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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Männer wieder da sind, kennt sie nur noch ein Spiel und das heißt: Weißt du noch?«
    Emma runzelte die Stirn. Sie hatte eigentlich keine Lust darauf, sich Hannahs Klagen über die Schwägerin anzuhören – in ihren Augen war Hannah, was Sera anging, viel zu empfindlich. Aber sie wusste auch, dass Hannah nicht eher wieder gehen würde, bevor sie sich ausgejammert hatte.
    »›Weißt du noch, Helmut?‹«, äffte Hannah Seraphine nach. »›Damals, als Vater zu Weihnachten das kleine Zicklein mitgebracht hat und ich es als Spielgefährten haben wollte und nicht im Kochtopf? Und weißt du noch, wie wir früher immer des Nachts auf Schlitten den Rossberg hinabgefahren sind, mitFackeln in der Hand? Und weißt du noch dieses und weißt du noch jenes?‹« Hannah sprach mit normaler Stimme weiter. »Seraphine kramt im Augenblick jede gemeinsame Erinnerung mit Helmut aus, die ihr nur einfällt. An das meiste kann er sich gar nicht mehr erinnern, aber dann gibt er sich große Mühe.« Hannah schüttelte angewidert den Kopf. »Und dann lachen sie gemeinsam. So, wie zwei Menschen lachen können, die einen großen Teil ihrer Vergangenheit gemeinsam verbracht haben. Unbeschwert, mühelos. Mit mir lacht Helmut jedenfalls nicht so!«
    Vielleicht hatte er bei ihr zurzeit einfach nichts zu lachen, ging es Emma durch den Kopf. So, wie Hannah ihn die ganze Zeit grantig anfauchte. Emma warf einen unauffälligen Blick auf das dicke Bund Tannengrün, das darauf wartete, auf den Fensterbrettern und den Tischen der Wirtsstube verteilt zu werden. Mit einem Seufzer wandte sie sich wieder ihrem Gast zu.
    »Ach Kindchen, was ist denn schon dabei, sich an vergangene Zeiten zu erinnern? Zu Weihnachten wird man nun mal ein bisschen rührselig.«
    »Rührselig!«, spie Hannah aus. »Das tut Sera doch nur, um mir wieder einmal das Gefühl zu geben, dass ich ewig eine Außenseiterin bleiben werde.«
    Emma stellte zwei Tassen mit Tee auf den Tisch. Hannah umklammerte ihre Tasse, atmete tief den beruhigenden Duft nach Kamille ein. Ihre bisher so verbissene Miene entspannte sich ein wenig. Emma, die wusste, dass die tröstliche Wirkung einer Tasse Tee nicht lange anhalten würde, sagte:
    »Mich wundert es, dass du überhaupt Zeit hast, dich mit Seraphine zu beschäftigen, jetzt, wo dein Mann wieder zurück ist. Normalerweise hat ein junges Ehepaar, wie ihr es seid, in diesen Tagen doch genug mit sich selbst zu tun. Erzähl mir nicht, dass dies bei euch anders ist!« Sie machte ein verschmitztes Gesicht.
    Gedankenverloren rührte Hannah in ihrer Teetasse, obwohl Emma keinen Zucker dazugestellt hatte.
    Emma seufzte. »Was ist los? Ich sehe dir doch an, dass dich noch irgendwo der Schuh drückt.«
    Im selben Moment, als ihr aufging, wie doppeldeutig ihre Worte waren, schluchzte ihr Gegenüber auch schon los.
    »Helmut, er … er meint es so gut! Und ich bin so garstig zu ihm«, sagte sie schluchzend. »Ständig fragt er mich, wie es mir geht. Alles will er mir abnehmen. Wenn’s nach ihm ginge, würde ich von früh bis spät untätig dasitzen und Tante Finchen Gesellschaft leisten. Er ist so besorgt!«
    »Aber das ist doch gut!« Konsterniert schüttelte Emma den Kopf. »Nicht alle Männer wären so rücksichtsvoll wie er.«
    »Ich will das aber nicht, verstehst du? Ich will seine Rücksicht nicht! Ständig fragt er nach meinem Fuß – ob er wehtut, ob ich schon gerade auftreten kann, ob ich nicht doch noch einmal den Arzt aufsuchen will – da könnte ich aus der Haut fahren! Und manchmal tu ich das auch. Ich habe langsam das Gefühl, dass ich nur noch aus diesem elenden Fuß bestehe. Mich, Hannah, nimmt Helmut gar nicht mehr wahr. Und wenn wir allein sind …« Sie wandte den Blick ab. »Im Schlafzimmer ist es auch nicht mehr wie zuvor. Auch da tut er, als sei ich gebrechlich.«
    Emma runzelte die Stirn. »Kann es sein, dass du ein wenig ungerecht bist, meine Liebe? Für Helmut war es gewiss ein Schreck, von deinem Unfall zu erfahren. Es ist doch kein Wunder, wenn er sich um dich sorgt und Rücksicht übt.« Sie nickte in die Richtung, wo Käthe im hinteren Zimmer krank im Bett lag. »Meine Käthe muss mit ihrem Klumpfuß ganz allein zurechtkommen. Sie würde sich nichts sehnlicher wünschen als jemanden, der sich so liebevoll um sie kümmert.«
    Hannahs Hand schlug mit einer solchen Heftigkeit auf der Tischplatte auf, dass Emma zusammenzuckte. Doch viel mehr noch ließen Hannahs nächste Worte sie erstarren.
    »Ich will aber nicht wie ein

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