«, rief er plötzlich aufbrausend. »Aber eins sag ich dir: So kann das nicht weitergehen. Vor lauter Schufterei bist du abends immer müde. Zu müde, um … ach, du weißt schon! Seit meiner Rückkehr haben wir noch kein einziges Mal …« Erbost trat er gegen die Tür. Warum fiel es ihm so schwer, über solche Dinge zu reden? Sie war doch seine Frau! Er verlangte doch nicht mehr als sein gutes Recht! Warum war es überhaupt notwendig, über solche Dinge zu sprechen?, fragte er sich, während ihn Seraphines verächtlicher Blick traf.
»Ach, daher weht der Wind!« Sie lachte rau. »Während ich mich von früh bis spät schinde, denkst du nur daran! Und jetzt nimmst du mir auch noch übel, dass ich abends vor lauter Erschöpfung wie tot ins Bett falle. Da habe ich mir einen guten Ehemann angelacht!« Kopfschüttelnd und ohne ein weiteres Wort des Abschieds verließ sie das Haus.
Für Ende Mai war es schon erstaunlich heiß. Als Valentin und Hannah die Werkstatt des Stempelmachers verließen, kam es ihnen vor, als marschierten sie einem offenen Ofenrohr entgegen, in dem ein stattliches Feuer glühte. Der Himmel war strahlend blau, doch in Richtung Alb türmten sich weiße Wolkengebirge auf, die nichts Gutes verhießen.
Hannah öffnete den obersten Knopf ihrer Bluse und fächelte sich ein wenig Luft zu.
»Hoffentlich hat Helmut nichts dagegen, dass wir jetzt dochdie verschnörkelte Schrift gewählt haben«, sagte sie, während sie nach einem Schatten spendenden Baum Ausschau hielt. »Aber sie passt recht gut zu den Tütchen mit Blumensamen.«
Valentin warf einen Blick auf die nahe Kirchturmuhr. Es war noch nicht einmal elf Uhr. Lutz – den Nachbarn, der sie auf seinem Wagen mitgenommen hatte – würden sie erst um eins wieder treffen. Zeit genug, sein Vorhaben, das er sich für die Fahrt nach Reutlingen ausgedacht hatte, in die Tat umzusetzen.
»Also, ich hätte jetzt Lust auf ein kühles Bier! Gleich die Straße hinunter gibt es eine preiswerte Wirtschaft, in der man auch gut essen kann.«
Hannah starrte in die Richtung, in die er mit seinem Arm zeigte. Ihre Augen weiteten sich in Panik.
»Ich … eigentlich habe ich gar keinen Hunger. Und auch keinen Durst«, sagte sie, während sie im selben Moment ihre trockenen Lippen mit der Zunge anfeuchtete. »Deine Mutter wäre außerdem nicht sehr begeistert, wenn wir für Essen und Trinken Geld ausgeben. Können wir uns nicht einfach dort auf das Mäuerchen setzen und auf Lutz warten?«
Valentin, der mit genau dieser Reaktion gerechnet hatte, sagte: »Ich sitz doch nicht stundenlang in der brütenden Hitze herum! Nichts da, jetzt lade ich dich zu einem ordentlichen Essen ein. Und zu einem Bier!« Er reichte Hannah seinen Arm. »Na los, komm!«, sagte er betont fröhlich.
»Lass mich, ich kann allein laufen«, fauchte Hannah. Ohne ein weiteres Wort humpelte sie los.
Ein Grinsen unterdrückend, lief Valentin hinter ihr her. Na also, es ging doch!
»So, und jetzt sag mir mal, wie lange das noch so weitergehen soll!«, begann er, nachdem die Wirtin zwei große Humpen Bier vor sie hingestellt hatte. Er nahm einen tiefen Schluck und lehnte sich dann mit verschränkten Armen zurück, als erwarte er, eine längere Geschichte zu hören.
»Ich … was meinst du? Wovon redest du?« Stirnrunzelnd schaute Hannah ihn an.
»Nun, ich frage mich, wie lange du noch tatenlos zusehen willst, wie Seraphine dir all deine Aufgaben wegnimmt …«
»Wegnimmt? Sie … sie hilft mir, dagegen kann ich doch schlecht etwas sagen, oder?«, erwiderte Hannah in aggressivem Ton. Dass ihr das Thema nicht gefiel, sah Valentin daran, wie sie mit ihrem Stuhl ein Stück nach hinten rutschte, als wolle sie möglichst viel Distanz zwischen sich und ihn bringen. Das wird dir nichts nutzen, dachte er. Einer musste endlich Klartext mit Hannah reden, und wenn ihr eigener Mann es nicht tat, weil Seraphine ihm den Kopf voll quasselte mit ihren dummen Ansichten, dann oblag diese Aufgabe eben ihm.
»Ach, und es macht dir Spaß, von früh bis spät nutzlos daheim herumzusitzen und uns beim Arbeiten zuzuschauen?«, fuhr er sie an. Oje, jetzt hatte er den Bogen wohl überspannt! Schuldbewusst stellte er fest, dass ihre Augen wässrig wurden. Trotzdem tat er nichts, um seine Barschheit wettzumachen.
»Was soll ich denn tun?«, rief Hannah so laut, dass sich einige Köpfe zu ihr herumdrehten. »Ich bin ein Krüppel, falls du das
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