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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Hannah ihren Helmut wie eine Marionette an unzerreißbaren Fäden führte. Oh, das Tulpenbuch hatte es ihr sehr wohl angetan! Aber an guten Tagen hätte sie es um nichts in der Welt gegen das kostbare Zusammensein mit Helmut eingetauscht.
    Heute war kein guter Tag. Seit dem Aufstehen hatten sichdüstere Gedanken wie Gewitterwolken in ihrem Kopf zusammengebraut. Und wie ein Tier, das ein Unwetter schon lange vor dem Ausbruch spürt, empfand sie eine Unrast, die müde machte und gleichzeitig aufgeregt und –
    Etwas lauerte, setzte zum Sprung an, um im nächsten Moment seine Klauen in sie zu schlagen, in ihr Fleisch, ihr Leben. Sie konnte es bislang nicht sehen, nicht riechen, aber sie spürte es.
    »Was denkst du nur für dumme Sachen?«, murmelte sie vor sich hin, in der Hoffnung, das gesprochene Wort möge die ungute Spannung in ihr lösen. Doch außer, dass sie sich einen fragenden Blick von Valentin einhandelte, tat sich nichts.
    Die Männer hatten inzwischen den Spaß am Bällewerfen verloren. Mit einem verkrampften Lächeln nahm Seraphine die drei Seidenblumen entgegen, die Valentin für seine Treffer bekommen hatte.
    »Ich habe Durst, und mir tun die Beine weh«, verkündete Hannah. »Warum setzen wir uns nicht an einen der Tische dort drüben und holen uns etwas zu trinken? Wir haben euch nämlich etwas zu verkünden …«
    »Genau!« Helmut zwinkerte Hannah vieldeutig zu.
    Jetzt! Jetzt kommt’s! Unwillkürlich zog Seraphine den Kopf ein und schloss die Augen wie ein Kind, das glaubt, nicht gesehen zu werden, wenn es selbst nicht sehen kann.
    »Etwas verkünden, aha, und das müsst ihr so hochoffiziell machen?«, fragte Valentin, und Seraphine hätte ihn für die Arglosigkeit in seinem Tonfall schlagen können. »Was gibt es denn?«
    »Nichts da! Erst will ich etwas zu trinken«, gab Hannah lachend zurück, und im nächsten Moment rief sie: »Oh, schaut mal, eine Wahrsagerin!«
    Unwillkürlich folgten Seraphines Augen Hannahs Handbewegung. Ein paar Schritte entfernt stand ein kleines Zelt,ärmlicher als die meisten anderen, von innen mit einer milchigen Funzel beleuchtet. Auf einem Hocker vor dem Zelt saß eine winzige alte Frau, über und über mit Runzeln bedeckt. Ihre Füße erreichten den Boden nicht, wippten unablässig in der Luft auf und ab. Ihr Blick war auf Seraphine gerichtet, und obwohl sie keine Miene verzog, schien sie nach ihr zu rufen.
    Mit einem Schlag fiel die Lethargie, die sie seit Tagen gelähmt hatte, von ihr ab. Diese Frau hatte ihr etwas zu sagen! Etwas Gutes. Bestimmt war es etwas Gutes! Erregt zupfte Seraphine an Valentins Ärmel.
    »Lass uns zu ihr gehen! Ich …« Sie brach ab. Wie sollte sie ihre Sehnsucht erklären, dass bei dieser weisen Frau ein Körnchen Hoffnung für sie zu finden war?
    Valentin verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht … Ich halte das für Unfug. Wenn Gott gewollt hätte, dass wir unsere Zukunft kennen, hätte er uns dieses Wissen mitgegeben. Aber zum Glück hat er darauf verzichtet! Andererseits« – lachend knuffte er Helmut in die Seite – »hätten wir dann auf das eine oder andere Abenteuer verzichtet, nicht wahr?«
    Hannah stöhnte. »Jetzt fangt bloß nicht wieder damit an! Oder wollt ihr, dass ich meine gute Laune verliere? Und überhaupt, ich für meinen Teil brauche keine Wahrsagerin!« Mit einem verschmitzten Gesicht wandte sie sich Helmut zu.
    »Sollen wir? Ich meine, ob wir es jetzt oder erst später …« Auf Zehenspitzen tuschelte sie etwas in sein Ohr.
    »Aber ich würde gern zu dieser Frau gehen.« Seraphine trat einen Schritt vor, sie konnte, sie wollte sich jetzt nicht von Hannah abhalten lassen.
    Helmut lachte. »Warum nicht!« Er legte je einen Arm um seinen Bruder und Seraphine, deren Schulter sich sogleich anfühlte, als wären glühende Kohlen darauf gefallen. Vergeblich versuchte sie, sich aus seiner Umklammerung zu befreien.
    »Lasst die Alte ruhig weiterhin in ihre Glaskugel starren, wasdie Zukunft bringen wird, kann ich euch auch sagen!« Hannah sah aus, als würde sie im nächsten Moment vor Aufregung platzen.
    »Die Sache ist nämlich die …« Mit vor Stolz geschwellter Brust holte Helmut tief Luft.
    Ich will nicht, ich will nicht, Sternenfee, bitte …
    »Ich werde wieder Vater! Und diesmal wird es ein kleiner Samenhändler sein, der das Licht der Welt erblickt!«
    »Nein«, kam es dumpf von Seraphine.
    »Doch!«, erwiderte Helmut strahlend. »Es stimmt! Ich meine, ob es ein Junge wird, weiß natürlich noch niemand,

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